[ die hutverkäuferin ]

oder vielleicht diesen?, fragt sie mit einer mir nicht
verständlichen begeisterung. schon beugt sie sich
zum wiederholten male über die auf einer schrägen
unterlage gestapelten auslagen, greift nach einem
exemplar, das ich mit einem kopfschütteln abweise
ohne den versuch einer anprobe. nein? nicht? wir
haben auch noch strohhüte. hier, diesen da fänd
ich besonders schick …

als sie erkennt, dass mit mir kein geschäft zu mach-
en ist, geht eine verwandlung in ihr vor, die in den
augen beginnt, von dort auf ihren körper ausstrahlt
wie das kühle grau eines wolkenschattens; was e-
ben noch souverän an ihr war, gelassen, distanziert
– ja: strahlend – ist plötzlich ängstlich und klein

sie muss ihre hüte ebenso ans volk bringen wie ich
meine lieder, denke ich. wenn wir scheitern, wenn
wir ungehört bleiben, hören wir auf zu existieren

und ich reiche ihr zum abschied meine hand


One Response to “[ die hutverkäuferin ]”

  1. l`esprit sagt:

    die hutverkäuferin – so einfach das wirken mag – hat mich animiert nachzudenken, wie die abwertungen gegenüber angeblich minderwertigen menschen – überwunden werden können.

    wer weiß aus welchem grund die hutverkäuferin ausgerechnet dort anfänglich begeistert hüte anpreist?

    es gibt so einen allgemeinplatz: `aus der not ne tugend machen`- hab ich als kind oft zu hören gekriegt. aber mit tugend (=charakterstärke, mut, offenheit und selbst-kritik) kommt ja wohl kein mensch auf die dauer weiter? oder doch? jedenfalls bleibt frau/man dann nicht geduckt im quadrat hängen.

    ich weiß jetzt gar nicht genau, wenn ich jetzt anspreche, den liedermacher oder die hutverkäuferin? auf jeden fall: für deine unmittelbar nächsten unternehmungen alles basierend gute.

    l`esprit

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