da werfe ich euch ein lied hin, ohne langes er-
klären; es ist ein grauer tag (keiner zum reden)
„lass deinen mund“ (live am 22.08.2008; 4:41min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 6,3mb) (ogg; 4,4mb)
da werfe ich euch ein lied hin, ohne langes er-
klären; es ist ein grauer tag (keiner zum reden)
„lass deinen mund“ (live am 22.08.2008; 4:41min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 6,3mb) (ogg; 4,4mb)
rücklings in den himmel blinzelnd, augen geschlos-
sen; das heisst: ich sehe in den himmel auf ohne zu
sehen. nahe ein leises schnauben, weiter fern der
rollende ruf der krähen, die in scharen … es ist un-
ser letzter sommer. ich will die bilder behalten wie
sein ganzes leben. irgendwie geht mit ihm eine ära
zuende, sagte sie, vorgestern. und heute muss ich
eine verantwortung tragen, die mir zu schwer ist
rücklings in den azurhimmel blinzelnd, augen ge-
schlossen; ich seh‘ keinen himmel. und weine doch
das sind: winterreifen auf die vorderachse, neue saiten
für die konzertgitarren und – wie meist – ein geändertes
programm (denn ich spiele diesmal nicht unter bäumen)
welche saiten für welche gitarre? aber das ist doch nur
was für technik-freaks … na gut: „savarez nylon 520 f“
(harte flamenco-saiten mit umsponnener g-saite) für die
„peryton I“ (einzelmodell, gebaut 2004 von karl-heinz
neudel) und „knobloch actives double silver medium“ für
die „levin, modell 114“ (serien-nr. 351526, gebaut 1957)
so, damit sind die ungestellten fragen alle beantwortet
freitag, 26. september 2008
„konzertlesung in der kulturwirtschaft waldfrieden„
bornaische strasse 56, 04277 leipzig
beginn: 20:00 uhr
eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist
es den weg: es ist soweit
anderthalb stufen raufgesprungen und du prallst zu-
rück: die tür bleibt zu. dein schreibcafé hat noch ge-
schlossen; noch nie kamst du so früh … blick zur uhr
das, auch das bringt dir das älterwerden: die nächte
werden kürzer, kühler, die träume sind früher aus-
geträumt, die gründe für den einsamen selbstbetrug
verbleichen, sie verlieren sich: es ist soweit
eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest, es klebt sie
fest zusammen – mir weist es den weg: es ist soweit
während ich die zeitung aufschlage, die zu lesen sich
nie lohnt – ausser du willst dich ärgern – während ich
diese zeitung aufschlage, habe ich jene radiostimmen
im ohr, von gestern oder vorgestern – wann genau ist
egal, es ist immer das gleiche schlimme, auf welchem
kanal ist gleichfalls egal, inzwischen nennen sie alles
„kultur“ – sie schoben sich die worte hin und her als
ob es ungeziemlich wär, es sei wohl besser, kamen
sie zum schluss, der deutschen bevölkerung müsse
erklärt werden, was der deutsche soldat in afghani-
stan mache, in einem krieg, der kein krieg sei
ich schlage also diese unerträgliche zeitung auf und
frage mich, ob du dich erinnerst an unsere träume, an
unsere gemeinsame zeit, an unsere versuche, neben-
einander zu gehen – und an unser scheitern – und ich
frage mich, ob dich diese unerträglichen alltäglich-
keiten ebenso – immer noch – zum widerstand her-
ausfordern; ja: es ist doch wieder soweit
eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
hafenstadt, der feine regen fällt von überall, macht al-
les grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist es
den weg: es ist soweit
dort, wo die anderen stehen, musst du lang, da musst
du lang, trotz allem
(schliesslich hat die suche noch kein ende gefun-
den, oder? oder? ruf mich an, wenn du es besser
weisst; sag mir bescheid, wenn ich komplett da-
neben liege. dreh mich dann um, ja? ruf an, hörst
du? oder schreib mir. ja, schreib mir. endlich)
mit diesen werten können sie hundertzwanzig wer-
den, sagt der arzt und blickt dann erstaunt vom bild-
schirm auf: ihre leberwerte … sie trinken gar nichts?
