Archive for 2008

[ leichenteile ]

Freitag, Oktober 24th, 2008

„… liegen zwischen berkhof und mellendorf leichen-
teile auf der fahrbahn …“

was???

gegen den lärm des auf touren kommenden motors
frage ich überlaut ins menschenleere. die frontschei-
be beschlägt sofort. ich drehe den schalter: das ge-
bläse röhrt. mühsam schiebt der wischer regenschlie-
ren von einer seite zur anderen. eine ampel zeigt rot

„mit regenschauern muss gerechnet werden,“ sagt
das radio, freundliche frauenstimme mittleren alters

augenblicke später stelle ich das auto am strassen-
rand ab. anwohnerparken, droht ein schild. in ge-
danken spucke ich aus, eile meinem arbeitsbeginn
entgegen, heute auswärts: in meinem schreibcafé
den träumen sinnend nachzulauschen und zu warten

worauf?

dass meine muse im lichten baumwollkleidchen her-
einschwebt und mich niederküsst; vor aller augen

dass der partisanenkrieger im sprengstoffkittel die
glastür eintritt und ein „gott vergelt’s“ zwischen die
morgenmüden tische wirft; glück gehabt. dass sich
in einer dieser zahlreichen bratwurstspelunken um
die ecke eine militante erwerbslosenselbsthilfe-ini-
tiative gründet, die alle arbeitszwangsverbreitungs-
argenturen schliessen will; ausnahmslos und sofort

ach ja …

aber erstmal schwebt programmgemäss die muse
herein, kuschelt sich direkt neben mich aufs pol-
sterbänkchen, schmiegt ihre unrasierte wange an
meine und spricht zu mir mit viel zu tiefer stimme:

hey peryton. träumst du?

schnipp. augen auf. neben meiner kaffeetasse hat
x. platz genommen. stimmt: wir waren verabredet


[ dreissig stück soldaten ]

Mittwoch, Oktober 22nd, 2008

„74 000 Rehe, 50 000 Wildschweine, knapp
50 000 Stück Rotwild, 311 Mufflons und 1000
Stück Damwild wurden hessenweit im ver-
gangenen Jahr geschossen, überfahren oder
kamen aus anderen Gründen ums Leben“
(1)

so ist es zu lesen in der rhein-main-beilage der
frankfurter rundschau vom 21. oktober 2008

allerdings könnte ich auch formulieren, dass
diese auflistung an stückzahlen des todes, die
einen artikel über die angeblich vermehrte
nachfrage nach „wild“ – dem fleisch zum ver-
zehr ausgewählter, getöteter wildtiere – de-
koriert, von den meisten leserInnen glatt
überlesen, also nicht wahrgenommen wird

daneben das foto eines noch lebenden wild-
schweins in der kulisse eines herbstlichen wal-
des: „Landet öfter auf dem Teller: Wildschwein“

genug der kannibalen geschmacklosigkeiten;
drehen wir den spiess hergestellter wirklich-
keit in eine andere peinliche richtung um:
finden sie die „fehler“

„berlin. bei einem sprengstoffanschlag na-
he der nordafghanischen stadt kundus hat
ein selbstmordattentäter am montag zwei

stück bundeswehrsoldaten und fünf stück
in der nähe spielende kinder in den tod ge-
rissen. damit starben in afghanistan 30

stück deutsche soldaten.“ (2)

kein foto. keine bildunterschrift „öfter von
bomben zerrissen: soldat“

zwei meldungen vom tod. zwei meldungen
von der vorgeblichen notwendigkeit des tö-
tens. hier wie da haben die opfer kaum oder
keine überlebenschance: die kinder wie die

schweine

(1) – petra mies, printausgabe der frankfurter
rundschau
, 21.10.2008, 64. jhg, nr. 246, d6
(bei der nachrecherche des artikels in der on-
line-ausgabe kommt angesichts der zum aus-
druck gebrachten sorge über preisverfall und
nachfragerückgang – „Wir haben und finden
zwar noch immer genügend Abnehmer (…)
Aber die Preise für Wildschwein-Fleisch sind
derzeit völlig im Keller“ – drängt sich der ver-
dacht der sublimen werbung auf, die hinter
einem vorgeblich informierenden zeitungs-
artikel verborgen ist)

(2) – steffen hebestreit, printausgabe der frank-
furter rundschau
, 21.10.2008, titelseite

[ geh, finde den zitronenwal ]

