[ aujourd’hui: pleine lune ]


 

der regen ist schuld, sage ich, dass ich mit schnupfen
aufgewacht bin und folge auf irrwegen den strassen-
namen inneliegenden versprechen. cours julien, ein
ziel, erschöpfte pause. fieber lässt mich frösteln

eine szene unter kastanien fängt mich ein, traurige
zärtlichkeit liegt in den küssen. dass ich die lippen-
laute nicht verstehen kann, hineingeflüstert in die
nackenwolle, erleichtert mich; dies ist ein einseitiger
abschied. ich kenne die worte, die kosenamen, die
falte auf der andern stirn wie meine, das nein, ver-
schwiegen zwischen harten schultern, in kaffeetassen
unzählige male eingerührt, herausgestossen mit dem
rauch abgebrannter zigaretten. ich kenne die hoff-
nungslosigkeit wie meine geheimen narben auch

der regen ist schuld, sage ich. und der vollmond der
vergangnen nacht tarnte sich unvollkommen hinter
wolken, weckte mich, wies dem traumpferd seinen
weg an durch mein zelt, mein steppentipi, und als ich
dich fragen wollte, wohin es entschwunden sei, schau-
te ich in das gesicht des mondes, draussen über dem
hügel, über dem meer, ewig und ohne antwort
 

foto: pleine lune. marseille, 16. oktober 2005


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