[ gegenüber: le pradet ]

November 20th, 2019



gegenüber von la seyne sur mer, am gegenüber liegenden ufer
der bucht, liegt der strand von le pradet, der seit den stürmen
dieses herbstes zur hälfte von den wellen weggefressen wurde

hier habe ich ein paradies gefunden. ja, zugegeben, zu einem
paradies gehört mehr als eine schöne landschaft. mehr als ein
angenehmes klima und eine mich faszinierende vegetation. da
gehörte vieles geändert, auch hier. die armut ausserhalb der
mauern und zäune der residenzen, die dreiste bürokratie, die
permanente kontrolle – überall! -, und die unachtsamkeit, alles
niederwalzend. und immer wieder diese narzistische dummheit

anfangs glaubte ich, all dem entkommen zu sein; naiv war’s. nie
entkommst du der dummheit, schon gar nicht der eignen. und
dennoch habe ich hier mein schönstes jahr verbracht. da unten
am strand liegend, meist, die nase in den büchern, zaghaft erste
freundschaften schliessend, ängstlich stotternd und ringend um

worte


foto: la plage du monaco
le pradet, 02. dezember 2019

[ le port ]

November 19th, 2019



die wochentage verbringe ich meistenteils in la seyne sur mer

in einer provisorischen schule für migranten versuche ich
schnellstmöglich mein altes schulfranzösisch zu aktivieren
und mehr. schliesslich will ich hier bleiben. um frankreich
zu geniessen und die stirn zu bieten, braucht es doch mehr
als seinen namen fehlerfrei zu buchstabieren. an diesem mehr
scheint dieses system nicht interessiert. das oben und unten
ist hier klar definiert. unten bleibt reserviert für die migranten

abends: am hafen. mein basislager zwischen autowracks und
automobilen notunterkünften wohnsitzloser oder fischer. die
nächte sind laut und kurz, wenn im sommer auf dem sandplatz
pétanque gespielt, getrunken, geliebt und auch gestritten wird

heute geht der blick über die bucht bis nach toulon, auf den
grössten militärhafen europas. es ist doch eine schande, wie
einfach es einem regenbogen gelingt, das allzu hässliche zu
überstrahlen. und es brauchte hier wahrlich viele regenbögen


foto: hafen, blick auf toulon
la seyne sur mer, 19. november 2019

[ wind von süd ]

November 19th, 2019



am samstag bin ich hier noch hineingesprungen. todesmutig
obwohl der wind eisig war. am sonntag schlug er dir alles um
die ohren, was nicht fest genug angenagelt war. und dieser
wind kam auch nicht von süden herauf, das war glatt gelogen

auf einmal ist der sommer vorbei. ich muss abschied nehmen


foto: la plage du monaco
le pradet, 17. november 2019

[ … und dazwischen ein sommer ]

Oktober 6th, 2017


 

da schau her: ein fröhliches bild. ohne einen
hinweis per email hätte ich das natürlich nie
gefunden (vielen dank, hanna!). und zwischen
eingang und lesen verging ein ganzer monat
 

überhaupt. war da nicht ein sommer gewesen?
 

nein, hanna hat sich selbstverständlich nicht klein
kriegen lassen und nein, mein brief an n. wurde
nie geschrieben. all das nicht getane habe ich
mir grossmütig entschuldigt mit allzu grosser
müdigkeit. es bleibt zu hoffen, dass alle zu kurz
gekommenen dies mir ebenso entschuldigen

und es bleibt zu hoffen, dass ihr alle damit
ebenso unzufrieden seid, wie ich es selber bin
 

an dieser stelle müsste nun eine kategorische
erklärung folgen, die eine gewisse bedeutung
hätte, eine über mich hinausweisende bedeutung
selbstverständlich, mindestens eine ankündigung
 

folgt heute aber nicht. mein pathos ist alle
 

foto: super-hanna, posierend, vor ihrem einzug in den knast
(sie wird mich dafür hassen)
hildesheim, 11. mai 2017
– erschienen in der hildesheimer allgemeinen; deren
einverständnis zur abbildung wird hier vorausgesetzt –


[ ein knall – und dein staat ist raus ]

