Archive for 2007

[ im parlamentspark ]

Freitag, Mai 25th, 2007

schick mir den brief. sag, was ich dir bin. die forderung-
en gleichen sich, findest du nicht auch? entfernungen
sind gut oder nicht, je nachdem, wieviel raum zum leben
du benötigst. ich gebe viel und brauche davon mehr als

üblich

abends, im parlamentspark dieser geflickten stadt, tol-
len kaninchen unterm licht eines halbierten mondes. was
ist das für ein heller stern, dort oben? die venus. eines
der karnickel schlägt seinen haken durch das gittertor
hinaus zur strasse; was uns beunruhigt: zu nah ist die
gefahr der fremden welten. und sollten wir die akkus
aus den telefonen nehmen? das ist die romantik einer
lauen maiennacht, im jahr 2007: der überwachungs-
staat greift das private in verwaltungsakten, reisst es

auf

schicke deine briefe nicht, sollte ich ihr sagen, damit
geheimnis bleiben kann, was wir einander schweigen


[ kreuzberg, berlin ]

Donnerstag, Mai 24th, 2007

eine frau überquert die strasse zur gegenüberliegenden
seite. etwas ist in ihren bewegungen, das mich hinschau-
en lässt. einen gestreiften rock trägt sie in altmodischen
farben, halblang, ein tailliertes oberteil in braunem cord-
samt, die schultern betonend. die flachen schuhe passen
nicht zum bild. haare halboffen, am hinterkopf locker
zusammengesteckt. etwas lässt mich hinschauen

sie ist nicht gross, schlank, bleibt vor den auslagen eines
trödelladens stehen, um nach einem kleidungsstück zu
greifen, dies prüfend vor sich hin zu halten, erst am aus-
gestreckten arm, dann an ihren leib angelegt, mit ihrer
rechten hand nach unten ausstreichend. eine halbe dre-
hung, das gewicht aufs linke bein verlagernd, hüfte ein-
geknickt, knie leicht anwinkelnd, ihr blick läuft langsam
abwärts. einen augenblick lang erstarrt sie zur kleider-
puppe. dann dreht sie sich mit einem ruck zurück zur
ladenfront

sie wendet sich um, erschrickt augenscheinlich. geweit-
teter blick: geh weg, sagt sie, geh weg. dann öffnen sich
ihre arme: komm her. in unsren schmerzvollen zeremo-
nien finden wir uns wieder

schnitt. geschrei vom nahen kinderspielplatz. mit dem
geräusch eines riesenstaubsaugers schiebt sich ein
orangefarbenes automobil der stadtreinigung durch
mein bild. auf der gegenüberliegenden strassenseite
warten einsam die auslagen vor einem trödelladen


[ gnadenschuss. eine polemik ]

Mittwoch, Mai 23rd, 2007

du bist zu ernst, erklärte einer später, als wir darüber
mutmassten, warum im publikum einzelne reden müs-
sen, laut, obwohl ‚unplugged‘ gespielt wird, also unver-
stärkt, zum hinhören leise. mich stört, was ich respekt-
los nenne. wenn mir was nicht gefällt, dann geh ich viel-
leicht raus; auf jeden fall halt ich mein maul: respekt

vom koch kann auch kein mensch erwarten, so viel salz
ans delikate ranzuschütten, wie es der mehrzahl seiner
schnellschlingenden kundschaft mundet. wenn ich im
restaurant bestelle – „keine karotten, bitte, sonst kotz ich
quer über den tisch“ – wird diese zutat peinlichst mir
vermieden. doch würde ich niemals wirklich … nein, ich
bin nicht zu ernst; eventuell lache ich an anderen stellen
oder an den falschen. meist

mir wurde ein foto zugesandt von einem tier, in einer
sprengfalle verendet. man stelle sich vor: eine falle mit
sprengstoff, von irgendeinem durchschnittsirren jäger
in den wald gelegt, ein fuchs wird angelockt oder eine
katze … wumm. da bleibt doch jedes lachen weg, ange-
sichts von soviel wahnsinn. oder soll ich sagen: alltag?

mir bleibt dann, jene falsche stelle zu konstruieren, an
der meine lachen hörbar wird: ein hund … wumm. er
überlebt aus rache und wird … polizeihund. ein kind …
wumm. das empfinden die meisten menschen jetzt als
pietätlos, weil geschmacklosigkeiten gegen füchse, katz-
en oder hunde … aber gegen menschen? kinder?? und
die aussicht auf ein kind, das verkrüppelt wird und aus
rache selbst zum jäger oder polizisten … nein. vielleicht
wollte es bundeskanzler werden, aber krüppel haben
keine echte chance, bundeskanzler zu werden; allenfalls
minister des inneren, wie der bundesdeutsche alltag
zeigt: der rollende wahnsinn

nicht auszudenken, wenn der schäuble noch einmal in
eine situation gerät, die er als ein anschlag auf sein le-
ben empfindet – um uns zu retten hülfe dann nur noch
der gnadenschuss

