[ interprétations ]

Februar 14th, 2020

 

 

d’après ce dictionnaire, on traduit charge d’épreuve avec
probebelastung. automatiquement, je lis belastungsprobe

on y trouve un grand nombre d’inexactitudes ou d’erreurs
mais je peux vivre avec elles; c’est un vieux livre, nous
travaillons ensemble depuis longtemps. je suis habitué aux

surprises. un oeuvre, ne faudrait-il pas être assez stable
avant que la charge ne soit testée? n’aurait-elle pas besoin
de développement? n’aurait-elle pas besoin de maturité?

aujourd’hui, le soleil brille sur notre terrasse. je savoure
de la brûlure sur la peau. j’éteinds la brûlure au fond
de ma gorge avec un café tiède et je tourne la page

suivante. in bewegung setzen. c’est voilà ! mettre en
branle
. as-tu m’apporté un timide oui ou un sûr non ?


(puis, je suis sortis de la gorge. sauter dans l’eau
froide, délaver la tristesse, rentrer à la maison et
… s’endormir. j’ai rêvé que nous étions en route.)

 
—–
 

nach diesem wörterbuch wird charge d’épreuve übersetzt
mit probebelastung. automatisch lese ich belastungsprobe

zahlreiche ungenauigkeiten oder fehler finden sich, doch
ich kann damit leben; dies ist ein altes buch, wir arbeiten
schon lange zusammen. überraschungen bin ich gewohnt

sollte ein gewerk nicht ausreichend stabil sein, bevor eine
belastung erprobt wird? brauchte es nicht entwicklung? reife?

heute glüht die sonne über unserer terrasse. ich geniesse
das brennen auf der haut, spüle das brennen hinten in der
der kehle mit einem lauwarmen kaffee hinunter, blättere

um: in bewegung setzen. das ist’s! mettre en branle. hattest
du ein schüchternes ja mitgebracht oder ein sicheres nein?


(dann fuhr ich los zur schlucht. eintauchen ins kalte
wasser, traurigkeit wegspülen, zurückkommen und
… einschlafen. ich träumte, wir wären unterwegs.)

 

foto: gorges de colombières
colombière, 14. februar 2020

[ il faut qu’on parle ]

Februar 10th, 2020





pendu devant les montagnes, un arc-en-ciel. ‚tu vois, ce que
tu perdrais ?‘, demande-t-il. – oui, je le sais. il faut qu’on parle

 
—–
 

vor den bergen aufgehängt, ein regenbogen. ‚du siehst, was du
verlieren würdest?‘ fragt er. – ja, ich weiss es. wir müssen reden


foto: arc-en-ciel
autignac, 10. februar 2020

[ au-dessus le soleil brillant ]

Februar 7th, 2020



les larmes de joie et de peine, retrouvées
entre les cailloux descendent ta rivière
en ramenant l’enfance et l’avenir

au-dessus le soleil brillant, chaud, doux
comme s’il voulait te guérir, te touchant comme
l’amour secret, caché dans les rêves

 
—–
 

die tränen der freude und der trauer, gefunden
zwischen den steinen, treiben deinen fluss hinab
bringen dir kindheit und zukunft zurück

darüber strahlt eine sonne, warm, weich
als ob sie dich heilen wollte, dich streichelnd wie
eine heimliche liebe, versteckt in den träumen


foto: darüber strahlt eine sonne
bédarieux, 07. februar 2020

[ qui manque … ]

Februar 3rd, 2020



foto: … et qui t’attend
bédarieux, 03. februar 2020

[ finis terrae II ]

Februar 1st, 2020


ici, c’est moi l’extraterrestre. seul l’étranger arrête sa voiture
laissant les autres traverser la rue. alors, justement, je me suis
arrêté pour deux cyclistes. un homme, une femme. la femme
avec un chapeau tricoté. une hésitation, un regard au loin, un
regard ici. c’est ainsi que je t’ai reconnue enfin

si je disais, que jusque-là mon monde allait bien, ce ne serait
pas vrai. les fantômes de ce monde ne m’invitent pas à rester
et je ne suis pas sûr de pouvoir le supporter. où le vouloir

avant notre rencontre, j’étais encore là-bas, au bord de la rivière
et je posait ce caillou en forme de coeur dans les eaux proches
du rivage, pour que tu puisse le trouver, un jour. Donc, si je te
disait que mon monde allait bien jusqu’à présent, je mentirai

