[ an j. ]

Juni 6th, 2006

es tut gut, von dir zu lesen. deine worte geben mir
augen, füllen leere auf, die sich ausbreitet mit
klebrigem schwarz zwischen meinen kopfzeilen

(auch wenn ihr das noch nicht bemerktet, weil ich
schauspieler bin, ein lügner, täuscher bin, ein
peryton: ihr seht den schatten und erfindet mär-
chen, zeichen, kreuze gegen eure namenlose angst)

du lernst das fliegen, ich lerne das schweigen


[ und heute fröhlich ]

Juni 5th, 2006

ach, lass mich einfach zufrieden, sagt sie ton-
los, wie nebenbei gesprochen, nur, weil ich
zwei-, dreimal wiedersprochen habe (das sind
die schwalben, nicht die fledermäuse). scheiss
foltermaschine! ihr ruf klingt fast fröhlich, be-
vor sie mit nachdruck die tür zu ihrem zimmer
schliesst


[ am weiten sand ]

Juni 4th, 2006

die insel war dein traum, nie meiner. auch wenn ich dir
dorthin gefolgt bin, weil ich wissen wollte, wie sich der
echte sand anfühlt, von dem du mir erzähltest, seit den
ersten ausgeschwiegenen momenten, also wenn worte
sich versäumen, wenn das schweigen eintracht bringt
und eine nähe, die den blick gefährlich ändert; entgeg-
nen wirst du mir, ich sei vorausgegangen – und du hast
recht, ich will nicht streiten, hinterher, wo aller grund
zum streiten zur vergangenheit geworden ist: gescho-
ben hast du mich. oder – im gefühl der zeit gesprochen –
wir sind den irrsten träumen nachgelaufen, nachge-
sprungen, haben uns verlaufen, wie die kinder, in den
hingeträumten wäldern, zwischen dünen haben wir die
spur verloren. oder war es zwischen feuchten wänden
im dachgeschoss, windreiche strasse einer stadt?


[ schmeiss wech! ]

Juni 3rd, 2006

ein weiterer kurzbeitrag zum thema ‚universelles leben‘:

1. informieren
2. runterladen
3. handeln


[ mein herz ]

Juni 2nd, 2006

heute verspätet. und sehr in eile; ich bin eigentlich gar nicht
hier. ich packe aus und um und ein und fahre gleich weiter

aber damit ihr durchatmen könnt – an meiner statt – tief und
träumend, bevor ihr weiterkämpft, natürlich, denn so strutz
und stramm kann das alles doch nicht bleiben, mit deutsch-
tümelei und fussballpatriotismus bis zum erbrechen und neu
erstarktem militarismus und hitlerjunge ratzinger in polen …
bwoah

„mein herz“ (premaster)
(ogg; 2,6mb)


[ sagt der wind ]

Juni 1st, 2006

fröhlich bin ich, freunde und ich bin es nicht
versteht ihr? versteht ihr?

plötzlich war der abend über uns gekommen
das feuer war herabgebrannt bis auf die glut
ich habe dich beim wort genommen und entführt
so war ein tag zuende

es ist nicht so, dass wir uns wiederträfen, später
wir müssen uns verlieren, irgendwann
und nach der logik unsres daseins ist das gut
es stirbt mit uns die zeit

nimm dir einen tag
nimm dir einen tag zurück ins leben

plötzlich stand der abend über uns
das feuer war ausgebrannt bis zur kalten asche
ich legte deine hand in meine … ewigkeiten
eine amsel sang für dich. so war der tag am ende

und irgendwo, irgendwo
ist eine kerze ausgeblasen

sagt der wind


[ eine frage (nach) der motivation ]

Mai 31st, 2006

meine seitenstatistik erlaubt ziemlich tiefe einsichten
in das leseverhalten von besucherInnen des peryton-
weblogs. wenn ich euch jetzt verrate, dass eine der
regelmässigen besucherInnen als mitglied der sekte
‚universelles leben‘ erkannt ist, die ich mit gezirkeltem
spott
begiesse …

ehrlich gesagt, mir ist das durchhaltevermögen dieser
person rätselhaft. ist sie eine miserabel getarnte spio-
nin? oder braucht diese person die permanente be-
schimpfung? bin ich zu freundlich? missverständlich?
oder sucht ein armer mensch vielleicht kontakt, eine
hoffnungsvolle tür, die haltende hand für den ausstieg?


