foto: tuning
seebühne westpark, münchen, 14. juni 2009
aufnahme: stephan rescher / nachrichten-münchen.de
copyrights: peryton & rescher © 2009
foto: tuning
seebühne westpark, münchen, 14. juni 2009
aufnahme: stephan rescher / nachrichten-münchen.de
copyrights: peryton & rescher © 2009
leider habe ich viel zu spät erfahren, dass die
„3. künstlerbuchmesse“ (19. – 21.06.2009) im
kloster schussenried abgesagt wurde – und so-
mit auch mein daran angegliedertes konzert
so kurzfristig kann ich leider keinen ausweich-
termin organisieren; bleibt mir einzig, bei allen
enttäuschten um entschuldigung zu bitten …
(ich bin ja selber ziemlich genervt, kann aber
nichts mehr an der situation ändern)
sonntag, 14. juni 2009
„konzertlesung“
seebühne westpark, münchen
( mehr infos )
beginn: 15:00 (!) uhr
freitag, 12. juni 2009
„konzertlesung“
lakuz
farbgasse 27, 4900 langenthal (schweiz)
( google maps )
beginn: 21:00 (!) uhr
freitag, 29. mai 2009
„konzertlesung“
forum2, münchen
( mehr infos )
beginn: 20:00 uhr
ans meer, sagtest du. ich erschrak. so ein-
fach geht das nicht, eben mal so ans meer …
(im folgenden erfand ich tausend ausreden)
als du das nächste mal bei uns warst, ignorier-
ten wir das aufziehende unwetter, ignorierten
wir das zögern, das zerren in den betagten ge-
lenken, sattelten wir sozusagen auf, ohne auf-
zusatteln und zogen los, einfach eben mal so
hätten wir nicht unterwegs deine kamera ver-
loren, wären wir nicht deshalb vorzeitig um-
gekehrt (um das wertvolle stück tatsächlich
wiederzufinden), wir hätten dein ziel erreicht
nein, wünsche versetzen keine berge; viel-
mehr bringen sie uns in bewegung, dich und
mich und die ewige famile auch, unsere alt
gewordenen, unsere jung geliebten begleiter
wohin?
ans meer
wohin??
irgendwohin
foto: ans meer
12. mai 2009
unser weg führt uns an einer alten mauer
vorbei, hinter der ein kleiner garten ver-
borgen liegt. das tor steht offen. zwisch-
en den schlanken steinen steht eine frau
in gebückter haltung. hohe bäume über
schmalen beeten, dazwischen rasen, licht-
durchflutete schatten. links ist ein gebäu-
de scheinbar aus der umfriedungsmauer
hervorgewachsen. ein mann tritt heraus
ob wir hereinkommen können, frage ich
seid ihr jüdisch?
nein; ich bin seit sechsundzwanzig jahren
hier vorbeigelaufen, ohne jemals einen
menschen angetroffen zu haben – und ich
würde doch so gerne einmal hineingehen
nein, heute geht es nicht, aber wir verab-
reden ein telefonat. und der mann wendet
sich wieder dem inneren des gartens zu
seid ihr jüdisch? ein kräftiger, grauhaariger
mann fortgeschrittenen alters ist neben uns
stehen geblieben, weist mit der hand in den
garten: die meisten sind russen. ich bin grie-
che, wohne seit dreissig jahren hier und ha-
be diesen ort noch nie gesehen. heute, zum
ersten mal … ja, die tore sind geöffnet
nein, sagt er, er sei agnostiker. glaube ist
etwas für die dummen. mit glauben ver-
dienen manche geld. ich bin selbst genug
er tippt mit den fingern auf seine brust:
wer ein bisschen gehirn im kopf hat und
zuhören kann und und schauen und sich
etwas merken und wenn man in der welt
reist, dann braucht man keine universität
und dann braucht man keinen glauben
wie wir auf die erste, die griechische demo-
katie zu sprechen kamen, die freiheit nur
den mächtigen zubilligte, nicht ihren skla-
ven, weiss ich nicht. wir mochten uns, wir
plauderten und warm schien uns die sonne
ich: die leute hier im norden haben kein
geld, keinen geschmack und keine kultur
er: aristoteles hatte eben recht, als er sag-
te, unter zwanzig grad wächst keine kultur
so stehen wir vor dem tor zum jüdischen
friedhof in der sonne und sprechen mit ei-
nem unbekannten. dann tauschen wir un-
sere namen, verabschieden uns herzlich
alte bekannte sind sie, die sich noch zu mö-
gen scheinen, sagen wir und schauen zu, wie
sie miteinander spielen, neugierig wie kinder
später werden wir schweigen, uns halten, ver-
wundert, wie wir es aushalten konnten, nicht
gehalten zu sein; das ist uns das schlimmste
vor dem kühlregal mit den üblichen verwesen-
den fleischwaren bleibst du stehen, hechelst