 
—–
 


hier bin ich der alien. nur aliens stoppen ihr auto, um wartende
über die strasse zu lassen. also hielt ich, eben vorhin, für zwei
fahrradfahrer. ein mann, eine frau. eine frau mit strickmütze. am
zögern, am wegschauen, am herschauen hab ich dich erkannt

würde ich sagen, dass bis dahin meine welt in ordnung war, das
stimmte nicht. die geister dieser welt laden nicht zum bleiben
ein und ich bin nicht sicher, ob ich durchhalten kann. oder will

bevor wir uns trafen, war ich wieder unten am fluss, legte diesen
stein in form eines herzens ins ufernahe wasser, damit du ihn
finden könntest, irgendwann. würde ich dir also sagen, dass bis
eben meine welt noch in ordnung war, das wäre glatt gelogen


autignac, 01. februar 2020

[ finis terrae ]

Januar 31st, 2020




das land am ende der welt ist ein land des wartens. ein land voller
ungeduld. finis terrae, land der begrenzungen. wo kein zaun, wird
er erdacht. steine rollen in den weg. worte fallen sich ins wort. hier
denken geister der vergangenheit. hier trommelt das prinzip. hier
geht der zerbrochne krug, am ende allen wegs, zum toten brunnen


foto: finis terrae
autignac, 28. januar 2020

[ sous-coutanée ]

Januar 26th, 2020




der einstieg ist ein schwarzes loch im fels. in zwei meter
tiefe ein schmaler absatz, wenige fussbreit, seitlich eine
erste eisenleiter, die lange vor meiner zeit stabil verankert
war. vor dem abstieg nahm ich mir die zeit, die es braucht
um meine angst, die alte begleiterin, gehen zu lassen wie
die eine, längst vergangene liebe, ohne bedauern. die leiter
greifend, alles sichere verlassend, glitt ich unter die haut


foto: grotte de soumartre
soumartre, 18. januar 2020

[ adoption ]

Januar 6th, 2020




der kater zeigte sich mir erst später, nachdem ich im
dunkel rufend und pfeifend ums haus herum lief. er sei
durch meine abwesenheit sehr verstört gewesen, wurde
mir berichtet, habe aus protest das haus zugeschissen

zärtlich gräbt er die zähne in meine hände und liegt dann
endlich still, sich (und mich) mit seinen krallen haltend


foto: adoption
autignac, 05. januar 2020

[ béton III ]

Dezember 24th, 2019




das kalte wasser ist wie eine taufe. nur eben mal mit den
füssen, klar, mitten in der stadt und mitten am tag, und
dennoch fühlt es sich an wie ein ankommen. viele jahre
nur von diesem fluss geträumt und jetzt … irgendetwas
suche ich zwischen den steinen, irgendetwas verlorenes
oder zu findendes, eine erinnerung, die fehlt, oder ein
traum vielleicht. zwischen all den steinen liegen bilder
von dieter, der jetzt einfach weg ist. und, ja, es ist gut

wenn von euch in zukunft jemand stirbt, ich will’s nicht
wissen, schweigt einfach, ich will euch alle fern ganz nah
behalten. was unsinn ist. genauso unsinnig wie irgendwas
zwischen steinen dieses flusses zu suchen, wo gerade die
sonne durch die wolken bricht, aber hier, an diesem ende
der welt, am rand von beton, scheint sie halt nicht für alle


foto: l’orb
bédarieux, 24. dezember 2019

[ un dernier adieu ]

Dezember 23rd, 2019



meinem freund dieter, der zu seiner letzten fahrt aufgebrochen ist

„the bridge“ (mp3, 8.9mb oder wav, 48.2mb)


foto: schaffhausen, 13. juli 2015

[ katze im glück ]