nein, ich trinke nicht – selten – und eigentlich finde
ich seine überraschung und den ton dazu etwas
übertrieben. ja, ich bin irgendwie krank, fühle mich
irgendwie fiebrig und ich ahne, dass ich aussehe
wie ein alter lappen. aber dass mir das auf diese
weise bestätigt werden muss … also: mein hals
brennt lichterloh – zumindest fühlt es sich so an –
und ich tappe durch das leben wie … wie … egal
was wollte ich nettes erzählen? ach ja, dies: vom
abschied. live gespielt und mitgeschnitten am
22. august 2008 in langenargen am bodensee
„abschied“ (mit einleitung) (live am 22.08.2008; 3:45min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 4,7mb) (ogg; 3,4mb)
welche geschichtenerfinder sind für das erfinden von
ganz grossen geschichten zuständig … zum beispiel
von der qualität eines elften septembers? die bilder
rasten in elektronischer geschwindigkeit um den glo-
bus, die türme fielen treu wie zwillinge und so me-
diengerecht fotogen, wie sie fallen sollten, während
alte rufer alte worte für das falsche erfanden: krieg
selbst wer glaubte sich heraushalten zu können wur-
de eingefangen von der wahnsinnslogik einer täglich
neu geschürten angst; wie eine springflut wurden
die letzten dämme der vernunft niedergerissen, nie-
dergeprügelt von den gotteskriegern, den schreihäl-
sen an mikrophonen, den unformierten, den wieder-
bewaffneten bis hin zu – heute – faschisten in den
arbeitsargenturen, die ihre schlotternde kundschaft
stramm stehen lassen; die folgen sind bekannt oder
sie werden unverstanden hingenommen vom ver-
armten, vom eingeschüchterten dummelchen; nicht
alles ist schäubles paranoider phantasie entrollt:
der wahnsinn, scheint mir, schreibt sich selber fort
genug davon. es ist höchste zeit für eine pause
somit wäre also raum für neue geschichten von der
erbaulicheren art: die vom peryton. gesungen. zum
beispiel wie das ist mit ihm und – womit der kreis ge-
schlossen wäre – dem erfinden seiner geschichten
„es gibt doch (das peryton)“ (live am 22.08.2008; 2:56min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 4,1mb) (ogg; 2,8mb)
im dunkeln droschen sie auf uns ein, den schatten-
zwerg hat’s arg erwischt, ich hörte noch dumpf wie
sie schlugen; wir war’n dann beide tot, am ende
in ein zweites leben sind wir erwacht, ein leben oh-
ne gefährten. das haben wir lang nicht verstanden
und so sind die tage, die den nächten folgen: um
abschied zu nehmen versuche ich mich im erinnern
sie steht unter menschen, glas in der hand, gehört
dazu. sie lauscht, redet zwischen kleinen schlucken;
hier ist sie das thema. dann tastet ihr blick durch
die körperschatten, streift an den wänden entlang
springt von lichtkegel zu lichtkegel, findet mich im
irgendwo dazwischen. ich schliesse die augen, ringe
das gefühl nieder, fliehen zu müssen. augen wieder
auf. ein nicken entschuldigt sie in ihrem kreis, sie
kommt herüber. schorsch, geh weg aus meinem le-
ben, sagt ihr blick. du (an dieser stelle sage ich ih-
ren namen), du, sag ich also, komm in mein leben
zurück. spreche ich? schweige ich? schweigt sie? ich
weiss nicht. ich weiss es einfach nicht. augen auf
hierher zu kommen wirft mich auf mich selbst zurück
sage ich, und: irgendwie triggerst du mich an. der mor-
gen dehnt sich zwischen den kissen, bis wir hinabsteigen
und hinaus, zum kaffee und in den kühlen tag. wie im
herbst, sage ich und ertappe mich beim selbstgespräch
auf dem klo. später eile ich neben ihr her, neben ihren
langen schritten, hüpfe über plastersteinmuster und ver-
meide es, in die fugen zu treten. da, wieder erwischt
der regen, der schuld zu sein schien an der gedrückten
stimmung der unter den zwischen bäumen gespannten
planen versammelten, stoppte für die dauer des kon-
zerts. „Er trifft die Stimmung und scheitert knapp und
bewusst daran politisch korrekt zu sein“ schreibt einer
aus dem publikum später in seinem blog; da bin ich
längst unterwegs, ein kratzen im hals, sehr zufrieden
foto: peryton live im kelsterbacher wald
andreas hochhaus
kelsterbach, 03.09.2008