Sonntag, Oktober 19th, 2008

„wenn ich dich brauche, bist du nicht zuhause. und
dann geht kein band ran. (das ist sicher das erste
mal, dass ich gern draufsprechen würde.)“

sekunden später ruft er an. ich jammere, er lauscht

– dann: du musst loslassen. und ich erzähle ihm von
meinem traum mit ihrem bruder x., von dem ich noch
nie träumte, und dem freund zu meiner rechten, der
plötzlich „ich würde gern die y. wiedersehen“ sagte
und meiner überraschung, als ich ihn das sagen hör-
te, und meiner überraschung, als ich mich seine wor-
te wiederholen hörte, im traum, denn ich dachte augen-
blicks, dass dies der falsche name, die falsche per-
son sei, von der wir jetzt sprachen und genau da, im
selben moment, schüttete der bruder – also x. – sei-
nen tee, der kalt und überflüssig geworden war, mit-
ten zwischen uns auf den tisch. klatschnass war ich
aufgewacht, rinnsale von schweiss in den kniekehlen

du siehst also, sage ich, dass ich loszulassen bemüht
bin, seit vielen jahren. es ist das wandern auf einem
schmalen grat: im grellen licht der tage kann ich mei-
ne balance halten. ich bitte dich, geh, finde den zi-
tronenwal
. vielleicht kannst du mich dann verstehen


[ schönschreiben ]

Samstag, Oktober 18th, 2008


 

weil die morgensonne über die stadt hereingefallen
ist wie ein unverhofftes wunder, wähle ich einen
der fensterplätze eines cafés, dessen gäste aus-
nahmslos älter sind, als das mobiliar an vergangen-
heit vorgeben will. einige von ihnen sind tatsächlich
noch am leben, werde ich später schreiben – oder
etwas ähnliches, denn es geht ums schöne schrei-
ben, um den freundlichen grusel beim hintuschen
der worte, es geht um das wachsende gefühl der
begeisterung für eine lang vermisste beschäfti-
gung, einer speziellen art zärtlicher fingerfertigkeit

eine gute wahl für ein vorhaben wie dieses, wer-
de ich formulieren und dabei auf die gerontophile
lokalität abzielen, dessen alltäglichkeit mir fast ge-
nauso lang zurückliegt, wie hier der letzte besuch:
zwei jahrzehnte. so werde ich es geschrieben ha-
ben oder ähnlich und es wird gelogen sein, ein we-
nig, weil es ja nicht ankommt, aufs detail, sondern
darauf, dass uns die lüge schön gelungen ist und
uns ans herz geht, das alt genug geworden ist
und zu trennen weiss das lied von seinem gesang
 

scan: schönschreiben
kiel, 17.10.2008


[ roll on, roll off, roll over ]

Donnerstag, Oktober 16th, 2008


Rechtspolitiker Haider war bei Unfall betrunken
Wien (dpa) – Der österreichische Rechtspopulist Jörg
Haider hat sich schwer angetrunken zu Tode gefah-
ren. Bei dem Toten seien 1,8 Promille Alkohol im Blut
festgestellt worden, bestätigte ein Sprecher Haiders
der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Der
Chef der rechten Partei Bündnis Zukunft Österreich
und Kärntner Landeshauptmann hatte sich am frü-
hen Samstagmorgen in Klagenfurt mit seinem Dienst-
wagen mehrfach überschlagen. Der 58-Jährige war
sofort tot. Mit 142 Stundenkilometern fuhr doppelt so
schnell wie erlaubt.“
© sueddeutsche.de (15.10.08)

zugegeben: als diese todesnachricht mir zu ohren
kam, wurde mir ganz blümerant zumute. „freie fahrt
für freie bürger!“ gröhlte es durch meinen gemeinen
sinn und „hoch auf dem gelben wagen“ schunkelte
mein innerstes fröhlich „nehm ich den doppelkorn!“

trauer? keine spur. eher bedauern angesichts der
grossen zahl an politikerInnen, die betrunken zu
schnell unterwegs sind und nicht an unverschämten
hindernissen hängenbleiben, die sich in den eiligen
weg gestellt haben … natürlich ist so ein tod tra-
gisch, wie jeder tod tragisch ist. aber in den zeiten
des krieges jeden tod zu betrauern, wäre gänzlich
unangemessen; das ist die pflicht der humanisten
in den zeiten des friedens. jörg haider aber war ein
soldat, ein kämpfer für die rechte sache, einer, der
wusste, was seine „freiheit“ für jene bedeutet, de-
nen er diese – an seinen rechtsradikalen werten de-
finierte – freiheit nicht zubilligte: den „tschuschn“