Dezember 11th, 2019



aujourd’hui, je vous présente un chat noir: zizou ! er ist
schwarz. (naja, fast überall.) er ist schüchtern. ausser es
geht um’s essen. dann wirft er sich in deinen weg, dann
drängt er sich in den vordergrund, jegliche zurückhaltung
vergessend. mit einer handvoll schiesst man ihn ins glück


foto: chat dans le bonheur
autignac, 11. dezember 2019

[ béton II ]

Dezember 10th, 2019



„(…) je ne pense pas que ça marche (…)“


jene poststelle, die wenige minuten vorher geschlossen
hatte, als wir gestern abend hinsausten, ist seit heute
endgültig zu. betrieb eingestellt. nächste möglichkeit
drei kilometer weiter in lamalou, solange bis bei der post
in bédarieux die „traveaux urgents“ abgeschlossen sind

in lamalou habe ich zum ersten mal verstanden, weil mit
eigenem auge gesehen, warum „normale“ briefpost als
„s-mail“ oder „schneckenpost“ bezeichnet wurde. das
in-zeitlupe-bewegen ist eine grosse kunst, die hier
meisterlich vorgeführt wird. laden brechend voll, zwei
klimaanlagen auf anschlag hochgedreht lassen in den
ecken formulare aufwirbeln und die angestaute geduld
ist schon zu riechen. dann … diese kunst. meisterlich

als der für mich zuständige gemessen seinen abgesenkten
blick vom tresen hochschraubte, um mir mitzuteilen, dass
die eine rechnung, die meine „attestation d’hébergement“
bestätigen sollte, zu alt, weil aus dem juni sei, ich schon
anfing, meine lungen mit luft vollzupumpen, wandte er
sich brummend ab, entliess mich mit einer geste. etwa so


nachtrag: es gibt wunder und sie geschehen nicht in lourdes
oder wo auch immer behauptet, nein, es ist la garde. mein
brief mit der bankkarte wurde in la garde ausgehändigt und
ist nun quasi auf dem weg zu mir. nach viereinhalb monaten
endlich die kontokarte. stetes klopfen höhlt auch hier beton


foto: la mare zwischen bédarieux und hérépian
10. dezember 2019

[ béton ]

Dezember 9th, 2019



„ce matin, j’étais à la poste à bédarieux. mais, merde, (…)“


„heute vormittag war ich bei der post in bédarieux. aber
scheisse, sie war ausser betrieb und gerade auf die andere
seite von bédarieux umgezogen. dort aber verwies man mich
an die für bankangelegenheiten zuständige postfiliale, die
sei nur zwei, drei kilometer entfernt. dort, wiederum, war
man interessiert – nachdem ich ein paar versteckte hürden
überwinden konnte, um einzutreten. unglücklicherweise war
man nicht in der lage das dokument, das meinen wohnsitz
bestätigen sollte, anzuerkennen, weil es bei der post dafür
ein eigenes formular gibt. und man begann, in irgendwelchen
schubladen danach zu suchen. schliesslich gab man mir ein
formular, mit dem du wenigstens das einschreiben mit meiner
bankkarte in la garde abholen könntest. das hier ist es. aber
ich bezweifle, dass man es dir geben wird; auf dem formular
steht meine aktuelle adresse, auf dem bankbrief meine alte
in le pradet. könntest du es vielleicht trotzdem versuchen?“


foto: béton. hier kriegt man alles geregelt
bédarieux, 09. dezember 2019

[ près de rien ]

Dezember 8th, 2019



auf felsigen hügeln wird der wein kultiviert. braches
land ist mediterrane macchie. steineichen, grüneichen
und esskastanien. uralte steinmauern, aufgeschichtet
aus grauem schiefer, parzellieren das land in terrassen

autignac (bildmitte rechts, hinter dem wasserturm aus
grauem beton) liegt öde unbewegt am rand von nichts


foto: le maquis en haut faugères. blick nach südosten
08. dezember 2019

[ la grève générale ]