Mai 28th, 2017


 

heute ist post-tag. ein brief war unter meine
türe im basislager geschoben, der andere
im vernachlässigten elektronischen postfach
 

der erste: von häftling #277/17/0, „draussen“
bekannt als hanna poddig. ich lese ihren brief
und werde so wütend, dass ich hier zur revolte
aufrufen will, wohl wissend, dass die zeit der
progressiven revolutionen in deutschland noch
nie gekommen war. bislang bereichert dieses
öde land mit armhochreissern, zäunebauern und
– dies meisterlich! – mit totschlägern die welt

der zweite: von n., aufgehend im universum der
erwartung, der ungeduld, dabei ein wenig be-
sorgt, wie mir scheint. müde freude, lese ich
und freue mich herzlich mit, selber müde von
der vorsommerlichen glut eines tages am meer

da gehe ich mit i. zur gemeinsamen mikrowelle
in der schraddeligen küche und brate meinen
niegelnagelneuen ausweis, bis der eingebaute
mikrochip in hellem knall auseinander platzt:
die hilfe zur selbsthilfe gegen überwachung
 

was dieses foto zeigen soll? aber … ist das denn
nicht klar und deutlich zu sehen? t., diesmal den
rücken erwischt, und n., der unverkennbar ganz
rechts aus dem bild entschwindet, weil meine
kamera zu langsam war. zwei fehlen, dies sei
nicht verschwiegen: neujahr 2017 an der küste
 

für heute gibt es auch nicht mehr zu sagen als:
„n., ich schreibe dir bald“ und „hanna, lass dich
von diesen staatswichsern nicht kleinkriegen!“
 

foto: suchbild
kalifornien, 01. januar 2017


[ grüsse aus der anstalt ]

Oktober 30th, 2016


 

gestern morgen beim einkleiden in ein dünnes
leichenhemdchen: ich durfte mit einem stift die
richtige – rechte – körperseite markieren für
den fall, dass der operateur ein rechts-links-ver-
wechsler sei. oder nicht genug zeit hatte meinen
beipackzettel zu studieren, dachte ich. oder
einfach zu müde war. ich entschied mich sofort
für die klare linie, ein schlichtes, überzeugendes
„x“; kein smiley, nein, kein scherzhafter phallus
impudicus. ausserdem bekam ich zum „engels-
hemdchen“ einen schmalen lappen gereicht, den
ich beinahe für eine letzte katzenwäsche einge-
setzt hätte. (besser, den herrn operatus nicht
olfaktorisch zu irritieren.) das fähnchen stellte
sich als grobmaschigsten hauch hocherotischer
genitalbedeckung heraus, derart transparent, dass
auf dieses textile paravant gewiss ohne einbussen
zu verzichten gewesen wäre. darum dies, mein
schlichtes „x“, in keinster weise missverständlich

zur beruhigung sein angemerkt, dass mir meine
rektale unerfahrenheit wohl schadlos erhalten
blieb. zumindest blieben mir verdächtige spuren
bislang verborgen. (ist die redewendung „was
ich nicht weiss, macht mich nicht heiss“
etwa
auch in ebensolch zwischenmenschlicher aus-
richtung zu interpretieren, herr doktor freud?)

ich trage nun – gefühlt – eine offene packung ra-
sierklingen im bauch, dafür ist mein rechter ober-
schenkel vollkommen taub. scheiss egal; auf das
bisschen sensibilität kann ich gerne verzichten!

auf dem weg abwärts zum operationssaal hin – ich
lag bereits rücklings und wehrlos auf einer roll-
bahre – meinte eine krankenschwester fröhlich:
„verraten sie bloss nichts von ihrem organspende-
ausweis. denen da unten kann man nicht trauen!“
 

heute. ich grüble über der frage, ob das aufwachen
aus meiner narkose nicht doch ein kunstfehler war

 

foto: 2 Uhr 47. der zimmernachbar spricht im schlaf
kiel, 30. oktober 2016


[ temporarily not available ]

September 2nd, 2016


 

zurzeit bin ich schwer erreichbar. weder
per telefon noch per email. ja, ich lebe
noch, wie dieses heimliche foto beweist

 

foto: kiel, 29. juli 2016
aufnahme: alex © 2016


[ work in process ]

Dezember 25th, 2015


 

nach dem absturz der webseite, des blogs und
des computers waren umbauten unumgänglich
 


 

der blog ist fast repariert, die webseite ist über-
arbeitet (und wird erweitert!), der computer hat
einen modernen kollegen bekommen, der die
zusammenarbeit mit daniel erleichtern wird …

es gibt sehr alte pläne, die ich noch nicht ver-
worfen habe und neue, von denen zu erzählen
ich mich noch nicht traue.      (to be continued)
 

foto: grässis werkbank am 19. juli 2015


[ C’est la guerre, madame et monsieur! ]