wie ein hund, weit heraushängende zunge, ich
muss dich fortziehen, fortschieben, mit dir rin-
gen, bis zur kasse, lachend, atemlos und die
leute, die schauen, schauen sehr befremdet
irgendwie kommen wir immer wieder auf den brad-
ke zu sprechen und dann gebe ich gerne zum be-
sten, wie er mich eines morgens in einem marbur-
ger café ansprach, als ich an irgendwelchen tex-
ten arbeitete, wie ich ihn also kennenlernte ohne
zu wissen, wer er war, wer sich mir da vorstellte
er aber wusste; erzählte mir später oft – zornig –
wer er gewesen war, oder besser: was
da hatte ich jenes photo schon gemacht, das ihn
zeigte, wie er mir erschien: undeutlich. unscharf
sich auflösend. weil er soff; weil er, wie ich bald
erfuhr, es nicht ertragen hatte, nie so viel, nie
dem gleich geworden zu sein, wozu ihn 1966 ein
gerhard richter gemacht hatte: zum kunstwerk
richter hatte ihn herausgehoben aus dem zettel-
kasten seiner zeit, herausgehoben ins licht öffent-
licher betrachtung – wie vordem andy warhol eine
suppendose – hatte ihn gehalten, bis diese geste
ausreichend gewürdigt worden war und ihn fallen
gelassen, sich neuen aufgaben zuwendend auf
seinem weg berühmt – unbezahlbar – zu werden
eine der vielen wahrheiten, die stets im nachhin-
ein dazu gefunden werden, ist, dass der richter
den bradke nicht leiden konnte, diesen am rand
der düsseldorfer kunstszene herumschlacksenden
studierten mit hornbrille, der sich anschickte, lek-
tor zu werden. für richter war er das abbild des
spiessers, ein belesener schwätzer vielleicht, ein
intellektualisierter kleinbürger mit marxistischem
bildungshintergrund. aus rache an ihm, stellver-
tretend für seine zeit, vermute ich, hat richter
sein konterfei vom photo abgemalt, ein filmchen
gedreht, zwölf wackelige minuten lang, hat ihn
ins zentrum einer ausstellung gesetzt, den brad-
ke, der den ruhm nicht würde ertragen können
der in bedeutungslosigkeit würde zurückstürzen
müssen, weil er gegen die kunst eines der gross
werdenden nichts zu setzen hatte; der aushalten
musste, wie sein abbild im kunsthandel steigen-
den wert erfuhr – heute liegt er geschätzt bei ei-
ner million englischer pfund. so viel geld für sein
gesicht auf leinwand, während er selbst in der
mitte jedes monats regelmässig die stütze ver-
soffen hatte in den phasen der depression, ver-
schenkt in den phasen der manie; der sich ver-
schuldete, der verfiel, weil einzig der alkohol bei
ihm blieb, als niemand mehr da war, seinen an-
fangs noch kraftvoll spitzzüngigen, ja, durchaus
originellen aphorismen zuzuhören
niemand brachte ihn, seine kleine kunst heraus;
niemand wollte wirklich hören, was er zu sagen
hatte; vielleicht wollte man an ihm sehen, wie er
als kunstwerk geschaffen war; vielleicht auch
hat man ihn als person einfach nur vergessen
auch ich habe ihn sich selbst überlassen. unseren
gemeinsamen auftritt am 03. november 2003 in ei-
ner kleinen und wohl nur darum gut gefüllten mar-
burger kneipe meisterte bradke nüchtern – zum
erstaunen aller, die ihn näher kannten. schon am
nächsten tag war alles wie zuvor. vielleicht aber
erinnere mich mich nicht richtig und er hielt zwei
tage länger durch, bis er in seine trunkene ein-
samkeit zurück sank. hielt ich ihm seine haltlosig-
keit vor, beschimpfte er mich. so stritten wir oft
immer ging es ums ganze. „gerade weil ich dein
freund bleiben will“, sagte ich, „werde ich nicht
zuschauen, wie du dich totsäufst“. und ging fort
so hat die kunst ihn getötet. ein gerhard richter
– oder dessen kleinlichkeit – hat ihn 1966 zum
ersten mal hingerichtet; einer wie ich tat es ihm
gleich, gut vierzig jahre danach, mit gnadenlosem
voyeurismus. vielleicht haben wir das so nicht
gewollt; aber gebraucht haben wir ihn allemal
man braucht die bradkes immer
foto: volker bradke
marburg, 29. september 2004
du bist dir treu geworden, sage ich. erwach-
sen, denke ich. sehe sie in jedem detail: sie
ist einsam geblieben; hat sich eingerichtet
sonnenlicht schlägt durch die schrägen fen-
ster. ich sollte sie mit aluminiumfolie zukle-
ben, sagt sie, oder wird es dann zu dunkel?
