Archive for Juli 5th, 2007

[ liebster r. – oder: pepelow liegt in der ostzone ]

Donnerstag, Juli 5th, 2007

„am nächsten wochenende bin ich übrigens an der ost-
see – falls es dich interessiert. wir machen eine kleine
sauftour nach pepelow auf den campingplatz, der im
letzten jahr unsere feriencamps beherbergte. dort fin-
det ein kleines platzfest statt (…) lass mal wieder
etwas ausführlicher von dir hören“

liebster r.!

es war eine zeit der mittleren katastrophen über mich
hereingebrochen, die mich des spärlichen restes an
bargeld beraubten; der lächerlich kleine umweg zu dir
war schlicht nicht mehr drin: prekäres leben. aber weil
ich auch noch eine autopanne auf dem weg gen süden
überstehen musste, wäre sowieso ein jegliches ausge-
fallen, was in richtung gemütlichkeit verwiesen hätte

die ostsee finde ich genauso wenig attraktiv wie spd-
feste
; ausserdem klingt ‚pepelow‘ irgendwie nach po-
peligem dörfchen in den brackwasserzonen der ehe-
maligen ostzone – pardon: ddr. und wie sollte ich, ein
angestammter südwestler, dort jemals hinfinden, ge-
schweige denn als rotbeschopfter nach einbruch der
dunkelheit diese überleben können?

darüber hinaus verbringe ich das fragliche wochenen-
de am bodensee (der, um deinen dementen geogra-
phiekenntnissen aufs töpfchen zu helfen, am entgegen-
gesetzten ende dieses schwarzrotgoldenen kontinen-
tes liegt), um zu arbeiten – im gegensatz zu dir nicht
um des unbedingten vergnügens willen (oder meinte
ich: nicht unbedingt um des vergnügens willen?). zu-
mal du von einer „sauftour“ schreibst …

hör mal, junge. ich bin nicht auf drogen, sondern auf
hartz IV
. da brauchste die – bestenfalls – am monats-
ende übrige halbe handvoll kupferkohle für dein bröt-
chen und wenn’s gold ist, mit ökomargarine drauf. mar-
melade, willst du einwerfen? dann, du weltferner, ist
sie aber geklaut!

ja, mein lieber: helmut kohls ‚wende‘ hat eben weit
mehr gebracht als die modefarbe dämlich-orange. o-
der heisst es seit ‚pisa‘ „orangksch“? ach, was sag ich
‚pisa‘ – ein rolliges dummerchen bin auch ich! – meinte
ich doch die rechtschreibreform, den nationalstaatlich-
en vollzug der neoliberalen entsprachlichung

„wurschtpfurzegalpissdraufgeschissen!“ würde ich gern
mördergrubenreinigend fluchen, kann ich aber nicht, da
sonst dein spamfilter mich unter dem weiteren schmutz
deines posteingangs abheftet. und dorthin – mit ver-
laub! – will ich genauso wenig geraten, wie auf eine
parteiveranstaltung der … aber das hatten wir ja schon