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zwei tauben quirlen das abendlicht zu erträglicher
kühle. am nebentisch sinkt das gespräch zum flüs-
tern. ein trauriger bauch schiebt vorbei, lentement
schwerer blick auf mich, abstreifend zu den drei
frauen nebenan, alter wolf ohne hunger, ohne zahn
eckhaus gegenüber erster stock: über ein achselho-
hes fenstergitter hängen zwei junge frauen, klettern
umeinander wie junge katzen, lärmen um aufmerk-
samkeit. familien mit, paare ohne kinder, hin, her
am lautesten sind die schwalben, zirpend auf ihrer
jagd um die dächer. autos bedächtig auf dem weg in
den feierabend. aus der bar jazztrompeten: ils m´ont
retenu. die hutkünstlerin, deren atelier ich nicht
mehr finden konnte, wird nicht vorbeikommen und
nicht du. sterben würde ich. ausklingen. der letzte
ton eines konzertes: es ist getan
eine kirchturmuhr schlägt durch meine gedanken
22 uhr 02 lügen die zeiger am hotel de ville
aubenas
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doch am morgen zeigt der fluss sich mir gewandelt
der abends mich im dämmern, auf der suche nach
seinen wassern, über steinbänke tasten liess, der
eine nixe ans ufer warf, sich dort zu räkeln (nein, sie
hatte keinen schuppenleib) – er schmückt mit neuen
attributen sich und riecht
nach kadavern. schlammgirlanden hangeln sich ent-
lang der trocknen brüche, braungrüne wolle überdeckt
das liegende, scheint seitwärts aufzukriechen, seiten-
tümpel sind kloaken
dass hier noch frösche leben und gar nixen …
foto: ardèche. pont d’aubenas, 03. september 2005