meine häme über das unverhoffte ende eines „der
aggressivsten Repräsentanten des bürgerlichen
Lagers, also des Lager der herrschenden Kapita-
listen-Klasse, der eine arbeiterfeindliche Politik mit
rassistischer Hetze kombiniert hat“ (1)
ist ange-
messen angesichts wahnhafter „volkstrauer“ (2)
im österreichischen landesteil kärnten, dessen lan-
deshauptmann haider war, angesichts der tränen-
flut, die den „unerkannten austrofaschisten“ (3)
sauberwäscht zur legende

das macht auch lust auf mehr: das selbstgemachte
ende all jener, die wir sehnlichst wegwünschen, als
eine schnelle, eine billige lösung der dringlichsten
probleme, für – nein: gegen – die eine erlahmte linke
derzeit keine intellektuellen sprengkörper bereithält

roll on, roll off: das ‚papamobil‘ rast mit zweihundert
sachen die stufen zum portal des petersdoms hin-
auf, zersplittert an einer massiven steinsäule und
rutscht als scherbenwrack die stufen wieder hinab

roll over: ich atme auf, der vatikan singt, die kredite
platzen und wir gemeinen leute reden über kapital-
hilfen und stützungsmassnahmen, als ob wir das
börsengeschäft verstünden. verstanden haben wir
immerhin, dass immer dann, wenn es richtig brennt
– in deutschland, am wüsten untersten rand der ge-
sellschaft, oder in den steinigen wüsten afghani-
stans – der preis für diesel und benzin zu steigen
beginnt. oder er sinkt. hauptsache, wir fluchen und
wir zittern und rennen nach dem sonderangebot

die hauptsache, nämlich, ist: wir verstehen nichts

(1) – michael pröbsting, 14.10.2008 (www.linkezeitung.de)
(2) – florian festl, 15.10.2008 (www.focus.de)
(3) – robert menasse, 22.10.2008 (diepresse.com)

[ post an peryton ]

Mittwoch, Oktober 15th, 2008

rotes laub liegt zwischen ihren worten; unge-
wöhnlich leise fallen sie mir aus dem briefum-
schlag entgegen, erzählen von der reise durch
ihr menschenland und machen mir am ende ei-
ne gänsehaut, wohlig, bis hinauf zum scheitel


[ amerika ]

Samstag, Oktober 11th, 2008

amerika, sagt sie

new york? sie nickt. zögert. reicht mir die hand

augen auf. herz klopft. draussen: tag; draus-
sen: herbst. herz klopft. amerika, denke ich


[ konzert in neumünster fällt aus! ]

Donnerstag, Oktober 9th, 2008

weil ich zum singen zu krank bin, musste das kon-
zert in neumünster – am kommenden samstag im
jugendzentrum „ajz“ – kurzfristig abgesagt werden

aber es wurde bereits der ausweichtermin fest-
gelegt: 20. dezember 2008. bitte vormerken!!!


[ mayday mayday mayday ]

Freitag, Oktober 3rd, 2008

das peryton-piratenschiff ist mit maschinenscha-
den liegengeblieben und wartet auf die reparatur
in einer geeigneten (bezahlbaren) werft; ein aus-
tauschmotor ist bereits gefunden. ohne meine ver-
lässlichen freunde wäre ich – mal wieder – verloren

aber die zeit läuft mir entgegen: der nächste auf-
tritt ist acht tage, eintausend kilometer entfernt

du schaffst das, du schaffst das, du schaffst das

hypnotisiere ich mich in den schlaf zurück, weil
ich viel zu früh erwacht bin, weil der tinnitus mir
hässlich ins ohr geschrien hat. nerven bewahren


[ vernissage: menschenbilder. peryton spielt ]

Donnerstag, Oktober 2nd, 2008

donnerstag, 02. oktober 2008
vernissage christa dickmann „menschenbilder
galerie in der caritas
seestrasse 44, ravensburg
beginn: 19:00 uhr

[ lass deinen mund. live ]

Mittwoch, September 24th, 2008

da werfe ich euch ein lied hin, ohne langes er-
klären; es ist ein grauer tag (keiner zum reden)

