[ bertoldsbrunnen ]

schnell festgehalten sind der morgen, die auffahrt zur auto-
bahn, der hochgewirbelte stein, mit dumpfem schlag auftref-
fend, die zersplitterte frontscheibe, der den augenblick ver-
wirrende schreck, die mit dem zug fortgesetzte fahrt – bis hier
reichen kurze worte

nachmittags am bertoldsbrunnen. ich warte auf die strassen-
bahn. bunt und barfuss sein, heisst angestarrt werden wie ein
weltenwunder des absurden. ich lasse alle blicke im nebel des
vorübergehenden. da vorne eine tänzelnde bewegung, turn-
schuhschritte, verwaschene jeans, eine jacke, über der schul-
ter eine tasche, aus der verhüllte gegenstände ragen, ein von
der bauchigen mütze wursthaariger gehaltener hinterschopf
… und dann ist sie nach rechts meinem blickfeld entglitten

in der bahn stellt sie sich mir gegenüber auf, schaut mich ge-
radewegs an. ich kann ihrem blick nicht standhalten. starre
an ihr vorbei, starre irgendwohin, beobachte sie doch. ihr
helles, bald bleich zu nennendes gesicht, feine, fast unsicht-
bare augenbrauen und diese nase, diese lange, erfahrene na-
se, die mich anzieht. natürlich nicht. natürlich betrachte ich
meine füsse, meine jackenknöpfe, meine umgebung, schaue
auf die vorbeiziehende strasse – und da ist mein ziel erreicht

ich steige aus, sie fährt weiter, irgendwie bin ich erleichtert

erleichtert?

ich bin mir nicht sicher

ich bin mir gar nicht mehr so sicher

vielleicht. vielleicht fühle ich mich wirklich erleichtert


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