[ araukarienträume ]

März 19th, 2005


frankfurt, 14. märz 2005. besuch beim freund und
kollegen pablo ardouin, zurückgekehrt von seiner
winterreise, beschwert von sehnsucht, erleichtert
vom schmerz notwendiger erfahrung, wohl gebräunt
von der chilenischen sonne

 

pablo ardouin
 

mancher traum muss ausgeträumt sein, bis ans
ende, erwachend im schrecken, erwachend im an-
gesicht der araukarien, der weissen felsen, dort
wo der himmel ist, wie das meer: ohne wolken

dann, freund, dann zu sagen ’noch einmal‘, das
wäre mutig

vielleicht wäre das mutig
 

foto: frankfurt, 14. märz 2005


[ das unerbittliche auge ]

März 18th, 2005


marburg, 13. märz 2005. ein café am ufer der lahn. war-
ten auf volker bradke, der sich verspätet

 


 

augenfällig: blaue hose, lotternd, baumwollhemd, grün
ein wollschal, schamott, fleckig, eng um den hals ge-
wunden, abgeratzte lederjacke, braun, ein unrasier-
tes lachen, laut, breit, eine schwarze wollmütze in die
stirn gezogen

ich: wie siehst du denn aus?
er: wie soll ich denn aussehen?
ich: na – so

es ist warm hier drin, doch er wird nicht ablegen. ge-
trunken hat er, in der letzten nacht; unmittelbar ge-
raten wir in streit

er: ich saufe nicht. ich trinke gern mal ein bier
 


 

an einem der nachbartische schnorrt er die zweite
zigarette

erkältet sei er, von daher komme seine erotische
stimme, sagt er und niest

vergessen scheint das vergangene jahr der exzesse
und der abstürze, der entgiftung, des entzugs, der
nachfolgenden exzesse. wir streiten. er nennt mich
einen dummkopf, springt auf: ich bin agil wie vor fünf-
unddreissig jahren

dann lacht er, wirft die arme auf, weit nach hinten
 


 

nein, ich folge ihm nicht in die kleine wohnung, um
seine neusten arbeiten zu hören, die mir längst be-
kannt sind

er: ciao bambino
 


 

fotos: besuch bei volker bradke
marburg, 13. märz 2005


[ nimm … ]

März 17th, 2005

das vorerst letzte stück zum download und hinein-
schnuppern in das aktuelle cd-projekt: die musika-
lische bearbeitung eines gedichtes

’nimm‘ (konzept/premix) (ogg; 1,2mb)


und ich danke euch für die vielen zuschriften: nein, ich
fühle mich dadurch nicht gestört oder belästigt, ja, eure
persönlichen kommentare interessieren mich, ja, ich
antworte in-der-regel-meistens-immer und nein, allzu
persönliches gebe ich nicht von mir preis, das ist sicher nachvollziehbar


[ seit gestern bin ich alt genug ]

März 15th, 2005

marburg, 14. märz 2005. volker bradke getroffen
 

du hast gesoffen, sage ich

was heisst denn hier gesoffen, schreit er mich an, am
morgen – nein: es war mittag – in einem marburger café

sage mir nicht, was ich tun oder lassen soll, schreit er
weiter, seit gestern bin ich alt genug
 

also; wir haben gestritten, kaum, dass wir uns trafen
 

kein photo heute, bitte, sagt er zum abschied. und, fast
möchte ich es zart nennen, flehend: ich hab dich lieb, ehr-
lich, sonst würde ich deine kitschmusik nicht mögen


[ lang ]

März 15th, 2005

lang gelebt
lang gekämpft
lang gedacht
lang geschrieben
lang geblieben
lang verstiegen
lang getrieben
lang gewesen
lang geträumt
(ach nein; eher selten)
lang gesoffen

und so trennen sich die wege
vom selbst

fast wie von selbst
 


traurig für volker bradke
(frankfurt/main, 15. märz 2005)


[ dreizehn ]

