„Rechtspolitiker Haider war bei Unfall betrunken
Wien (dpa) – Der österreichische Rechtspopulist Jörg
Haider hat sich schwer angetrunken zu Tode gefah-
ren. Bei dem Toten seien 1,8 Promille Alkohol im Blut
festgestellt worden, bestätigte ein Sprecher Haiders
der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Der
Chef der rechten Partei Bündnis Zukunft Österreich
und Kärntner Landeshauptmann hatte sich am frü-
hen Samstagmorgen in Klagenfurt mit seinem Dienst-
wagen mehrfach überschlagen. Der 58-Jährige war
sofort tot. Mit 142 Stundenkilometern fuhr doppelt so
schnell wie erlaubt.“ – © sueddeutsche.de (15.10.08)
zugegeben: als diese todesnachricht mir zu ohren
kam, wurde mir ganz blümerant zumute. „freie fahrt
für freie bürger!“ gröhlte es durch meinen gemeinen
sinn und „hoch auf dem gelben wagen“ schunkelte
mein innerstes fröhlich „nehm ich den doppelkorn!“
trauer? keine spur. eher bedauern angesichts der
grossen zahl an politikerInnen, die betrunken zu
schnell unterwegs sind und nicht an unverschämten
hindernissen hängenbleiben, die sich in den eiligen
weg gestellt haben … natürlich ist so ein tod tra-
gisch, wie jeder tod tragisch ist. aber in den zeiten
des krieges jeden tod zu betrauern, wäre gänzlich
unangemessen; das ist die pflicht der humanisten
in den zeiten des friedens. jörg haider aber war ein
soldat, ein kämpfer für die rechte sache, einer, der
wusste, was seine „freiheit“ für jene bedeutet, de-
nen er diese – an seinen rechtsradikalen werten de-
finierte – freiheit nicht zubilligte: den „tschuschn“
meine häme über das unverhoffte ende eines „der
aggressivsten Repräsentanten des bürgerlichen
Lagers, also des Lager der herrschenden Kapita-
listen-Klasse, der eine arbeiterfeindliche Politik mit
rassistischer Hetze kombiniert hat“ (1) ist ange-
messen angesichts wahnhafter „volkstrauer“ (2)
im österreichischen landesteil kärnten, dessen lan-
deshauptmann haider war, angesichts der tränen-
flut, die den „unerkannten austrofaschisten“ (3)
sauberwäscht zur legende
das macht auch lust auf mehr: das selbstgemachte
ende all jener, die wir sehnlichst wegwünschen, als
eine schnelle, eine billige lösung der dringlichsten
probleme, für – nein: gegen – die eine erlahmte linke
derzeit keine intellektuellen sprengkörper bereithält
roll on, roll off: das ‚papamobil‘ rast mit zweihundert
sachen die stufen zum portal des petersdoms hin-
auf, zersplittert an einer massiven steinsäule und
rutscht als scherbenwrack die stufen wieder hinab
roll over: ich atme auf, der vatikan singt, die kredite
platzen und wir gemeinen leute reden über kapital-
hilfen und stützungsmassnahmen, als ob wir das
börsengeschäft verstünden. verstanden haben wir
immerhin, dass immer dann, wenn es richtig brennt
– in deutschland, am wüsten untersten rand der ge-
sellschaft, oder in den steinigen wüsten afghani-
stans – der preis für diesel und benzin zu steigen
beginnt. oder er sinkt. hauptsache, wir fluchen und
wir zittern und rennen nach dem sonderangebot
die hauptsache, nämlich, ist: wir verstehen nichts
(1) – michael pröbsting, 14.10.2008 (www.linkezeitung.de)
(2) – florian festl, 15.10.2008 (www.focus.de)
(3) – robert menasse, 22.10.2008 (diepresse.com)