auf dem dach gurren die tauben laut und
wecken mich vor der zeit. so kann ich sie
schlafend sehen, klein, eine decke im arm
dringende reparaturen stehen an; darum bin
ich heute ans ende der welt gereist: hierhin
angesichts der durch papst benedikt, den zum
stellvertreter gottes empor gestiegenen hitler-
jungen ratzinger, angestrebten modernisierung
der kirche, die er mit 3000 experten anschieben
will, also einer neuen linie in der katholischen
kirche, die exorzismus für ein probates, ein mo-
dernes mittel hält, seelische probleme seiner
schäfchen angemessen zu behandeln, ist die
eindeutige ablehnung zu begrüssen, mit der
beim berliner volksentscheid die initiative „pro
reli“ scheiterte, die den religionsunterricht wie-
der zum schulischen pflichtfach erheben wollte
nein, sagten die berlinerInnen; oder genauer:
‚ja‘ sagten nur 14,2 prozent der berliner wahl-
berechtigten bei einer wahlbeteiligung von jäm-
merlichen 29,2 prozent. richtig gelesen: auch
das nicht hingehen ist eine möglichkeit der de-
mokratischen wahlfarce; abstimmen ist eh nur
drin, wenn es im und am system nichts ändert
es liesse sich an dieser stelle diskutieren, was
passiert wäre, hätte die initivative zur moderni-
sierung der schülerischen moral die hürde von
25 prozent aller wahlbeteiligten genommen; a-
ber ich wollte nicht die tauglichen mittel aus-
breiten, mit denen ein untauglicher unterricht
zerstört werden kann. ich wollte woanders hin
ich wollte meine verblüffung ausbreiten über
so viel wirklichkeitssinn, so viel nähe zum au-
genblick, den weitblick einer bevölkerung, die
’89 viel weniger von allem bewies, als sie mau-
ern bestieg, mauern einriss, von osten nach
westen und anders herum. hätte nur einer je-
ner grossstädischen alpinisten den plan vom
abbau des westens ahnen können? waren die
lobgepriesenen ‚blühenden landschaften‘ ein
gar zu lockendes angebot, alles alte blind über
bord zu werfen – bis hin zur eigenen vernunft?
die landschaften blühen allenfalls auf bundes-
gartenschauen, ansonsten ist der osten grau
geblieben. die anhaltende landflucht der bevöl-
kerung, von der besonders jüngere anteile mit
glatze und baseball-schläger ihre suche nach
geborgenheit und zukunft im rassistisch-natio-
nalen ausdrücken, ist zahlenmässig nicht mit
überdimensionalen schweinemastanlagen aus-
zugleichen. stattdessen zerstören sie (neu)
gewachsene wirtschaftsstrukturen der ums
überleben schuftenden kleinbauern, der hoff-
nungsvollen tourismuseinrichtungen und ganz
nebenbei zerstören sie die trotz vierzig jahre
planwirtschaft übrig gebliebenen reste von na-
tur, diese letzten ressourcen biologischen po-
tentials. lebenserhaltend und kulturfördernd
und zukunftsbildend sind weder freilandexperi-
mente mit gentechnik, noch atommüll-lager …
der osten deutschlands ist zum versuchsfeld
eines kapitalismus heruntergekommen, der im
westen nicht mehr den nötigen entfaltungs-
raum hat – und dort den widerstand fürchtet
aber zurück zum herz-erfreulichen: unserem
pontifex. seine altersfrische liebe zum exorzis-
mus ist vielleicht nur ein tölpeln in der traditio-
nellen reihe seiner berufenen vorfahren? das
wär allerdings schlimm genug. aber ganz unter
uns: der alte ist doch ein wenig ‚balla‘, oder?