[ dann kann ich bleiben ]

Mai 30th, 2006

es ist nicht so, dass ich nur in der gegend herumfah-
re, dem müssiggang frönend … wer meinen blog so
versteht, liest nicht genau genug zwischen den zeilen

natürlich arbeiten wir immer noch an der neuen plat-
te, aber wir lassen uns mehr zeit als eigentlich dafür
vorgesehen war. auch der titel wird anders heissen als
geplant. hier der (neue) titelsong in einer schon fast
fertigen version

und weil ich weiss, dass sie dieses lied von anfang an
mochte, schicke ich ihr hiermit einen gruss, etwas ver-
spätet, für ihr ankommen im hier und jetzt und heute
oder in der zeit

„dann kann ich bleiben“ (premaster)
(ogg; 5,0mb) (lyrics)


[ unerreichbar blieb ich ]

Mai 29th, 2006

ein buch, eingeschlagen in zeitungspapier
(darmstädter echo, 11. september 2001)
die ränder abgestossen, ausgefressen von
der zeit, fand mich in vergessenem gepäck

in seiner sprache erzählte es von dir. wort-
los du, gabst du mir; unerreichbar ich, blieb
ich unerreicht. hättest du gesagt, ich bin
, ich wäre taub gewesen


[ aus meinen augenwinkeln ]

Mai 28th, 2006

ich bin die m., hat sie zu mir gesagt, sagte er und
schüttelte dabei den kopf, verneinend. achtund-
dreissig jahre sind wir verheiratet und heute ver-
rät sie mir, wie sie heisst

aus meinen augenwinkeln drängen tränen, heiss
und brennend. dann, nachdem ich entschieden
habe, dass dies mir nicht peinlich sei: was bist
du nur für ein alter trottel


[ gehe nicht über los ]

Mai 27th, 2006

zurück zum anfang. aber nicht über
los. keine prämie einziehen. oder
doch einmal aussetzen? (endlich?)

im regen zurückzukehren macht
mich depressiv. das haus scheint
leer, so leise, dass die wände mit-
einander reden

ich habe dich gesehen, ganz früh
morgens, sagt sie und ich zweifle
dran. (ich? frühmorgens?? das kann
nicht …) wirklich, sagt sie. und ich
raste mit meinem fahrrad quer über
die kreuzung, ohne auf die autos
zu achten – die fuhren mich dann
beinahe tot; aber du bist weiter-
gefahren, ohne mich zu bemerken

sagt sie. das telefon macht alles
wärmer, irgendwie. aber meine
zweifel bleiben


[ (nach dem regen) ]

Mai 26th, 2006

der stift gräbt sich fest im wort:
zum weiterschreiben brauche
ich distanz. rückfahrt morgen

(nach dem regen riecht die luft
nach erde unter schnee. ich
träumte ohne abschied. fremde
menschen wünschten mir heut
einen guten morgen. nach diesem
regen riecht die luft nach deinen
haaren, heimlich und verborgen)


[ vor dem regen II ]

Mai 25th, 2006

die wellen rollen steine
an ihr ufer, ruhelos °
sie werfen sich zurück
im zwei-sekunden-takt

durch braunes wasser, auf-
gebrandet, gehen, bis ich
den grund erkennen kann, die
steine, dann lasse ich mich
fallen, schreiend vor kälte
und übermut

und der wind dreht von süd-
ost nach südwest, schiebt
eiswolken schleiernd vor das
licht, kinder lärmen heran, so
dass ich mich bedecke mit
den alltagskleidern und
meinen abschied nehme
wie einen letzten gruss