„lass deinen mund“ (live am 22.08.2008; 4:41min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 6,3mb) (ogg; 4,4mb)

[ der letzte sommer ]

Montag, September 22nd, 2008

rücklings in den himmel blinzelnd, augen geschlos-
sen; das heisst: ich sehe in den himmel auf ohne zu
sehen. nahe ein leises schnauben, weiter fern der
rollende ruf der krähen, die in scharen … es ist un-
ser letzter sommer. ich will die bilder behalten wie
sein ganzes leben. irgendwie geht mit ihm eine ära
zuende, sagte sie, vorgestern. und heute muss ich
eine verantwortung tragen, die mir zu schwer ist

rücklings in den azurhimmel blinzelnd, augen ge-
schlossen; ich seh‘ keinen himmel. und weine doch


[ reisevorbereitungen. stuff ]

Sonntag, September 21st, 2008

das sind: winterreifen auf die vorderachse, neue saiten
für die konzertgitarren und – wie meist – ein geändertes
programm (denn ich spiele diesmal nicht unter bäumen)

welche saiten für welche gitarre? aber das ist doch nur
was für technik-freaks … na gut: „savarez nylon 520 f“
(harte flamenco-saiten mit umsponnener g-saite) für die
peryton I“ (einzelmodell, gebaut 2004 von karl-heinz
neudel
) und „knobloch actives double silver medium“ für
die „levin, modell 114“ (serien-nr. 351526, gebaut 1957)

so, damit sind die ungestellten fragen alle beantwortet


[ konzert in connewitz: 26.09.2008 ]

Donnerstag, September 18th, 2008

freitag, 26. september 2008
„konzertlesung in der kulturwirtschaft waldfrieden
bornaische strasse 56, 04277 leipzig
beginn: 20:00 uhr

[ midsummer crisis ]

Mittwoch, September 17th, 2008

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist
es den weg: es ist soweit

anderthalb stufen raufgesprungen und du prallst zu-
rück: die tür bleibt zu. dein schreibcafé hat noch ge-
schlossen; noch nie kamst du so früh … blick zur uhr

das, auch das bringt dir das älterwerden: die nächte
werden kürzer, kühler, die träume sind früher aus-
geträumt, die gründe für den einsamen selbstbetrug
verbleichen, sie verlieren sich: es ist soweit

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
stadt, der feine regen fällt von überall, macht alles
grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest, es klebt sie
fest zusammen – mir weist es den weg: es ist soweit

während ich die zeitung aufschlage, die zu lesen sich
nie lohnt – ausser du willst dich ärgern – während ich
diese zeitung aufschlage, habe ich jene radiostimmen
im ohr, von gestern oder vorgestern – wann genau ist
egal, es ist immer das gleiche schlimme, auf welchem
kanal ist gleichfalls egal, inzwischen nennen sie alles
„kultur“ – sie schoben sich die worte hin und her als
ob es ungeziemlich wär, es sei wohl besser, kamen
sie zum schluss, der deutschen bevölkerung müsse
erklärt werden, was der deutsche soldat in afghani-
stan mache, in einem krieg, der kein krieg sei

ich schlage also diese unerträgliche zeitung auf und
frage mich, ob du dich erinnerst an unsere träume, an
unsere gemeinsame zeit, an unsere versuche, neben-
einander zu gehen – und an unser scheitern – und ich
frage mich, ob dich diese unerträglichen alltäglich-
keiten ebenso – immer noch – zum widerstand her-
ausfordern; ja: es ist doch wieder soweit

eine steife brise fegt durch die nassen gassen dieser
hafenstadt, der feine regen fällt von überall, macht al-
les grau; das rote licht der ampeln weist den weg, es
bündelt menschenschatten, hält sie fest – dir weist es
den weg: es ist soweit

dort, wo die anderen stehen, musst du lang, da musst
du lang, trotz allem

(schliesslich hat die suche noch kein ende gefun-
den, oder? oder? ruf mich an, wenn du es besser
weisst; sag mir bescheid, wenn ich komplett da-
neben liege. dreh mich dann um, ja? ruf an, hörst
du? oder schreib mir. ja, schreib mir. endlich)


[ abschied. live ]

Samstag, September 13th, 2008

mit diesen werten können sie hundertzwanzig wer-
den, sagt der arzt und blickt dann erstaunt vom bild-
schirm auf: ihre leberwerte … sie trinken gar nichts?

