Archive for Januar, 2011

[ mittwintermorgenregen ]

Donnerstag, Januar 20th, 2011

nachts hauen sie mir die tage schmerz-
voll um die ohren: da hast du’s, kind!

am morgen aber tun meine hände sich
gut und dir und ich weiss, dass wir sie-
gen werden, trotz alledem: unsere zeit

ausser manchmal. dann sage ich, im win-
ter wüchsen keine kirschen, sage, dass
unterm verfluchten schnee keine wege
zu sehen seien, sage, dass ich diese weis-
se pisse nicht mehr ertragen könne und
keine menschen, nein, niemanden mehr

höre ich, dass du weinst, ist es zum auf-
hören zu spät: zu weit. über die grenzen

den anfang wiederzufinden hiesse zurück-
zugehen, weiss ich wohl. die angst vorm
ersten schritt ist schwerer, als ihn zu tun

ja? ja. aber vielleicht ist es sogar einfach


[ traum IV ]

Mittwoch, Januar 19th, 2011

aber du und ich, sage ich, das ist doch wie …
wir beide (im traum nenne ich unsere namen)
… wir beide, das ist wie paul und paula

da schaut sie mich an und schaut irgendwie
durch mich hindurch. ich bin mir nicht sicher
sagt sie. und: du verstehst mich nicht

[ surely not ]

Montag, Januar 17th, 2011


„Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich würde sehr gerne, gratis ein Gedicht über
die Liebe bei Ihnen veröffentlichen.:
Liebe
Liebe ist ein Geschenk des Himm(…)“

 

surely not!!!

davon wird mir bloss schlecht, herr g.w. aus
m.; billige wortschlampereien kann ich eben-
sowenig ertragen wie bauchnabelüberwal-
lungen
, arschspalteneinsichten, privatsen-
dernachrichten, poetryslam oder die allge-
genwärtige radiokaufhausmilitärhiphopsuper-
starreimschleimwearethewhiteworld-musik!

sie haben ganz bestimmt mehr erfolg und
zuspruch bei unempfindlicheren kulturbe-
stattern via myspace, twitter oder facebook
 


[ das grauen wächst mit der erfahrung ]

Sonntag, Januar 16th, 2011


 

– dinge, die du nicht sehen willst –
 

es gibt dinge, die willst du nicht sehen und musst
doch: die nachbarsfrau mit hund und kind in aus-
geleierten hosen auf dem weg zu ihrem geringver-
dienerversorgungsmarkt, morgens. vier glattköpfige
nazis in schwarzen kapuzenjacken unten an der
strassenecke, die warten, dass was passiert, am
abend. die alten freunde, die ungerufen nacheinan-
der ihren auftritt haben wie in einer schlechten se-
rie und ich ungefragt mittendrin: achtung, action!
 

das universum treibt schneller auseinander, als ich
mir vorstellen konnte. zwischen den berührungen
liegen plötzlich jahre, jahrzehnte, die euch ebenso-
wenig schöner gemacht haben, wie mich. unsere
gedanken erreichen sich nicht; sie sind parallelen
die sich im unendlichen nicht kreuzen, wie ange-
nommen wird, sondern gezwungen sind stet von-
einander zu fliehen, bis sie auf unendlich grossen
bahnen zwei kreise sind, die sich niemals berühren

gerade so geht’s mit eurer kotzgemütlichen gleich-
gültigkeit: es wird schon nichts passieren, es ist
alles halb so schlimm, was du vergessen hast, war
sicher nicht so wichtig, heile heile segen und wenn
du erst verheiratet bist, tochter, dann brauchen
wir uns keine sorgen mehr um deine zukunft zu
machen und am ende fügt sich sowieso alles zum
besten, wenn du nur willst, wenn du immer lieb
bist, wenn du keine widerworte findest, amen

das ist, was mich ausspeien lässt. dieser unter-
schied zwischen unseren wirklichkeiten, unend-
liche welten zwischen eurer und meiner: an-
schauen und aushalten müssen. wenn mir die
zähne knirschen und krachen, dann ist’s, weil mir
das verlogene lächeln nicht immer gelingen will

nächste szene, nächster auftritt: hereinspaziert
wohlweisslich verflossene, vergessene, nie ge-
misste geliebte, deren namen mir just mit dem
abwenden verloren ging – herzlich willkommen!
 

hört, ferne freunde! das grauen wird nicht klei-
ner mit dem alter; es wächst mit der erfahrung
 

foto: nabelschau
peryton-archiv