März 11th, 2005

‚dreizehn farben‘, sagte sie, nach
ihren liebsten wünschen gefragt

da fanden sich freunde und freund-
innen zum kreis, ratschlagend, wie
sie wohl zu beglücken sei: aquarell-
oder öl-, mauerfarben, gar puder
für den augenschatten? mit den
farben des firmamentes hätten sie
das rätsel beinahe gelöst. doch wie
extrahieren, wie ausziehen, wie
verpacken zum geschenk? weitere
insistierende fragen unmöglich, so
beschieden die freundInnen, weil
sich liebende wunsch und bedarf
erkennen, ohne das laute wort

ein einsames fest würde es ge-
worden sein; die dreizehn farben
des wir, ihr traurigen narren, ihr
schamvollen, blieben auch diesmal
ungehört. so zog sie weiter, wie
stets, und ohne den abschied


[ niemands land ]

März 10th, 2005

neulich
ist ein boot gestrandet
an meinem niemands ufer

der hoffnung müde, wand ich
die augen ab und lief
zurück zum wald

in dem
ein ofen steht
inmitten einer hütte

wärme gibt er mir
und spricht
dabei

neulich
zog ich alle segel auf wie
transparente gegen euren krieg

ich führte mein landschiff durch klippen
und brandung hinaus, erneut hinaus
auf die bewegte see

lasst ab; niemand
kennt die geographie meiner
meere so sicher, wie der stete wind

der sich vereinen will, seit je
mit den wellen, doch
ebenso: vergebens

habt ihr gehört, was die vögel sich zuschreien?
‚es ist geschafft‘, sagen sie


[ nimm einfach die ’12‘ und fahr irgendwohin ]

März 8th, 2005

– wunderlachen –
 

ein ‚danke ganz artig und lieb‘ für die viele post. das
tat gut

aber war das echt schon alles, was an lösungsvor-
schlägen bei mir einging, für das preisbewusst-rätsel?

soweit ich weiss, habt ihr noch ein paar tage zeit … na
los, ihr triefnasen – hoch mit den trägen hinterteilen und
her mit euren lösungen!!!
 

foto: magdeburg, 01. januar 2005


[ step away ]

März 7th, 2005

heute beim aufräumen gefunden: dein brief an einen
gemeinsamen freund, den jener mir gab, anstatt ihn
fortzuwerfen

(nein, deine briefe darf niemand wegwerfen)

ich habe ihn gelesen

(aber ich verstehe ihn nicht. was wolltest du wirklich?
warum hattest du ihn geschrieben? du wusstest, dass
ich ihn – irgendwann – bekommen würde?)

es ist zu spät

beim forträumen in diese metallkiste, die die wenigen
gegenstände birgt, die mir wichtig blieben, schiebe ich
den brief zwischen fotos wie jenes von uns beiden, als
ich dich von der schule abholte. du hattest gerade dein
abitur gemacht. so hast du mich angelacht, genau so:
zufrieden. geschafft

auf der rückseite eines anderen steckt, in die rahmen-
leiste geschoben, ein kinderbild von dir. portrait in
schwarzweiss, und du schaust geradewegs in mich
hinein. wie immer. keine chance etwas zu verbergen

(heute gäbe es keine notwendigkeit mehr dafür)

zu spät

gestern nacht erst hier angekommen, hab ich das
gefühl weiter fahren zu müssen, deinen blick zu
vergessen


[ traumzeit ]

März 4th, 2005

‚du bist ein wenig älter geworden‘
sagst du

‚ja‘
– du bist auch nicht mehr bei mir, denke ich –
sage ich


[ der morgen ]

März 3rd, 2005

der morgen bricht erst an, wenn du gekommen bist
mit schnee, mit regen, mit kälte, mit schweigen
wenn zu verstehen ist, was ‚ich bin gegangen‘ heisst
was das geheissen hat, dann bricht er an

der morgen bricht erst an, wenn du gekommen bist
das bild malt selber sich in deinen farben nicht
das zu verstehen gibt, was ‚ich bin gegangen‘ heisst
ich bin gegangen, viele male schon
so viele male nicht

der morgen bricht erst an, wenn du gegangen bist
zurück, zurück und endlich durch die
türen, ganz allein
zieht man krawatten an, kann man ersticken dran
wer immer seine suppe isst, bleibt klein

… ai …

dein pinsel zieht den regenbogen übers firmament
du malst den abschied und du willst es und du
weisst es doch
man kennt den mistral nicht, man fragt nicht ‚comment vas-tu?‘
wirf deine tränen mit ins grab – dann geh

der morgen bricht erst an, wenn du gekommen bist
mit schnee, mit regen, mit kälte, mit schweigen
wenn du verstanden hast, was ‚ich bin gegangen‘ heisst
was das geheissen hat, dann bricht er an
der morgen

