irgendwie fühlt es sich gerade
so an. alles ohne wehmut
(und ohne den schnee)
foto: oderbruch, 22. februar 2005
irgendwie fühlt es sich gerade
so an. alles ohne wehmut
(und ohne den schnee)
foto: oderbruch, 22. februar 2005
nun wäre die ruhe zum schreiben und der ort. weit genug
entfernt, genug zeit zu schlafen, ein ofen wirft unablässig
wärme aus und in der gemeinsamen küche quillt der run-
de tisch über von bestecken, tassen, aufgerissenen brief-
umschlägen neben einer vielzahl veganer leckereien. vor
dem fenster malt die sonne helle schatten auf rohe ziegel-
wände
die bilder finden keine wortwege hinaus und das taube
herz pumpt blut. würde mein kopf nicht ohne unterlass
durchspült vom rauschen des tinnitus, sagte ich: es ist
eine stille in mir
laufe ich in mir davon?
biermann, zu alter kollege, nun hast du dich adeln las-
sen, ans kreuz der feinde nageln lassen, endlich. lange
musstest du heulen, stimmgewaltiger heuler, bis sie
deine rosa seele einverleibten wie der teufel das weih-
wasser zur mitternacht
es ging das vergessen dir so leicht vom kopfe an die
brust, dass ich ein traulich lied gedrechselt aus geklau-
ten reimen, von ehedem, als deine zähne noch zu knir-
schen vermochten mit den ehrlichen worten. so glaub-
ten manche, damals
[ abgesang ]
du lass dich nicht einkaufen
in dieser kaufmannszeit
die allzu billig sind singen
die allzu willig sind hängen
hoch und fallen mit dem kniefall
ab in vergessenheit
(für wolf biermann, anlässlich der verleihung des
bundesverdienstkreuzes am 15. november 2006)
wenn ich nicht zuordnen kann, von wem ich geträumt
habe, macht mich das unruhig. am ende war ich mir
sicher, dass du das warst. wir beide auf einer reise
durch herbstliches land, barfuss, selbstverständlich
es ist der alte widerstreit in mir. lasse ich einen men-
schen in mein leben? lasse ich dich in mein leben? am
liebsten lebte ich ungestört weiter, als ob nichts pas-
siert sei; aber etwas ist passiert: ich habe geträumt
foto: ein riss in der fassade
tangermünde, 25. oktober 2006
er schaukelt ein wenig vor und zurück, seine hände liegen
gefaltet im schoss, während er erzählt. unter dem blauge-
streiften baumwollhemd, das ich als eines meiner alten
erkenne, zeichnet sich die kugelform seines bauches ab
der ist gewachsen, denke ich. und dann sehe ich mich dort
sitzen, hände im schoss gefaltet, die kugel haltend oder
meine hände auf ihr abgelegt und stelle mir den blick von
oben vor, auf diesen bauch unter blauen streifen. das ist
die frage, die mich im augenblick beschäftigt, sagt er und
ich sehe seine augen meine finden, der worst case, sozu-
sagen
ja, nicke ich, worst case
während wir durch den wald liefen, warf ich einen jäger-
hochsitz um. das geht einfach und schnell, wenn du ein-
mal gelernt hast, wie das gemacht wird. irgendwie war
das ganz normal für mich. die mich noch nicht kannten
schienen ein wenig verwirrt; aber wenn du erst einmal
gelernt hast, was als normal durchgehen kann …
foto: tangermünde, 26. oktober 2006
eigentlich frühstücke ich nie, sagt sie, macht einen letz-
ten zug und drückt die zigarette in den breiten schlund
des aschenbechers, stellt ihn dann vom bettrand auf
den fussboden, wischt mit dem handrücken tabakkrü-
mel vom laken. eigentlich trinke ich nur einen kaffee
dann lacht sie, stösst sich in die höhe, öffnet die von
grauer jalousie verhängte glastür weit und jubelt ein
fröhlich klingendes ‚hallo‘ gegen den kühlen morgen
ab sofort gilt eine neue telefonnummer:
0049-175-8432672
ich lache nicht gern, sagt sie
– zögern – es ist anstrengend
und sie lacht dabei ein wenig
als ihre freundin, gegenüber, anfängt sich zu ereifern
über den unsinn einer schulaufgabe, sich heiss redet
im gefühl der machtlosigkeit, gegen alle disziplin rot
wird im gesicht, zu schreien anhebt, letztlich, da hat
sie zu lachen begonnen und hat ihre hände vor’s ge-
sicht gehoben, die wangen haltend, erschüttert von
einem krampfhaften beben. sie beruhigt sich erst all-
mählich, nachdem ich sie in meine arme genommen
habe, mit leisen worten tröstend, ihr gesicht in der
kuhle meines halses geborgen
du erwartest antworten auf deine sms, nicht wahr?