Dezember 7th, 2019



béziers. die hiesige demonstration zum generalstreik. beindruckend

foto: manifestation de grève générale
béziers, 05. dezember 2019

[ die blaue lagune ]

Dezember 2nd, 2019



foto: hier ist nur noch abschiednehmen
le pradet, 02. dezember 2019


„Achselhöhle? Knie?
Wo sind die 🔔🔔?
Haha 😁“


„na hör mal. hier ist doch nicht ‚die blaue lagune‘

ps:
um missverständnissen vorzubeugen (ich bekam jetzt
schon einiges zu hören): das ist weder mein „fetter
hintern“, noch meine „fette plauze“ (zitate!!), sondern
nur mein wohlgeformter bizeps, verdammt!!

[ … und heute eine postkarte ]

November 28th, 2019



jetzt überstürzt sich alles. nach einem guten dutzend emails
und telefonaten ist das „geht-gar-nicht“ über „geht-so-nicht“
und „geht-frühestens-in-4-wochen“ zum „dann-jetzt-sofort“
verändert. die französische bürokratie ist ein seltsames viech

das heisst: ab sonntag arbeite ich am rande der cevennen

schreit sowas nicht nach einer postkarte? ja: abendstimmung
mit schiffchen. dies wird meine letzte nacht hier in la seyne

foto: abendstimmung mit schiffchen
la seyne sur mer, 28. november 2019

[ irgendwas persönliches ]

November 27th, 2019



„erste hürde: die felsenpassage. aber aufgeben ist ja
nicht mein ding. (ich hab fotos gemacht, kriegst du
später.) zweite hürde: bei diesen wellen ins wasser. (ich
hab fotos gemacht, kriegst du später. ;)) das hat echt
was von ins-wasser-gehen. kaum war ich wieder
draussen und abgetrocknet, beruhigte sich das meer. ist
irgendwas persönliches zwischen uns, glaube ich.“


foto: irgendwas persönliches
le pradet, 27. november 2019

[ un véritable dimanche ]

November 24th, 2019



ein echter sonntag, wenn doch die sonne rauskommt, einen
augenblick lang, und einen horizont hinzaubert wie gemalt

der hinweg über eine schmale uferpassage wird von brechern
überschwemmt. den takt mitzählen und dann über die felsen
springen. zu früh, und zack! ins knietiefe wasser. gleiches
wird mir auf dem rückweg noch einmal gelingen, als ich schon
glaubte, schlauer geworden zu sein. ja, hier bin ich zuhause

als ich unvermittelt über die sandkante rutsche, zieht mich
eine zurücklaufende welle meerwärts. mit vier, fünf zügen
gewinne ich wieder boden und stürze mich zurück ins seichte

so ist die mareen gestorben, denke ich, und: dankeschön, ich
will hier nur kurz baden

danach ist jedesmal wie neu geboren. angelandet in der welt

„est-ce froid?“ fragt plötzlich jemand neben mir, der mich
wohl noch vom sommer kennt. „non, vraiment merveilleux.“


foto: un véritable dimanche
le pradet, 24. november 2019

[ weihnachtsmarkt ]

November 23rd, 2019



die eröffnung des weihnachtsmarktes wurde wetterbedingt um
eine woche verschoben. der advent soll unverändert stattfinden

gäbe es eine gesetzliche regelung für weihnachtsstimmung, wär‘
sie hier verordnet. der fraternität wegen und wegen des guten
geschäfts. der weihnachtsmann sitzt in seiner hütte bereit, fertig
zum anfassen und zum kostenpflichtig fotographieren. halleluja!

schnell vorbeifahren reicht, denke ich, schnell genug, damit
nicht am ende noch etwas herüberspringt, so eine art ätz, der
die lebenslaune wegbrennt wie leischmaniose deine haut, passt
du nicht auf. im land der toleranten bleib ich gerne unberührt


foto: weihnachtsmarkt
la garde, 23. november 2019