… ai …

der morgen bricht erst an, wenn du gegangen bist
zurück, zurück und endlich durch die
türen, ganz allein

zieht man krawatten an, kann man ersticken dran
wer immer seine suppe isst …

für dich. kopf hoch, mein freund


[ als ich bei dir war ]

März 3rd, 2005

peter griggs gab mir gestern eine aufnahme, vor einem
monat als grundlage für proben bei ihm eingespielt

etwas für liebhaberInnen: aufgenommen in peters
arbeitszimmer, nur stimme und karl-heinz-neudel-gitarre
(modell ‚peryton I‘), mit handygeräusch am anfang, gänz-
lich ohne weitere bearbeitungen: peryton pur

‚als ich bei dir war‘ (03-02-2005) (ogg; 6,9mb)

[ lass vorüberziehn ]

März 1st, 2005

ich bin in eile. aber die zeit muss reichen für das für
heute versprochene (mit einem gruss an dich, julia
und einem dankeschön für deinen lieben gästebuch-
eintrag)

‚lass vorüberziehn‘ (konzept / premix) (ogg; 3,8mb)

… und wer mich heute noch sehen will, muss mich auf
der autobahn überholen. mehr ist einfach nicht drin


[ advent – oder: dann kann ich bleiben ]

Februar 28th, 2005

– georg und daniel –
 

damit die zeit bis zum erscheinen der cd verkürzt
wird, damit das dauernde genörgel ein paar momente
lang leiser wird (‚wann kommt sie denn endlich raus?‘
– jajajaaaa!!) und damit ihr seht, dass die arbeit an
der neuen cd vorangeht, gibt es ab heute und in den
kommenden wochen einige peryton-hörhäppchen

die neuen titel geben einen ersten eindruck; schnell
zusammengestellt, vorläufiges konzept. eben zum
hineinschnuppern: so, etwa, wird ‚die neue‘ klingen …

‚dann kann ich bleiben‘ (konzept/premix) (ogg; 5,2mb)

(… und hier geht’s zum text …)
 

originalfoto: thomas vallentin©
‚caféte‘, magdeburg, 11. märz 2004


[ wenn ich erwache, bist du fort ]

Februar 27th, 2005

ich träum nicht mehr von dir, hat sie
gesagt und zwischen uns stand diese
leere, die verzweifeln lässt und liess
– es war wie damals

keine träume mehr, bitte

aber die morgensonne strich warm
über den schnee. alles wie damals


[ mauerfarben ]

Februar 20th, 2005

– one through one –
 

one through one, hindurchgeschaut, vorbei: mauer-
farben. es sind nicht fragen, die mich quälen, es ist
dies schweigen, das erinnerungen tonlos macht. film
ohne farben: wo gelebt und wann? ‚warum‘ will
niemand fragen; ich, für meinen teil weiss: un-
romantisch war’s, gewiss. coitus interruptus, siebter
treffer: ich

one through one, vorbei geschaut, hindurch: bitte-
schön, was bleibt, wenn auf den punkt geschaut wird?
ja. wir fragen lieber nicht; zu deprimierend ist das
leben aller nachbarn, falls wir nicht weiter schaun, als
nur auf den moment, da sie die ausgangstür des
supermarkts passieren, elektrisch auf- und zuge-
schoben, hinauskomplimentierend ohne laut: die
nächsten bitte! früher, ja früher schwangen türen
auf und zu mit schellen oder glockenklang

one through one, angeschaut, selten, zu selten, ja;
sofern die fragen sich verschweigen, fällt uns das
schauen leichter, dran vorbei. es stellen sich die
fragen nicht – die wir vergessen, wie den ersten
blick, das erste zittern und den ersten herbst, den
wir begrüssten, als vereinsamende zeit – vorgegeben:
wir müssen uns ertauben. der morgen wirft den
vorwurfsmantel über und besetzt das bad, der
abend zieht zurück sich in empfindlichkeit; es ist ein
vorurteil, dass nur die frauen litten, an unpässlich-
keiten aller art, an sehnsucht, die in bitterkeit
heranwächst zum skorpion, der sich den stachel
selbst eintieft: ich werde alt und räche mich
an dir, geliebte

