[ schnäppchen. oder: griff ins klo ]

das montieren am wc-deckel ist eine intime
angelegenheit, über die besser geschwiegen
wird. der kontakt mit dem allzu endlichen ist
sehr direkt; man kommt sich nah, näher, und
beim vollen körpereinsatz zum festziehen der
verfluchten schrauben, die immer zu locker
bleiben, trägst du besser kein halstuch, kei-
ne brille, bist nicht historisch interessiert, nicht
zimperlich zumindest, was die persönliche hy-
giene der ungezählten reihe an toilettenvor-
besitzerInnen angeht, deine brille sitzt fest
auf ihrem gewohnten nasenrücken; besser:
du hast sie an anderem ort gesichert. mir fiel
eine schraube, ein schräubchen nur ins klo

vermutlich hatte ich einen glückstag; andere
leute müssen sich nach einem solchen ‚rein-
fall‘ ihre zähne herausholen, oder – unspekta-
kulärer – ihre schlüssel. im letzteren fall war
es die toilette des stadttheaters, wurde mir
berichtet, zwischen garderobe und zweitem
klingeln vor bölls „die verlorene ehre der ka-
tharina blum“ (die, sei überflüssigerweise
noch angemerkt, nicht mehr zu retten war)

ja, auf einer öffentlich zugänglichen bedürf-
niseinrichtung kann eben selbst das grund-
banale eine gewisse dramatik entfalten (sic!)

die verschwiegendste durchschnittskatastro-
phe ist jedoch nicht die allübliche darmträg-
heit oder der gemeine prostatajammer. es
ist das mobiltelefon in der gesässtasche des
mit ‚dem geschäft‘ beschäftigten. macht es
beim hier diskutierten erleichterungsakt ein
ungewöhnliches geräusch, ist es selten am
besitzer zerbrochen; wahrscheinlicher ist es
abgetaucht in die häuslichen kloaken und hie
niedergesunken bis auf deren dunklen grund

und dann?

ästheten ohne rückrat verticken das teil um-
gehend via www: umständehalber abzugeben

damit wäre diese anrüchige geschichte an ih-
rem ende. eigentlich. würde jetzt nicht nach-
folgen, was – eben – heimlicher alltag an der
betrogenen ohrmuschel ist, wie ich böse ver-
mute, oder – um das delikate totzuwürzen –
an der ahnungslos ankuschelnden oberlippe:

liebesschwüre schwören sich ins abgetaucht-
mobile, streptokokken-küsse fliegen digital

„schatzi, es rauscht bei dir so, bist du auf’m
klo?“
– im besten fall ist die antwort … gelogen

doch mir, mir fiel nur eine schraube ins entlei-
bungsbecken; hätt ich sie nicht gebraucht, ich
gäbe sie verloren, es sei geschworen bei allen
toilettengöttern. das wasser war nicht tief, der
grund war zu erkennen und … ich hab sie mir
geschnappt: mein unterwasser-schnäppchen

mehr nicht. mehr nicht

wer von euch da draussen, hochverehrte digi-
tale leserInnenschaft, hat sein handy eigent-
ich auch preiswertest im internet ersteigert?

„schatzi? ich habe einen schlechten empfang“


4 Responses to “[ schnäppchen. oder: griff ins klo ]”

  1. behkah sagt:

    wie war das noch gleich ein paar dutzend beiträge vorher mit unserer themendiskussion? … (klingt teilweise fast danach, als ob das durch mich angestoßen wäre… aber ich irre mich bestimmt)

    tolle schriftsätze. hat fast etwas von charlotte roche, auch wenn ich gar nicht genau weiß, was das sein soll. nun fehlen nur noch die vielen politischen interventionen in form von tipps und hinweisen zur effektiv-ökologischen reinigung als ergänzungsprogramm zum musikalisch-sprachlich-tierthemlich-sponsorisch-alternativlingsgedöns. oder mit anderen worten: in zukunft bitte mehr „linksalternative“ (mir fällt gerade kein besseres wort ein; nennt es wie ihr wollt) werkstätten, die sich mit exkremententum beschäftigen. jaja. kunstvolle toilettendeckel, -sitze und sonstige materialen dispositionen – ahoi!

    aber ok, ich weiß ja: das ist verkürzt…

  2. xc sagt:

    einen grund warum es handwerker gibt !

  3. peryton sagt:

    @ niels

    was genau meintest du?

    vielleicht das permantente rauschen in deinem handy, das irgendwie an … hmmm … einen spülvorgang erinnert?

  4. Niels sagt:

    Mir gefällt das.

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