nein, ich trinke nicht – selten – und eigentlich finde
ich seine überraschung und den ton dazu etwas
übertrieben. ja, ich bin irgendwie krank, fühle mich
irgendwie fiebrig und ich ahne, dass ich aussehe
wie ein alter lappen. aber dass mir das auf diese
weise bestätigt werden muss … also: mein hals
brennt lichterloh – zumindest fühlt es sich so an –
und ich tappe durch das leben wie … wie … egal

was wollte ich nettes erzählen? ach ja, dies: vom
abschied. live gespielt und mitgeschnitten am
22. august 2008 in langenargen am bodensee

„abschied“ (mit einleitung) (live am 22.08.2008; 3:45min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 4,7mb) (ogg; 3,4mb)

[ peryton und der elfte september ]

Donnerstag, September 11th, 2008

welche geschichtenerfinder sind für das erfinden von
ganz grossen geschichten zuständig … zum beispiel
von der qualität eines elften septembers? die bilder
rasten in elektronischer geschwindigkeit um den glo-
bus, die türme fielen treu wie zwillinge und so me-
diengerecht fotogen, wie sie fallen sollten, während
alte rufer alte worte für das falsche erfanden: krieg

selbst wer glaubte sich heraushalten zu können wur-
de eingefangen von der wahnsinnslogik einer täglich
neu geschürten angst; wie eine springflut wurden
die letzten dämme der vernunft niedergerissen, nie-
dergeprügelt von den gotteskriegern, den schreihäl-
sen an mikrophonen, den unformierten, den wieder-
bewaffneten bis hin zu – heute – faschisten in den
arbeitsargenturen, die ihre schlotternde kundschaft
stramm stehen lassen; die folgen sind bekannt oder
sie werden unverstanden hingenommen vom ver-
armten, vom eingeschüchterten dummelchen; nicht
alles ist schäubles paranoider phantasie entrollt:
der wahnsinn, scheint mir, schreibt sich selber fort

genug davon. es ist höchste zeit für eine pause

somit wäre also raum für neue geschichten von der
erbaulicheren art: die vom peryton. gesungen. zum
beispiel wie das ist mit ihm und – womit der kreis ge-
schlossen wäre – dem erfinden seiner geschichten

„es gibt doch (das peryton)“ (live am 22.08.2008; 2:56min)
(livetechnik & aufnahme: markus aschenbrenner)
(mp3; 4,1mb) (ogg; 2,8mb)

[ köln, 07. september 2008 ]

Montag, September 8th, 2008

im dunkeln droschen sie auf uns ein, den schatten-
zwerg hat’s arg erwischt, ich hörte noch dumpf wie
sie schlugen; wir war’n dann beide tot, am ende

in ein zweites leben sind wir erwacht, ein leben oh-
ne gefährten. das haben wir lang nicht verstanden

und so sind die tage, die den nächten folgen: um
abschied zu nehmen versuche ich mich im erinnern


[ vernissage. traum ]

Sonntag, September 7th, 2008

sie steht unter menschen, glas in der hand, gehört
dazu. sie lauscht, redet zwischen kleinen schlucken;

hier ist sie das thema. dann tastet ihr blick durch
die körperschatten, streift an den wänden entlang
springt von lichtkegel zu lichtkegel, findet mich im
irgendwo dazwischen. ich schliesse die augen, ringe
das gefühl nieder, fliehen zu müssen. augen wieder

auf. ein nicken entschuldigt sie in ihrem kreis, sie
kommt herüber. schorsch, geh weg aus meinem le-
ben, sagt ihr blick. du (an dieser stelle sage ich ih-
ren namen), du, sag ich also, komm in mein leben

zurück. spreche ich? schweige ich? schweigt sie? ich
weiss nicht. ich weiss es einfach nicht. augen auf


[ und die tage wie ein herbstanfang ]

Samstag, September 6th, 2008

hierher zu kommen wirft mich auf mich selbst zurück

sage ich, und: irgendwie triggerst du mich an. der mor-
gen dehnt sich zwischen den kissen, bis wir hinabsteigen
und hinaus, zum kaffee und in den kühlen tag. wie im
herbst, sage ich und ertappe mich beim selbstgespräch
auf dem klo. später eile ich neben ihr her, neben ihren
langen schritten, hüpfe über plastersteinmuster und ver-
meide es, in die fugen zu treten. da, wieder erwischt