[ tourette ]

wäre es nicht einfach, einfach loszugehen? nein, sagt die inne-
re gesprächspartnerin, ist es nicht; und siehst du, schon wie-
der: du machst es eben immer so kompliziert

hinter den verstaubten scheiben von „peters treff“ blinkt eine
vorhanggirlande. weihnachten droht allerorten, sogar dort. die
obdachlosen halten ausschau schon nach den warmen in-
seln. und – weisst du noch? – hier sassen sogar wir einmal, wir
beide. silvester rückte zögerlich heran, es war so eisig, dass
meine füsse sicher ergeben mussten und um einkehr flehten, für
die dauer eines kaffees (oder so), eines tees (oder so), eben
etwas, das den lebenserhaltenden aufenthalt erlaubte, in der
tresengemeinschaft achtlos schlecht gekleideter, die tuschelnd
uns beäugten

aber jetzt ist anfang dezember (oder so), eine kahle mittags-
sonne schmeichelt dem ziegelrothässlich der hausfassade
nicht, scheint dezemberlich an den menschen vorbei, die in
autos vor der ampel sitzen, scheinwerfer eingeschaltet. draus-
sen ist stets weit entfernt

warum sich menschen hochhackige schuhe an ihre füsse bin-
den – frauen vornehmlich – mit denen jede bordsteinkante zur
hürde, jede gehwegmulde zur falle, jede kopfsteinpflasterstrek-
ke zum potentiellen live-end-point wird, werde ich, jeglicher
selbsttortour gegenüber tolerant, wohl nie verstehen. zumal
schweigend, mehrheitlich

du schmeichelst mir! befreit von allen regeln fegt ein fahrrad-
fahrer an mir vorbei über die rote fussgängerampel, quer
über die strasse davon, passantInnen mit dem ausruf schrek-
kend: du schmeichelst mir!

und doch: die sonne wärmt zart, als ich, stehen geblieben, sei-
ner wortspur nachlausche. es wäre doch so einfach, denke ich


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