November 15th, 2015

auch in den zeiten des krieges ist dieses prinzip ebenso
dumm wie herzlos: „du heiliger sankt florian, verschon‘
mein haus, zünde beim nachbarn an“
. es brennt überall

mich machen alle toten und verletzten traurig. alle und
überall. in den zeiten des krieges schützen grenzen nicht

in kriegszeiten gibt es für krieger kein sicheres zuhause
 

über paris brach ein kriegerischer akt herein, der in den
kriegsgebieten fernab brutaler alltag ist. ein akt, der
jeden tag zu erwarten ist; in paris, in london oder berlin

„terror“ wird in paris das genannt, was soldaten aus den
europäischen herrenländern frankreich und deutschland
in sogenannte kriesengebiete exportieren. jeden tag und
mit billigung aller, die sich dagegen nicht zur wehr setzen
 

hat irgendwer übersehen, dass europa nach einem ersten und
einem zweiten weltkrieg nicht „zum frieden“ gefunden hat?
dass sich einstige gegner verbrüdert haben gegen neue?

hat irgendwer verschwiegen, dass getötet werden schmerzen
bereitet? dass gewalt gewalt gebiert? dass irgendwann mit
konsequenzen zu rechnen ist? mit gegenwehr? rache? oder
schlichtweg mit einem militärischen gegenschlag nach art
dessen, wozu deutsche „ksk“-soldaten hinter feindlichen
linien zu tun ausgebildet sind, banal gesagt, mit „terror“?
 

dies ist das schmerzvolle antlitz des krieges. es ist euer
krieg. wir können die grausame logik sofort beenden:
verzichtet auf rache, gewalt, militär, rüstung, vormacht
und auf religion. dann trauern und gehen alle gemeinsam

erst dann

 
 

[ es geht wieder los … ]

Juni 22nd, 2015

ja, es geht wieder los. allerdings nicht mit musik
und gesang und dem altbekannten kladeradatsch

diesmal mehr mit hinterhalt und hintersinn und
boshaftem vergnügen. mit fallenstellen und spott
und – garantiert! – keinem respekt vor alten hüten
und helmen, tressen und blödem ordensgeklapper

von jetzt an bin ich die motte im zwirn. die
soziale sabotage: „uniform sieht scheisse aus!“


[ der schwebende mönch ]

September 29th, 2014

wenn andere arbeiten, kann das sehr spannend
ausschaun. hier geht es um die reinste ver-
blendung: ein „schwebender mönch“ entsteht

manchmal werden die wunder eben mit geschick
und stahl zusammengeschweisst. überhaupt gibt
es kein wunder ohne den wundersam betrogenen

das wäre ein betrug, würden nicht alle teile dieser
geschichte von einander wissen und wonnig die
lüge teilten. ganz normal. wie in jeder beziehung

foto: 27. august 2014

[ la famille t’attend ]

September 27th, 2014

 

immer noch? das ist doch verrückt

 

bild: la famille t’attend (ca. 2011)
copyrights: cosima fuchs © 2014

[ mein elfter september ]

September 13th, 2014


 

für mich geht immer nur die sonne unter. oder
der vollmond auf. je nach belichtung sieht das
vollkommen gleich aus; eine frage der technik

dies hier ist – ja! – ein vollmond. nach meinem
schrecklich anstrengenden urlaub kommt er mir
vor wie eine überhörte bitte: da, schau doch hin!

und ich schaue hin. bilde mir ein, dass da und
dort sternschnuppen herabtropfen, wünsche dir
jedesmal glück. immer eine frage der einbildung
 

foto: vollmond, 11. september 2014


[ 02. august 2014 ]

August 2nd, 2014


 

dieser sommer … für spaziergänge habe ich
niemals zeit. heute allerdings bis hinunter
zum hafen. davon wird die stadt nicht schön

davon wird die stadt nicht schöner und doch
werde ich nicht fortziehen. nicht in diesem
leben. du kannst mich hier finden, falls du …

du wirst nicht. nicht in diesem leben. und
dennoch: dieser sommer. der sommer riecht
nach dir. das ist wunderbar. ja, das ist fatal
 

foto: m. haller, 10. august 2010
copyrights: m. haller © 2014


[ der vollmond über berlin ]

Juli 15th, 2014


 

ich kapituliere. ich gebe nicht auf. ich lasse mich
auf die bedingungen ein … und morgen, das kenn
ich ja schon, werde ich einen dicken kater haben

zwei erinnerungs- und weinvolle balkonabende mit
t. bringen mich – wie immer – an den füllrand des
allzu vernünftigen. na und? das ist doch allemal
liebevoller als zu den millionen zu gehören, die
sich in gröhlenden patriotengruppen schwarz, rot
und pissegelb um den rest von verstehen saufen

keine ausnahmen: ich mag diese deutschen nicht
 

foto: der vollmond über berlin
12. juli 2014


[ weisse fahne ]

