[ eine heile welt ]

das hat er nur getan, weil er sie so geliebt hat, sagt
sie. am anfang war er nicht so. da hat er sich einmal
fürchterlich aufgeregt, als sie mich geschlagen hat-
te, weil ich mein gemüse nicht essen wollte. davon
wurde mir jedesmal schlecht; ich bekam das trotz-
dem immer wieder vorgesetzt. aber da hat er sich
für mich eingesetzt. später war das anders. da hat
er nie wieder etwas gesagt. eigentlich war das das
einzige mal

aber der grund dafür, dass dein stiefvater dich zu-
sammengeschlagen hat, wie du erzählt hast, hatte
doch nichts mit ihr zu tun, oder? warum versuchst
du ihn zu entschuldigen?

am anfang war er nicht so. ich glaube, er hat es aus
liebe gemacht


7 Responses to “[ eine heile welt ]”

  1. peryton sagt:

    “ich habe noch nichts dazu gesagt, was gewalt und liebe vereinen könnte. denn da gibt es nichts”

    das war von meiner seite natürlich als ein postulat gegen die norm zu verstehen. denn auch ich sehe, dass die gesellschaftliche und die historische wirklichkeit etwas ganz anderes beschreiben: gewalt ist immanent im gesamten handeln, denken, fühlen

    aber das heisst meiner ansicht nach nicht, dass es so sein und nicht, dass es so bleiben muss

    immerhin bist du der einzige, der erkennbar die brennende lunte gerochen und sich zudem noch die mühe gemacht hat, darauf zu reagieren

    was – wiederum – uns an dieser stelle sensiblen bestätigt: liebe und gewalt sind miteinander verflochten. es ist durchaus allen (zu) unangenehm, sich dieser (achtung: gedanklich konstruierten!) tatsache zu stellen

    ohne nun noch auf deine sinnreichen einlassungen zur ‚erziehung‘ einzugehen (versprochen: das thema kommt noch öfter) und die wie ein eisberg aufgetriebene spitze des themas ‚kapitalismus‘ umschiffend, lässt sich schon ein böses fazit ziehen:

    die allzeit und allseits wider besseren wissens als ein gefühlsdogma verbreiteten ideale von (ewiger) liebe & beziehung & glück sind, um es knackig und profan, aber vor allem unmissverständlich zu sagen: verlogene scheisse

  2. „ich habe noch nichts dazu gesagt, was gewalt und liebe vereinen könnte. denn da gibt es nichts“

    da will ich dir doch (fast schon fundamental?) widersprechen… vor allem, weil deine überlegung unmöglich ist im hinblick auf etwas, dass ich vielleicht „metaphysik der liebe“ nennen würde, denn: was ist liebe? liebe kann nichts sein, was nicht schon in den gewaltverhältnissen inbegriffen und durch sie geprägt ist.

    ich bin bemüht auch diese binäre struktur von liebe und gewalt (bzw. hass) zu dekonstruieren und umso mehr ich darüber nachdenke, desto unheimlicher wird mir das ganze, weil sich hier ein bedenklicher abgrund auftut und mir immer klarer wird, dass liebe und gewalt nicht weit auseinander, sondern im gegenteil sehr nah beieinander liegen, sich gar überkreuzen und miteinander stark verflochten sind.

    … wenn ich das hier so schreibe und mir mein geschriebenes nochmals durchlese, schmunzle und trauere ich zugleich… es ist eine äußerst unangenehme überlegung, aber ich kann sie nicht einfach abstreiten…

    – Die erschütter(n)te Konsensfabrik

  3. peryton sagt:

    @ x/z

    … eine email-adresse hinterhergetragen:

    (d)ein blick ins ‚impressum‘ und du hättest sie selber gefunden …

    grüsse vom bodensee:
    peryton

  4. ‘lernhilfe zur lebenspraxis zum wohle des heranwachsenden kindes’ – das problem ist, dass genau sowas meist pädagogisches neusprech darstellt um gewaltförmige menschenformerei auszudrücken, jedoch freilich ohne gewalt in irgendeiner form des ausdrucks sichtbar zu machen.

    „erziehung“ ist kein problem des mittels, sondern die menschenformerei, das auf-ziehen zu einem ziel in der erziehung ist das problem; die idee, dass mensch kinder wie high-tech-puppen behandeln darf, auf welche der erziehende die eigens beliebige software aufspielt und hardware implementiert, sprich: werte und normen, und zwar nicht nur im im denken, sondern auch in der körperlichen gebärde und gestalt.

    ich habe oft so meine zweifel, wenn von erziehung und pädagogik gesprochen wird und bin hier sehr sehr kritisch, weil sich genau hinter diesen begriffen eine vielzahl von gewaltförmigen praxen und herrschaftsverhältnissen verbirgt. deswegen tendiere ich dazu, nicht mehr von „erziehung“ und „pädagogik“ zu sprechen, eben um sich von diesen gewaltförmgen praxen abzugrenzen.

    und sicherlich müssen wir uns mit postmodernen ansätzen fragen, ob nicht eine gewisse letzte gewalt in der menschwerdung unvermeidbar ist (ich denke hierbei an judith butlers „kritik der ethischen gewalt“)… dennoch gilt es sich gegen die pädagogischen anschläge auf das leben zu wehren, gerade auch indem wir uns immer und immer wieder hinterfragen, vor allem: was ist zwanghaft-gewaltförmige beeinflussung, die der andere nicht ablehnen und zurückweisen kann und was ist die maximal möglich-herrschaftsfreie beeinflussung, welche die andere auch ablehnen und zurückweisen kann.

  5. x sagt:

    wollt dir noch einen nachsatz per mail zukommen lassen doch dummerweise habe ich deine verloren, schick mir doch eine.
    gruss
    z

  6. peryton sagt:

    wie wär denn diese lösung: niemals schlagen?

    klingt einfach, ist einfach. ist aber nicht das, was allgemein praktiziert wird. der ‚kleine klaps‘ gehört zum guten ton – oder besser gesagt: zum guten schlag

    das kann nicht überraschen in einer gewaltgeprägten gesellschaft, die allezeit nur auf wettbewerb, besiegen und auf kriege setzt: selbst ‚frieden‘ wird mit waffen ‚wiederhergestellt‘. perverse logik, die lebbar nur für jene ist, die darin leben wollen. was konsequenzen hat – natürlich auch für (ihre) kinder: soldaten müssen töten

    dass ‚erziehung‘ ein streitbares thema ist, merke ich hier nur an. nehme ich diesen begriff in einem positiven sinne als synonym für ‚lernhilfe zur lebenspraxis zum wohle des heranwachsenden kindes‘ (dies nur ad hoc erfunden, als eines von vielen möglichen beispielen), dann verbietet sich gewalt als untaugliches mittel. unbestreitbar

    ich habe noch nichts dazu gesagt, was gewalt und liebe vereinen könnte. denn da gibt es nichts

  7. x sagt:

    aus liebe schlägt man nicht,
    aus wut, verzweifelung, unverstand – ja.
    aus liebe – nee!

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