° – (ogg; 4,2mb)

[ im abendgesang ]

Mai 24th, 2006

einen kreis machten wir
im abendgesang. über
uns stand eine pyramide
tanzender insekten

ein dreieck haben wir
gemacht aus blicken
die ecken aus drei zeiten
und dennoch

heute
gründen wir
ein haus unter
bäumen



[ vor dem regen ]

Mai 23rd, 2006

da unten sind nur alte weiber, sagt in breitestem dialekt
ein mensch, der mit fragendem lächeln über mich herge-
fallen war, nachdem ich rückwärts in eine schattenlücke
eingeparkt hatte. joa, gibts diese dinger denn noch?
hatte er gefragt, als ob er einer leibgewordenen fatamor-
gana technischen wahns gegenüber stünde, und seine
unüberhörbar an die motorhaube tippenden fingerspitz-
en schlossen die verneinung aus – also ein hier einge-
wurzelter sachse, seine entblösste beleibtheit über die
gürtellinie einer tuchhose fallen lassend, fünfundfünf-
zig, dabei achtundvierzig mal umgezogen, eltern ’61 rie-
berjemacht (gen ost), er also driem‘ auf die schule und
dank ’navi‘ in seinem geschäftsauto sicher vor polizei-
lichen radarfallen. wir hatten unsre koarten immer da-
bei, da gabs dann gleich zwei stembl rinn und bei finven
wohr schluss: fiehrerschein wech fier ein joahr, sagt er
und schlägt sich rhythmisch eine lange schlüsselstrippe
über die schultern auf den ebenso fleischigen rücken
gegen die gewitterfliegen. zum strand will er, fragt mich
ob ich auch … während ich das rolldach zu schliessen
versuche, das sich sträubt, versteift in spontaner unlust

ich muss mich vorher noch etwas hübsch machen, sage
ich, das autodach meinend, sonst regnets rein. (denn
hohe wolken ziehen auf, von west) er lacht. ouuh – da
unten sind nur alte weiber. (er wartet)

und dann erreichen wir eine weggabelung, ich entwei-
che nach links, er verabschiedet sich geradeaus, den
männlichen blick zum seeufer, den dort lärmenden ent-
gegen, vermute ich, und dem panorama der schweizer
berge, das in graublauem dunst verschwimmt


[ auf dem friedhof ]

Mai 22nd, 2006

fröhlich bin ich, vater, und ich bin es
nicht, verstehst du? zu viele abschiede
als dass ich glücklich wäre

es ist nicht so, dass wir uns wieder-
träfen, später, nein; wir müssen uns
verlieren. und nach der logik unsres
daseins ist das gut. es stirbt die zeit

aber es schmerzt mich. jetzt. es ändert
nichts, bei dir zu sitzen, aber es tut gut

das grab ist etwas eingefallen, die
blütenstengel neigen sich zur mitte
hin, im sonnenlicht erscheint der
moderduft noch fetter, der ganze chor
an frühlingsvögeln tiriliert, eidechsen
huschen lautlos
über polstergrün, tau-
chen zwischen steinen ab und irgend-
wo ist eine kerze ausgeblasen, sagt
der wind


[ zu gast bei freunden, morgens um halb drei ]

Mai 21st, 2006

morgens, 2:37 uhr. die scheiben des autos sind von
aussen grell erleuchtet. fäuste trommeln gegen das
blech. ich habe sie längst kommen hören, diese
trottel, und schäle mich langsam unter den decken
hervor. dann die immer gleiche zeremonie: denen
vergeht das dumme grinsen schnell. ich bin nicht
freundlich, zu den deutschen freunden, wenn sie
es sich herausnehmen, auf meine kosten ‚bulle und
terrorist‘ zu spielen, von polizeiautos eingekeilt und
offenmäulig glotzenden uniformierten, hände an
den knarren, ein halbes dutzend schäublekranke
schimanskis, des nachts auf einem parkplatz am
südrand von klein-amerika

nein, ich öffne die türen nicht. wozu auch. ich lasse
meinen personalausweis durchs fenster fallen und
teile ihnen mit, dass sie dreiste arschlöcher sind –
allerdings ohne das wort auszusprechen, denn ich
bin ein sparsamer mensch

