[ wahlheiten. wut im bauch ]

köln. nach der kommunalwahl nrw 2004

“ Bei der Kommunalwahl in Köln hat die schwarz-grüne Koalition die Mehrheit verloren. Nach dem vorläufigen Endergebnis muss die CDU Verluste von 12,5 Prozent hinnehmen, bleibt mit 32,7 Prozent aber vor der SPD mit 30,9 Prozent (+0,6). Die Grünen verbessern sich um 0,8 Prozent auf 16,5 Prozent, die FDP gewinnt 3,3 Prozent und landet bei 7,4 Prozent. Mit 4,7 Prozent erreicht die rechtsextreme Pro Köln ein unerwartet hohes Ergebnis. Die PDS verbessert sich um 0,8% auf 2,9 Prozent.

Für die Sitzverteilung im Stadtrat bedeutet das: CDU 29 Sitze, SPD 28 Sitze, Grüne 15 Sitze, FDP 7 Sitze, PRO Köln 4 Sitze, PDS 3 Sitze, Andere 4 Sitze “ [quelle: Köln.de „Kommunalwahl 2004“]

so oder so ähnlich lauten die meldungen in den medien, die mich erreichten seit dem vergangenen abend. hier prozentzahlen und wortschwallende interviews (weithin nur sieger, irgendwie) auf der einen seite – zur anderen hin schweigen. schon letzte woche, in sachsen wie in brandenburg: theatralisches erstaunen, herum- und gegenrechnen, wägen, mutmassen, dann schweigen

das ist nicht wahr: ‚protestwahl‘. auch ist nicht wahr, dass braune horden auftauchen aus dem nichts. auftauchen auf der strasse, an den urnen der politischen wahl und einfallen in die parlamente. es ist nicht wahr, dass niemand etwas ahnte

es ist nicht wahr, dass dies ein bislang unbekanntes phänomen im deutschland dieser tage ist: der deutsche apfel fault am deutschen stamm und fällt – gelegentlich – herunter. weil er vergammelt, ist ihm obsolet zu rollen: es bleibt als brauner sumpf ein most, der um sich fliegen schart mit kahlem haupt und hakenkreuzenaugen – und auch ist bitter wahr, dass sogenannte demokratInnen vor den wahlen rechte positionen zu besetzen suchen, um damit logischerweise jene positionen zu befördern: wo rassistische und / oder faschistoide parolen aufgerufen werden, ist eine reaktion zu erwarten, die nicht im rahmen dieser bundesdeutschen demokratie liegen kann: ausgelagerte verantwortung

im zweiten akt folgt schweigen. folgt jene ruhe, die die larve braucht, zu wachsen

jenen, die gewohntermassen dementieren wollen (denn solch widerwärt’g gebahren findet in unsrem güldnen vaterlande hie nicht statt!), sei eine mentale leiter gereicht, als beispiel, stellvertretend für viele: in köln wurde die faschistoide hetze gegen die sogenannten „klaukinder“ zum trampolin für rechte gedankenkapriolen

DER SPIEGEL „VERBRECHEN Klaukinder für Köln“ (30.03.1998)

FDP Köln „Taschendiebe sollen ins Heim“ (15.08.2003)

polizei-pressestelle köln (25.10.2002)

WDR „Klauende Roma-Banden?“ (13.07.2001)

es ist nicht wahr, dass niemand etwas ahnen konnte: dies ist die lange und bittere geschichte einer republik, die sich vom vorwurf der befangenheit in ihrer faschistisch-nazistischen biographie zurecht bislang nicht befreien konnte

ihr väter und mütter jener zwangvollen demokratie: niemals habt ihr ernsthaft diese brut verhüten wollen – eure kahlen kinder. eure töchter, söhne, enkel und geschwister


Leave a Reply