der scharfe geruch, dessen ursache ich ergründe, kommt
aus der küche, gleichsam unangenehm wie die musik ei-
nes kultursenders: meine kaffeetasse steht vergessen auf
dem heissen ofen, an ihrem grund ein verkohlter rest ge-
zuckerter sojamilch. ja, es gibt morgende, die beginnen
genau so: april, april
ich war aus der küche geflohen, als im radio der innen-
minister zitiert wurde, der schäuble, der mit dem schuss
durch den rücken, der deshalb nicht mehr bundeskanzler
werden konnte, obwohl das eines seiner ziele war, da-
mals, vor dem attentat, aber in deutschland kriegt kein
krüppel einen solchen job, eigentlich, erst heute, wo so-
gar eine frau … also heute ist er propagandaminister, der
wolferl
was er damals im heimlichen betrieb oder besser, re-
lativ unbeobachtet, weil auch kein linker genauer hin-
schauen wollte, was er da trieb, denn was hätten sie
tun wollen, was tun können, was dagegen sagen, die
selber angstvoll gen süden starrenden, die reichen er-
ben, die hofften, dass irgendeiner – ein anderer – eine
lösung finden würde gegen die andrängenden schwar-
zen massen, gegen das problem der kulturellen über-
fremdung, die gefahr, das bequeme teilen zu müssen
… da schnitzte der schäuble also in heimlicher eintracht
mit allen an den aussengrenzen der europäischen frei-
heit am sogenannten ’schengener abkommen‘ und heute
kann er in aller öffentlichkeit seinen wahn ausleben, weil
sein wahn offener konsens geworden ist, ja, da darf so-
gar ein solcher krüppel reden, eine arme sau in den au-
gen der meisten, ein hochgucker, aber auch ein held, wenn
wir es genau betrachten wollen, in erfüllung seiner patrio-
tischen pflicht abgeschossen, ins kreuz geballert, und al-
so darf er heute reden, in seiner neuen funktion als innen-
minister, reden, wie wir es gewohnt sind von allen innen-
ministern der vergangenen jahrzehnte: offene worte, ge-
radeheraus, ohne anstandstüchlein vorm schneidigen
mund, mit hackenzusammenknallen und den braunrot-
gelben lappen aufziehend, jedesmal, gegen linksmoti-
vierte gewalttäter bei demonstrationen, gegen arabische
terroristen und also jetzt gegen angeblich gewalttätige
schülerInnen: gewalttätige jugendliche spiegelten nur
eine gesellschaft wider, die es zunehmend versäume, kla-
re grenzen zu ziehen und die wichtige normen nicht ent-
schieden vorlebe und durchsetze – oder so ähnlich
um die fakten präzise zu umreissen, hätte er für meinen
geschmack nicht so viele worte benötigt: eine gewalttätige
jugend spiegelt die gesellschaft wieder, in der sie aufge-
wachsen ist. oder noch kürzer: der apfel fällt nicht weit
vom faulen stamm
aber zum glück sind die lösungen so einfach wie werte-
konform: polizisten gegen kinder einzusetzen ist in
deutschland ebenso legitim wie eine ausgangssperre
gegen kinder in frankreich. und die schuldfrage ist damit
ebenso geklärt wie die frage nach den lösungen: eine
gewalttätige jugend spiegelt eine gesellschaft wieder, in
der die grenzen der gewalt nicht recht gezogen wurden
…
was ich nun noch nicht recht verstanden habe – neben ihrer
position zu unter folter erpressten geständnissen, oder
was sie mit ‚die eine oder andere anpassung des rechts-
staats‘ meinen, oder mit einem satz wie ‚die rechts-
staatlichen grundsätze schliessen ja nicht aus, dass man
bestimmte freiheitsrechte einschränken kann‘ … ehrlich
gesagt überfällt mich da ein gruseln, das in die geschichte
weist – was ich also noch nicht recht verstanden habe, herr
goebbels: welche normen meinten sie eigentlich?
au verflixt. tatsächlich. beim einem zweiten versuch, der im august 2002 verhindert wurde – ja, der mann scheint für als anlass derartiger events recht attraktiv zu sein – sollte angeblich eine schere verwendet werden
leute. eine schere. na mensch …
also: ich erkenne mein versagen an und werde den text bald entsprechend ändern
räumütig:
peryton
Schäuble hatte kein Messer im Rücken. Der hat eine Kugel bekommen. Lafontaine ist nicht hieb und stichfest.