Archive for Oktober, 2007

[ hagalaz ]

Mittwoch, Oktober 31st, 2007

jacques derrida und hagalaz. poststrukturalismus und die
rune der elementaren zerstörung. da ist dieser herbst mit
seinem lichten grau vor schneebedeckten gipfeln, dort

die augenblicke gemeinsamer ruhe in einer unwirklichen
welt. es ist ein wenig wie früher; dass es mir gut tut, will
ich nicht eingestehen. das ist alles lang her. wohin, weiss
ich nicht, wann schon. (obwohl es mir leid tut: einige von
euch werden auf antworten warten müssen. nehmt es bit-
te nicht persönlich; auch mit mir selbst spreche ich kaum)


[ das schweigen der alraunen ]

Samstag, Oktober 20th, 2007

und wie geht es ihnen inzwischen, frage ich, beuge mich
bis zur schreibtischkante vor, was ihn veranlasst, weiter
ausgreifend vom verlauf seiner erkrankung zu berichten

wir sollten uns in die selbe klinik begeben, um uns bei
schachspiel, häkeln und gesang zu erholen, schlage ich
vor. später verabschieden wir uns – arzt und patient –
mit dem gegenseitigen wunsch zur ‚guten besserung‘


[ wüsten und mauern ]

Freitag, Oktober 19th, 2007

es ist ja so eine sache, sagt sie, mit den bildern, die einem
kommen – wie entstehen sie? kommen sie aus dem, was
sie erzählten, aus ihren worten oder aus mir selber? jeden-
falls habe ich das starke bild einer verwüstung vor augen

als ich die tür öffne, klingt von draussen das nachmittags-
spiel der spatzen herein, die unsichtbar verborgen im blät-
terwerk des efeus leben, der die mauer vor dem fenster
überwuchert. in diesem augenblick bin ich angekommen


[ angelegentlich. der vater (II) ]

Sonntag, Oktober 14th, 2007

„ich weiss, du mochtest meinen vater nicht und
vielleicht kannst es vielleicht jetzt nicht verste-
hen, aber er ist heute gestorben und ich habe
den kopf voll … donnerstag ist die beerdigung“

dass ich ihn „nicht mochte“ ist schon irgendwie
richtig – aber ich muss den mann, der sein kind
zur befriedigung seiner lust benutzte, auch nicht
‚mögen‘, oder? ich finde es unfair, dass er ein-
fach so abhauen konnte, bevor du ihm ins ge-
sicht gesagt hast, was er für ein widerlicher
mensch gewesen ist, auch wenn er in seiner
männlichkeit sich nicht von den meisten vätern
unterschied. ich musste ihn nicht mögen. dass
allerdings du noch glaubst, so etwas wie ‚liebe‘
für ihn empfinden zu müssen, nach all dem …

ich fände es durchaus angemessen, spucktest
du ihm hinterher, statt blumen, in sein grab. we-
nigstens diese geste. verstehst du? nur für dich


[ … und die heimat der anderen II ]

Samstag, Oktober 13th, 2007

naturgemäss können wir unsere lösungen auch nicht in
der suche nach ihr finden, setze ich am ende einer un-
ruhigen nacht vergessener träume hinzu und mit der le-
bendigen erfahrung, dass dein einsames abendrot nicht
das ende aller tage sein kann, wohl aber … ein zuhause


[ … und die heimat der anderen]

Freitag, Oktober 12th, 2007

eine spannende begegnung in kiel: murat müftüoglu. un-
bedingt anhören, lautet meine musikalische empfehlung

und was ist eigentlich ‚heimat‘, unterbricht er den rede-
fluss seines freundes. das, wovon wir fortgehen, oder
das, wo wir hinwollen, frage ich. wir finden keine lösung


[ die berge sind in den wolken ]

Donnerstag, Oktober 11th, 2007

„ich sitze im dachstübchen, es regnet, die berge
sind in den wolken verschwunden. alles ist gut“

lese ich, aber es ist bereits zu spät zum zurück-
schreiben. zumal ich noch auf der suche bin, mich
nicht festlegen kann. ich will sagen, dass es mir
gut tut, dich zu kennen und euch, will allgemein
sagen, dass es gut tut zu lieben ohne angst –
ja, inzwischen geht das; kommen, gehen, kein
festgehaltensein und keine sehnsucht über alle
wehre hinweg. ja. aber ‚gut‘ ist es … noch nicht


[ feuerkopf, undeutsch ]

Dienstag, Oktober 9th, 2007

die türken behandeln mich noch schlimmer als die
deutschen, weisst du? (mit einer seiner beredten
gesten weist er irgendwohin.) mein bett, denke ich

die erkältung hat mich innerhalb eines halben ta-
ges von den füssen geholt. nach sechzehn stun-
den schlaf, einer heissen wanne, zwei tässchen
kaffee kreist in meinem kopf ein gedankenstrudel

die denken alle, ich bin blöd, weisst du? ich kann
das doch sehen. (mit seinem rechten zeigefinger
zieht er eine imaginäre linie zwischen seinen und
meinen augen, hin und zurück, damit ich verstehe.)

– schon, weil ich nicht aussehe wie ein deutscher
– wie, bitteschön, sieht denn ein deutscher aus?
– anders. anders als ich. jedenfalls nicht so wie du
– was’n glück! ehrlich gesagt, beruhigt mich das

zuhören. ausruhen. gleich noch ein wenig restsonne
geniessen. alle termine sind abgesagt, das handy
ist stummgeschaltet. in mir brennt der sommer nach


[ jerichow ]

Freitag, Oktober 5th, 2007

ich werde eine menge ändern müssen. wir sitzen auf der
veranda, rotes laub fällt aus den zweigen. ich bin in den
herbst gefallen, denke ich. über den steinernen tisch hin-
weg wird ein weisser plastikball geschlagen, später wer-
de ich mitspielen, als ob es ums leben ginge und mich zu-
hause fühlen. warum weiterreisen? wie ändern? wann?