Archive for 2010

[ momentaufnahme ]

Dienstag, Juni 8th, 2010


endlich ist die katastrophe da, sage ich und falte
die zeitung zusammen, was heute kein geräusch
mehr macht wie das zeitungenauspapierzusam-
menfalten, sondern man klickt sie weg mit dem ge-
räusch einer wanze, die ein deutscher soldat vor
stalingrad auf seiner rastlosen suche durch die
nacht zerquetscht: ich töte, also leb ich noch


endlich ist die katastrophe da, die das öl an eure
ufer schlagen lässt, unaufhaltsam, mit feuer und
mit grossen staubsaugern seid ihr vergebens be-
müht, abzuwehren, was euch reich gemacht hat
und gross, was euch ernährt und andere erstickt
hat, was euch nun erstickend entgegenschlägt, ent-
gegendrückt, langsam, träge, unaufhaltsam gegen
die augenlose, betende heimat: es ist zum speien


aber nun, endlich, ist die katastrophe da. nun
hättet ihr die möglichkeit, euch nicht weiter be-
lügen zu lassen, in eine sicherheit wiegen zu las-
sen, die tragfähig ist wie ein dünner moosrasen
über dem moor, über einem sich schweigend er-
innernden moor, das seit jahrtausenden aufge-
wachsen ist, nachtragend anwächst gegen alle
versuche trockengelegt zu werden, gebrannt, ge-
stochen, ausgeplündert zu werden, das tückische
moosrasen auslegt, in denen die versinken, die
vergessen haben, wo die gangbaren wege waren


endlich ist die katastrophe da, sage ich und klicke
mit dem wanzenzerdrückgeräusch die katastro-
phenmeldung weg; eine momentaufnahme ist im
kopf geblieben. eine momentaufnahme von ölbe-
deckten wellen. eine momentaufnahme von irgend-
wo an einem fremden ufer, das mich nicht interes-
siert. irgendwo ist weit genug weg, weil es weit
weg ist, weil es nicht mein ufer ist und nicht mein
ufer sein soll, darum interessiert es mich nicht, in
der hoffnung, dass es weit weg, weit genug weg
ist und dass einzig die anderen dummen dumm
dran sind. nur eine momentaufnahme ist geblieben


momentaufnahmen sind unser leben, so wie deines
und meines, so wie wir uns immer wieder begegnet
sind und wie wir uns immer wieder neu begegnen:
klick und weg und das öl auf den wellen


aber endlich ist die katastrophe da, sage ich und
schreibe sätze über … über … ereignisse, die mor-
gen klein sind und übermorgen vergessen. ja. licht
aus, einschlafen. ja. morgen wird ein guter tag

[ alle farben ]

Montag, Mai 31st, 2010


 

alle farben des lebens lassen wir ausspielen. alle
farben, zwölf, dreizehn, vierzehn in die zahlen-
kästchen, akurat an die grenzen heran; in feinen
pinselborsten spricht zu uns eine fremde sprache

alle farben brechen auf in nächten, gären träumend
auf zu bitterem met, brechen in tränen aus, die wir
vergessen bis zum morgen, schmerzvoll ausgerieben

alle farben finden sich im schwarz deiner augen

wir legen alte zöpfe auf unsere altäre, lassen rauch
aufsteigen; beissend schwarzer rauch und der ge-
ruch brennenden fleisches. erinnerst du dich? nein
 

stopp, sagst du, komm zurück. und: wach auf
 

foto: alle farben
kiel, 31. mai 2010


[ peryton und albino beziehen stellung ]

Samstag, Mai 29th, 2010

die für den 22. und 23. mai 2010 geplanten „tier-
befreiungstage kiel“ wurden nach geschickter in-
tervention einer antideutschen gruppe abgesagt

peryton und albino meldeten sich daraufhin zu
wort, zertraten beherzt alle politischen fettnäpf-
chen und lösten hochemotionale reaktionen aus
 

einige auszüge aus unserer stellungnahme:

„wir werden an dieser stelle nicht die behauptungen
der antideutschen gruppe ‚marlenehatesgermany‘
wiederholen, die auf einer jahre zurückliegenden
vergewaltigungsdebatte aufsetzt, die – unserer ein-
schätzung nach – aufgrund politischer (macht-) in-
teressen bis heute aufrecht erhalten wird. diskrimi-
nierung ist in linken kreisen leider ein ebenso beliebtes
wie wirksames mittel, um missliebige politische ‚kon-
kurrenz‘ zu schwächen“

 


„die klare politische position und jahrzehntelange
arbeit der tan ist nach unserer einschätzung für die
linke szene unverzichtbar. aufgrund unserer politischen
erfahrung mit einzelnen personen der tan möchten wir
betonen, dass die angriffe gegen sie ungerechtfertigt
sind und erklären hiermit unsere ungeteilte solidarität“

 


„warum aber eine handvoll antideutscher aus kiel
überhaupt ernst genommen wird, deren grössen-
wahn schon in ihrem programmatischen namen zu
lesen ist, das fällt uns schwer zu verstehen. ‚marlene
hasst deutschland‘. ja, und? nicht weiter interessant
eigentlich, ausser wenn bekannt ist, dass ‚marlene‘
auf autoritäres steht, bevorzugt bei mc donald’s dick
wird, militaristisch ist und also – was modern und
wiederum stramm in deutscher tradition steht – frie-
den nicht mag, weil sie lieber kriege führt und endlich
schamlos mit rassisten kuschelt, wenn es die eigene
macht stärkt…“

 

„den kieler tierrechtskongress im mai 2010 unter
ausschluss der tan durchzuführen gäbe falsche poli-
tische signale. nein, wir distanzieren uns nicht und
lassen unsere bewegung nicht aufspalten. repressio-
nen sind weder von staatlicher seite noch von seiten
neokonservativer gruppierungen hinnehmbar
 
kein fussbreit den faschisten! kein fussbreit den
antideutschen!“

 

berichte über die weiteren folgen werden nach-
gereicht, sofern sie mir berichtenswert scheinen
 

fürs archiv:
[ stellungnahme peryton & albino ]
[ stellungnahme albino & peryton ]


[ restart ]

Samstag, Mai 29th, 2010

wer sagt, ich könne nicht lange schweigen, hat
recht. auch diesmal. es wird also weitergehen

weil die dinge es notwendig machen. weil die
freunde meine ätzenden kommentare nicht mehr
ertragen wollen; ich sei unausgelastet, sagen sie

weil die zeit drängt – mich und dich – zum reden

ja, wenigstens dazu


[ blog-out ]

Samstag, Januar 2nd, 2010

dieses „tagebuch“ war jenen freundInnen mei-
ner musik geschuldet, die länger ein mehr an
geschichten erzählungen, notizen, kurzen be-
trachtungen gefordert hatten, die den prozess
verständlich machen sollten, warum, wie und
wann meine kunst entsteht; besser: entstand

so hab ich’s erschöpfend versucht, viereinhalb
jahre lang. wer lust hat nachzulesen, kann dies
in 1030 beiträgen mit 1227 kommentaren tun
 

heute also das mahnende wort an mich selbst:

peryton, du hast dich ausgeschüttet bis zur
stille, du bist unendlich müde. halt dein maul

 

richtig; der weg ist gegangen. adieu, ihr lieben!