Archive for September 17th, 2008

[ midsummer crisis ]

Mittwoch, September 17th, 2008

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist
es den weg: es ist soweit

anderthalb stufen raufgesprungen und du prallst zu-
rück: die tür bleibt zu. dein schreibcafé hat noch ge-
schlossen; noch nie kamst du so früh … blick zur uhr

das, auch das bringt dir das älterwerden: die nächte
werden kürzer, kühler, die träume sind früher aus-
geträumt, die gründe für den einsamen selbstbetrug
verbleichen, sie verlieren sich: es ist soweit

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest, es klebt sie
fest zusammen – mir weist es den weg: es ist soweit

während ich die zeitung aufschlage, die zu lesen sich
nie lohnt – ausser du willst dich ärgern – während ich
diese zeitung aufschlage, habe ich jene radiostimmen
im ohr, von gestern oder vorgestern – wann genau ist
egal, es ist immer das gleiche schlimme, auf welchem
kanal ist gleichfalls egal, inzwischen nennen sie alles
„kultur“ – sie schoben sich die worte hin und her als
ob es ungeziemlich wär, es sei wohl besser, kamen
sie zum schluss, der deutschen bevölkerung müsse
erklärt werden, was der deutsche soldat in afghani-
stan mache, in einem krieg, der kein krieg sei

ich schlage also diese unerträgliche zeitung auf und
frage mich, ob du dich erinnerst an unsere träume, an
unsere gemeinsame zeit, an unsere versuche, neben-
einander zu gehen – und an unser scheitern – und ich
frage mich, ob dich diese unerträglichen alltäglich-
keiten ebenso – immer noch – zum widerstand her-
ausfordern; ja: es ist doch wieder soweit

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
hafenstadt, der feine regen fällt von überall, macht al-
les grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist es
den weg: es ist soweit

dort, wo die anderen stehen, musst du lang, da musst
du lang, trotz allem

(schliesslich hat die suche noch kein ende gefun-
den, oder? oder? ruf mich an, wenn du es besser
weisst; sag mir bescheid, wenn ich komplett da-
neben liege. dreh mich dann um, ja? ruf an, hörst
du? oder schreib mir. ja, schreib mir. endlich)