das liegt mir nicht; ich schweige. vielleicht ist das
eine frage der generationen, dass mir die stifte nä-
her liegen, die linien ziehen, wasseradern gleich ü-
ber das papier, flusslandschaft meiner gedanken. o-
der eine tastatur, tribut an deine laute zeit
du wartest und ich schweige … gern. träumend (so-
fern du das noch wissen willst) schweigend, wan-
dernd in den tälern
eine email-nachricht an mich, bericht von der ver-
suchten gewaltfreien blockade des castortransports
„So war das im Wald bei Schwetzingen. Wir wollten auf
die Fußgängerbrücke und waren drauf. von zwei Seiten
kamen wir, die Polizisten waren überrascht. Und sie
waren aggressiv. Aus einer Personalienkontrolle wur-
den 6 Ingewahrsamnahmen. Und eine Anzeige wegen
passiven Widerstands (ich finde das nicht im StGb es
wird also irgendein Spaß werden. Die Anzeige geht ge-
gen mich. Ich soll mich am Brückengeländer festgehal-
ten haben. Es wird lustig werden. Meine Schulter ist ge-
zerrt, weil ich mich hinsetzte und sie mich mit Gewalt
die Treppe runter brachten. Dann wurden wir nach
Mannheim gefahren und für eine Stunde in die Zellen
geschickt. Harte Holzbänke. Jetzt zu Hause, müde. K.
berichtete, habe jemand aus Dannenberg angerufen.
Vielleicht Du, vielleicht H. In jedem Fall Euch alles
Gute im Norden.
Hundemüdetraurigglücklich.
H.“
ergänzender link: ein nachtrag von vielen möglichen
für alle, die sich wundern, dass ich schon wieder keine
zeit zu finden scheine, auf emails zu antworten: ich bin
eingeladen, an den „9. liedertagen in boltenhagen“ teil-
zunehmen. titel: „poeten, proletarier, punks und pubs“
(veranstalter: liederleute e.v.)
der anblick des meeres lässt mich kalt. ein kanon wird
gesungen, zwei stimmen, der raum ist überheizt, mei-
ne gedanken tasten sich durch die strassen von l. gelbe
sonne fällt schräg über den augustusplatz, in meinen
lungen brennt der kohleatem dieser stadt eisig, in al-
lem bist du nah. und fern. graublau ist das meer, ohne
horizont. deprimierend
„Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat
einen weiteren Transport von 12 Behältern mit
HAW-Glaskokillen von der Cogema in La Hague
nach Gorleben genehmigt. Der Transport ist
vom 10. – 13. Nov. 2006 geplant“
quelle: www.widersetzen.de
aktuelle informationen über den verlauf / die reiseroute des
transportes, widerstandsaktionen, etc. findet ihr auch über
den castor-ticker
dann treffen wir uns also unterwegs oder dort, im wendland
ja?
das master der neuen cd ist fertig. ein verlag in bayern
erklärt sich bereit, die platte in sein programm zu neh-
men – unter einer bedingung: peryton soll mitglied der
gema werden
das hätte möglicherweise finanziell positive folgen für
mich, mit sicherheit aber negative folgen für meine ver-
ehrten ‚konsumentInnen‘: das freie kopieren und even-
tuell sogar das freie zur verfügung stellen von songs auf
meiner eigenen seite wäre (der unbegrenzte kostenlose
download für den privaten genuss) nicht mehr möglich
(aber ich suche nach alternativen)
aber meiner einschätzung nach wird die gema-debatte
in aller regel nicht in der form geführt, in der sie geführt
werden müsste: als eine politische. eine debatte über die
freie verfügbarkeit geistigen eigentums. dafür steht die
gema sicher nicht. auch nicht für die beförderung auto-
nomer (und) alternativer (und) kritischer kunst
nun seid ihr gefragt, meine kritischen konsumentInnen:
was tun?!?
ich bitte euch also um eure kommentare, tipps, ratschlä-
ge, meinungen. und zwar schnell!!!
einen halben tag später sassen sie noch immer
dort, am rande der wellen einer sanften bran-
dung und frühstückten, schienen die zeit ver-
gessen zu haben und die eiligere welt um sie
könnten sie ein foto von uns machen?, hatten
sie gefragt, als ich mit m. ans ufer gekommen
war, um diesen besonderen platz zu zeigen:
hier, schau einmal, früher …
so erfuhr ich ihre namen und so kamen wir in
ein gespräch und so freute ich mich an ihrer
ungewöhnlichen beharrung, ihrem genuss, an
ihrer jugendlichen schamlosigkeit, das lust-
volle in tiefen zügen gemeinsam zu geniessen
und – was alles mehrt – einander mitzuteilen
foto: frühstück am see
friedrichshafen, 09. oktober 2006
angelegentlich der tatsache, dass beide töchter
krank geworden sind im laufe ihres heranwach-
sens, dass um ihr leben zu fürchten alltag wurde
und um ihren verstand, angelegentlich der tatsa-
che, dass noch immer gerungen werden muss um
ein geringstes mass an normalität, möchte ich ih-
nen die frage stellen, frau xx, ob die frage nach
den ihnen bekanntermassen kenntlichen gründen
für diese speziellen formen der lebensuntüchtig-
keit jemals an sie gestellt wurde
und weiter: wie würde ihre antwort gelautet ha-
ben?
angelegentlich der situation, dass sie nicht mehr
davon laufen können, herr xx, würde ich sie ger-
ne fragen, wie es sich anfühlt, nicht mehr davon-
laufen zu können. wenn die fragen vor ihnen ste-
hen, hungernd, hand in hand, wenn die fragen-
den ihnen die augenlieder aufziehen und sagen:
schau. schau genau hin. wir können sehen, jetzt;
wir können reden, jetzt. wir können zur sprache
bringen, was geschehen ist
angesichts dieser situation, herr xx, würde ich
gerne von ihnen erfahren, ob sie noch ein wenig
appetit verspüren
nachtrag (07.11.2006): [ angelegentlich. die mutter ]