’staatswichser‘ denke ich im einschlafen. und ich
schlafe sofort wieder ein, denn an zwischenfälle
dieser art
bin ich inzwischen gewöhnt, nachts wie
tags
, überall in deutschland

[ bundeskriminalamt ]

Mai 20th, 2006


 

in einem innenhof, hinter stacheldraht, hinter zäu-
nen, hinter kamerawächteraugen, unterhalb des
dammes, strebt eine gruppe schwarzgekleideter
schwarzen limousinen zu. ich forme mit meinen
händen einen schalltrichter: ihr seht scheisse aus!

für die dauer eines augenblicks erstarren sie, gleich
vögeln beim anprall gegen unsichtbares glas, dann
setzen sie ihre bewegungen scheinbar unverändert
fort

doch etwas war geschehen. für einen zeitschlag aus
dem gleichgewicht, angesichts ihrer ruhigen geschäf-
tigkeit im bewusstsein der macht, war ich unpräzise

das folgende wäre angemessen gewesen, jedes wort
eingrabend wie eine tätowiernadel: eure bundes-
kriminalamtsfressen sehen scheusslich aus wie
bundeskriminalamtsfressen!

und dann die hände wieder vom mund nehmen und
abwischen, mit einem taschentuch, und ausspucken
den bitteren geschmack einer beschimpfung und
weitergehen, ehrlich bleibend, meine ziele im sinn
 

foto: bundeskriminalamt
berlin, 20. april 2006


[ tränen? später ]

Mai 19th, 2006

die nachricht kam auf der autobahn. per telefon. mit
ihr die erkenntnis, nicht – nicht mehr – eingeladen zu
sein. aber – aber – aber – verstümmelte sich meine
sprache. dann sass ich still, lauschte meinem atem

ich trete mein herz hinunter, trete das gaspedal aufs
bodenblech und fahre weiter. weiter. hinabtreten
und weiterfahren. immer geradeaus. (bilder im kopf)

später, irgendwann, brannte die abendsonne meine
wangen herunter, glühende spur, salzige sonne


[ kein fussbreit den faschisten! ]

Mai 18th, 2006


„Am 20. Mai 2006 will die Esoterik-Sekte Universelles
Leben in Heidelberg eine Demonstration vom Bismark-
platz aus durch die Altstadt durchführen. Dazu mobili-
siert sie mit Plakaten niedlich dreinblickener Tiere, auf
denen vermeintlich tierrechtsbewegte Slogans wie
‚Menschen, esst kein Fleisch!‘ und ‚Nieder mit den
Schlachthöfen!‘ prangen. Die Absicht ist klar: mit einer
an die Tierrechtsbewegung angelehnten Symbolik und
Rhethorik soll versucht werden ökologisch eingestellte
Menschen, TierfreundInnen, VegetarierInnen und
andere für die eigenen Ziele zu gewinnen (…)“

dieser text findet sich auf dem entwurf eines flugblattes
einer antifaschistischen gruppe im raum heidelberg, der
mir eben zukam. auf diesem flugblatt wird ausführlich
über den „autoritär-faschistischen Irrationalismus“ der
sekte berichtet

damit wurde die sekte ‚universelles leben‘ endlich auch
von antifaschistisch aktiven als akutes angriffsziel ent-
deckt. hoffen wir, dass der bekannte slogan ‚kein fuss-
breit den faschisten‘ in heidelberg verwirklicht wird!