nicht mehr ganz knusper. etwas schräg unter
seiner spitzen mütze, was? ja, haha. und die
bevölkerung eines landes, die sich erst vor-
schreiben lässt „wir sind papst“ und ihm das
dann auch noch hinterher jubelt, wo immer
er sich öffentlich entblösst … die ist es logi-
scherweise nicht minder: unerträglich blöde
mit welcher, welchem meiner linksradikalen
freundInnen teilte ich das bedauern: „dieses
land ist eigentlich stellenweise richtig schön;
wenn nur die leute nicht wären“ …? ach ja
ich hab deine kinderfotos bei mir gefun-
den; wusstest du noch, dass ich die ha-
be?, fragt sie. es raschelt, sie knurrt. du
siehst deinem vater doch ziemlich ähnlich
ach, du hattest die. ja, davor hatte ich
früher angst: ihm später mal ähnlich zu
sehn; inzwischen hab ich mich dran ge-
wöhnt. inzwischen ist es nicht mehr so
schlimm … es ist sogar ganz in ordnung
foto: mein vater, vierundvierzigjährig (1957)
„…und wenn es dir das nächste Mal so schlecht
geht wie noch vor Monaten, dann stell dich mir
bitte auch zärtlichkeitssüchtig und humpelnd in
den Weg, damit ich aufhöre so verdammt blind
zu sein, man kann viel von Pferden lernen“
ja, man kann sicher viel lernen, auch von pfer-
den; wenn man sie in ruhe, einfach sein lässt
frühling ist; will sagen: der winter ist überlebt
ein sonntag auf’m land, sonne und wind und
viel kaffee mit freunden und gesprächen und
wir tun so ahnungslos wie alle anderen, die
sich von ‚der krise‘ nicht angstvoll berühren
lassen wollen und nicht von einer ’schweine-
grippe‘, weil die echten themen andere sind
sei leise, sagt v., sonst erschreckst du sie
tatsächlich, dort duckt sich eine ente ins tiefe
stroh, sie bedeckt ihre eier, bleibt ungestört
von den pferden, die neben ihr halme heraus-
ziehen, behutsam, ja, behütend, scheint mir
„Das Thema des Kapitels besteht darin, die-
se Haltung anzuprangern, zu zeigen, dass
sie uns an den Rand der Trennung und des
Bruchs geführt hat; und dass ich, um Dich
nicht zu verlieren, wählen musste: entwe-
der nach meinen abstrakten Prinzipien oh-
ne Dich zu leben, oder mich von diesen
Prinzipien zu lösen, um mit dir zu leben (…)
In Wirklichkeit habe ich damals gesagt: ‚Ich
liebe dich.‘ Das aber steht nicht in dem Be-
richt.“ – andré gorz: brief an d. (2007)
„Zum ersten Mal leidenschaftlich verliebt zu
sein, wiedergeliebt zu werden, war anschei-
nend zu banal, zu privat, zu ordinär: es war
kein geeigneter Gegenstand, mir zum Univer-
sellen Zugang zu verschafffen. Eine geschei-
terte, unmögliche Liebe dagegen gibt edle
Literatur. Ich fühle mich wohl in der Ästhetik
des Scheiterns und der Vernichtung, nicht in
der des Erfolgs und der Bejahung.“ –
andré gorz: brief an d., rotpunktverlag (2007)
sage ich: übersetzer? übersetzerin? meine
ich doch: wortklauberIn mit lyrik im herzen
nein, ernsthaft: ich suche den/die fremd-
sprachlerIn, der/die meine chansons ins
englische oder ins französische überträgt
geld hab ich keines zu bieten; vielleicht
irgendwann. aber ruhm wird es so viel
geben, wie wir gemeinsam verdienen
ich warne die leichtsinnigen: das ist har-
te arbeit, die nur mit intensivem kontakt
zwischen autor und übersetzerIn funktio-
niert. das heisst: wir müssen uns mögen
freitag, 17. april 2009
„konzertlesung zum via campesina aktionstag„
ehemalige schweinemastanlage bei alt-tellin
17126 neu plötz
( link: google maps )
( programm )
beginn: 20:00 uhr
es ist geschafft, was mir jedes mal so schwer fällt:
das programm für 2009 ist entschieden. wie stets
ist es eine mischung aus alt und neu, aus den be-
kannten „schlagern“ und unbekannteren, aus neu-
en texten und aus stücken, vor denen mir schon
beim proben gegraut hat, weil ich mich immer und
immer und immer an den gleichen stellen verspiele
wenn meine finger, die hände schon bereit wären
ihre arbeit zu tun, könnte ich also ganz entspannt
den kommenden konzerten entgegen sehen …