Juli 6th, 2014


 

ich kapituliere. ich gebe auf. ich lasse mich
also auf deine bedingungen ein. bedingungslos

nenne es dumm, verspätet, ja, zu spät. nenn
es respektlos, unachtsam, ungeduldig, frech
(das würde mir gefallen), aussichtslos und
sowieso unakzeptabel. inkonsequent. sogar
hilflos könntest du es nennen. ja, all das; ja

ich ziehe eine neue, weisse fahne auf. meine
würfel fielen längst. maintenant, c’est à toi

 

foto: neoviel, 06. juni 2010
copyrights: neoviel & peryton © 2010


[ inkonsequenz liegt in der familie ]

Juni 6th, 2014

 


„du kannst doch nich „peryton kommt zurück“, dann
aber nur so 1/2-jährlich mal’n grüßchn oder ein
„na gut dann halt“ schreiben“
(kommentar von tjona)

 
 

na hör mal, tjona. inkonsequenz liegt in der (soll heis-
sen: meiner) familie. leider. wär ich konsequent, müs-
ste ich ja permanent schreiben „jetzt ist schon wieder
was passiert.“ und hätte damit schamlos den wolf haas
zitiert (den mit den brenner-romanen. kennst du sicher;
weil für angehende linguistik-professorinnen geradezu
ein muss. sprachlich gesehen. haha. kennst du natürlich
nicht, weil krimi ist ja keine literatur. nicht richtig. find
ich aber schon. ungefähr so geht das auch beim bren-
ner, nein, beim haas, nur halt auf österreichisch… das
eben mal kurz abgeschwiffen; autsch, frau prof in spe!)

 

vielleicht sollte ich gegen den kulturkropf gema (ver-)
stossen und einen vivaldi-titel hochladen, in einer ein-
zigartigen version mit dem jazz-flötisten jiří stivín an-
fang der achziger jahre eingespielt (°), weil mir die nicht
mehr aus dem kopf gegangen ist, nachdem sie mir beim
proben irgendwie wieder da hineinkam. so sehr, dass
ich mir die originalaufnahme auf langspielplatte (für
die jüngeren leserInnen: vinyl) besorgt habe, die aus
meiner sammlung irgendwann verschwand … und ernst-
haft: ich überlege, das ‚cantabile‘ selber mal zu spielen

 

wie, tjona, soll ich das den leuten verständlich machen:
der peryton kriegt die gichtigen finger nicht mehr aus-
einander und will da einen vivaldi herauskrampfen ..?

 

zwischen dem träumen und dem tun schlafen welten

 

 


(° – antonio vivaldi, sechs flötenkonzerte. konzert nr. 3
in d-dur, rv 428, ‚il_gardelino‘. allegro, cantabile, allegro
– jiří stivín und das slovakische kammerorchester prag)

 

[ na gut. ausnahmsweise heute ]

Mai 22nd, 2014


 

na gut. ausnahmsweise melde ich mich
zu wort. wo doch das stillsein so gut tut

auch nur, weil ich mit l. vorhin am hafen
sass, vor der kleinen schifferkneipe, und
wo wir das gewitter heraufziehen sahen

und weil ihr zufällig dieses foto einfiel; ja
genau, das hier: der schorsch gut gelaunt
am autoschrauben. lange her. viel passiert

 

foto: lu, 16. august 2011
copyrights: lu & peryton © 2014


[ … und einen gruss zurück! ]

Dezember 26th, 2013

an alle, die gerade freundlichst grüssen
– und heute ganz besonders an ihn – geht
mein gruss. ja, ein lied, selbstverständlich
 

„dann kann ich bleiben“
(mp3; 11,4mb; 04:59min)

(remastered sommer 2013 mit daniel verdier)


[ peryton kommt zurück! ]

November 15th, 2013


 

„ausstellung sebastian harwardt“

„harw“ stellt aus, peryton spielt. und
das schönste dran: er weiss heute noch
nicht, dass wir morgen dabei sind

julia maria borkert wird mich mit
gesang und flöte begleiten

16. november 2013
Galerie Schlossfreiheit
hünerdorfer strasse 3
39590 tangermünde
beginn: 17:00 uhr (?)
 

grafik: sebastian harwardt