one through one, nun bin ich scheissenalt und traue
langsam mich, auch morgens in die augen mir zu
schaun; es hat doch seine zeit gebraucht, bis ich
gelernt, bis ich verstanden habe, was trotz aller
salti unveränderbar, auch nicht durch flucht in wilde
phantasien, durch namensgebung nicht, durch hin-
gerückte ohren nicht, nicht andre lebenslügen, nicht
in vivo, jedenfalls: das eigne sein. die nase, die der
vaters gleicht – verflucht, das alte stück! – verliert an
wirkung, irgendwann; ich mag sie, weil sie nicht mehr
wegzuwünschen ist. das klingt banal? es ist. ich
mag den grauen nachbarn, wie er durch die türe
schleppt, an seinen tüten hängt, die stöckelsohle an
der strassenkante bricht – ich nehme seine alltags-
abenteuer als die meinen und freue mich am altern
deiner augen, die ich liebe, mehr und mehr; ein
wenig, glaube ich, auch um des alterns wegen
 

foto: heidelberg, 30. januar 2005


[ relationen / genua – albino feat. nemo & peryton ]

Februar 18th, 2005

ein vorgeschmack auf albinos release-party, die heute
abend in kiel steigt, zum (na klar!) kostenlosen download

‚relationen / genua‘ (ogg; 4,4mb)

‚relationen / genua‘ wurde im vergangenen herbst in der
couchzone (kiel) aufgenommen. der titel ist eine gemein-
schaftsproduktion von albino (matthias albrecht – text) &
peryton (georg hemprich – text) & nemo (björn högsdal –
musik + text)


[ loop ]

Februar 17th, 2005

ein salto in der nacht, ein abschied
nachgeträumt, der im fernen liegt, der
niemals so gewesen ist, in den traum
gesetzt, in die unbekannte stadt. nein
sag ich, ich will es nicht, nicht wieder
nicht immer wieder. ich weine nicht
ich sterbe nicht; all das war früher

ein sonnenwarmer hang zum fluss hin-
ab, der sandweg, den es nirgends gibt
granit und kalk, lavendel: wir werden
hier niemals zu zweit, gemeinsam sein

der morgen bringt das kalte wissen:
den schnee zeigt er, den nächtens
hingeworfenen, die harten tage, wege
voller schmerz. ich weine nicht. ich
sterbe nicht; all das war früher

originalfoto: leipzig, mai 2001
copyrights: cosima fuchs © 2005

[ privat exhibition ]

Februar 16th, 2005

– one –
 

– chapter one: one –
geschnappt und gefärbt

– chapter two: to –
’schau mal: die sonne lächelt, der schnee weint sich
wech vor glück und die vögeleins üben schon singen
… alles wieda guttt???‘

– chapter three: from –
‚was alles andere angeht, mach dir keine Gedanken‘

– chapter four: about –
ein ende

– chapter five: forwarded (to remember) –
‚Du siehst da beinahe
so glücklich aus
wie der Kater‘
 

foto: heidelberg, 30. januar 2005


[ planestopping ]

Februar 15th, 2005

– oder – [ in deutschland fliegen keine steine, nein ]

nein, in deutschland fliegen keine steine, nein – in deutschland lässt mann steinigen: mann schiebt ab. schöbe ab, wenn da nicht ein flugzeugpilot sich weigerte, seine fracht, das schandopfer mittelalterlicher moral, zur hinrichtung zu bringen

zahra kameli sollte nach dem willen des ‚bundesamtes für migration und flüchtlinge‘ sowie der niedersächsischen landesregierung am 10. februar 2005 in den iran abgeschoben werden, wo ihr wegen konvertierung zum christlichen glauben sowie ehebruchs die steinigung droht

wir ziehen daraus die drei nachfolgenden erkenntnisse

erstens: piloten können abschiebungen verhindern

zweitens: ziviler ungehorsam ist ein legitimes, ein notwendiges mittel, um staatsgewalt zu brechen. auch in deutschland

drittens: sexismus und geschlechtsspezifische verfolgung finden überall statt. selbstverständlich und unverhohlen auch in fünftausend-neonazis-können-in-dresden-paradieren-land

=> weitere informationen zu zahra kameli