unser dilemma



    unter die mauern der stadt haben wir uns
    zurückgezogen, als sie uns suchten; sie
    bauten ihre verliesse über unseren köpfen
    sie bauten ihre türme und ihre paläste

    sie etablierten die lüge von der freiheit
    sie erfanden die lüge von den feinden der
    freiheit - nur weil sie es versäumten, in
    ihrer eigenen kloake nachzusuchen, fanden
    sie uns bislang nicht

    sie transponierten die alten märsche in neue
    liebliche hymnen; wenn sie heute 'guten tag'
    sagen, meinen sie 'im namen gottes' oder
    'sieg heil', was das gleiche ist: voran geht
    ein gespenst der angst

    -

    wo wir verborgen sind, haben sie dich gefragt
    - unter schmerzen hast du ihnen zugeschrien:
    sie sind unter uns!, immer wieder hast du
    schreien müssen, ich habe es gespürt in
    meinen knochen

    ihre elektrischen zangen und zungen, wie
    sie dir an der seele frassen; zu unserem
    glück haben sie dir bis heute nicht geglaubt;
    vielleicht, weil du gebrüllt hast in den
    sprachen des lebens, statt zu weinen

    -

    unter die mauern der stadt haben wir uns
    zurückgezogen, als sie uns suchten; sie
    bauten ihre verliesse über unseren köpfen
    sie bauten ihre türme und ihre paläste

    erfolgreich etablierten sie die lüge von der
    freiheit. ohne schande erfanden die lüge von
    den feinden der freiheit - nur wenn sie es
    weiterhin vermeiden, hinabzusteigen in ihre
    katakomben, finden sie uns nicht

    -

    unser dilemma ist, dass wir den krieg nicht
    erklären können in einer friedlosen zeit

    unser dilemma ist, dass sie eine taubheit
    ausgerufen haben gegen fremde stimmen; die
    wenigen, die noch hören können, haben keinen
    mut mehr, ja, ohne blut sind die

    unser dilemma ist, dass wir so viele verloren
    haben, unser dilemma ist, dass wir nur schwei-
    gend überleben, unser dilemma ist, dass wir
    nicht überleben werden, wenn wir weiter
    schweigen - doch höre mich, atmendes herz:

    unser dilemma ist, dass wir den krieg nicht
    erklären können, ohne ihn zu schüren, in einer
    friedlosen zeit; einer zeit, in der die söhne
    und töchter der liebe sich verkaufen müssen
    aus hunger oder aus hass

    -

    unter die mauern dieser stadt haben wir uns
    zurückgezogen, als sie uns suchten; und
    wenn sie dir heute 'guten tag' sagen, meinen
    sie 'grüss gott' oder 'sieg heil', was das
    gleiche ist