und da war es wieder: mein lachen. an der falschen
stelle. das lachen im bett. das lachen in der kirche. der
falsche ton im orchester. spielen alle leise, kommt der
durch. im deutschen demokratischen orchester, aller-
dings, wird derzeit laut geblasen und gestrichen. marsch-
musik. das scheint gut anzukommen, allgemein, im all-
tagsleben, in der politik – mir ist dabei nach lachen
nicht zumute

vielleicht, weil diese gradlinigkeit an irgendwas erin-
nert, diese im dirndl daherkommende naivität, dieser
glaube an das gute, das wie manna von oben runter-
knallt, dieser respekt vor gestärkten kragen, bügelfal-
ten – sssst-schnurgerade! -, vor blinkenden uniform-
knöpfen unter grauen schädeln, dieses schrankenlose
staunen über die inhaltsleere überzeugungskunst poli-
tischer verwaltung, ohne widerstand, und – und! – das
schweigende zurseitegehn, wenn polizei in panzern
durch die strassen rollt: wegtreten ist keine deutsche
tugend, sondern pflicht

es ist ganz einfach, wenn alle das gleiche glauben: de-
mokratie ist, wenn wenige vorsagen, was alle anderen
denken. müssen. soviele gnadenschüsse kannste gar
nicht geben, um noch von gnade zu sprechen

nein. ich bin nicht ernst, zu ernst; ich habe längst ge-
lacht, wenn anderen noch nicht einmal zum grausen
ist


[ dimitroff und bersarin und … m. ]

Dienstag, Mai 22nd, 2007

dimitroff statt danziger, petersburger statt bersarin –
zufällig schlug ich eben diesen stadtplan auf, total ver-
ranzt, veraltet, um meinen weg über den prenzelberg
zu finden. wir sprachen darüber; viel zu kurz. es gibt
verfluchte tage, an denen alle ampeln grün geschaltet
sind. ich würde das gespräch gern fortführen, wieder
aufnehmen. aber … wie?

dass ich zu schüchtern bin, glaubt mir kein mensch

berlin. die sonne brennt herab, dass mir das wasser in
die schreibspur fällt, ein fenster öffnet sich, heraus ein
halber kopf und eine stimme, laut, wo ich denn bliebe

ich weiss es nicht


[ live in pankow: peryton & vallentin ]

Montag, Mai 21st, 2007

heute abend, gegen 22:00 uhr:
peryton mit thomas vallentin
auf der ‚offenen bühne‘ des „zimmer 16“
florastrasse 16, berlin-pankow
(der eintritt ist frei)


[ pause. weiter ]

Sonntag, Mai 20th, 2007


 

und dann ist alles gestern gewesen. man atmet
nicht mehr gemeinsam durch, in den pausen. neue
türen werden aufgestossen, neue namen ins ver-
gessen genommen. weiterreisen, nicht ankommen;
noch ist die zeit nicht dafür, nicht der ort und …
ich habe so gespielt, als wärest du dabei gewe-
sen, gestern, vorgestern und die vielen male zuvor
 

foto: konzertpause
kiel, 13. mai 2007
aufnahme: elena yost (kiel)
copyrights: peryton & yost © (2007)


[ unter glas ]

Samstag, Mai 19th, 2007

mit dem fuss stiess er die türe auf und wuchtete einen
plastikkorb auf den tisch, neben den bildschirm meines
rechners. rumms. wusstest du, fragte er, dass in unse-
rem keller noch sachen von dir liegen? ich ahnte sowas

dann finde ich in holz gerahmte fotos, in zeitungspapier
eingepackt, einige in scherben. mein diplom. das abitur-
zeugnis. sogar meine geburtsurkunde. da, schau her:
zwanzig jahre kehren in farbe zurück. ein niedermoor in

der nähe von besse en chandesse. die pferde begegnen
sich zum ersten mal. du führst ein menschenrad an, dein
blick fängt und hält mich fest, wie damals. da fühle ich
mich unwohl, eingeholt, festgehalten auf papier, unter

glas gespannt: abhaun löste die probleme nicht


[ fools on the hills ]

Freitag, Mai 18th, 2007

darüber haben wir schon gestern gestritten: dass streite
keinen sinn machen, ohne ziel und grenzen. und dass ein
krieg nur dann gewonnen werden kann, wenn er nicht ge-
führt wird. achteten wir sorgfältig darauf, dass sich die
worte nicht materialisieren zu gerätschaften, die … bevor
ein panzer rollt, wurde er erdacht. das ist ein langer weg

die welt ist eine rotierende kugel. so drehn wir uns im krei-
se immer blöde um unsere eigenen achsen herum und glau-
ben, wir kämen dabei ein stückchen voran. fools on the hills


[ wochenendseminar: tierbefreiung. berlin ]

Donnerstag, Mai 17th, 2007

berlin-weissensee, 18. – 20. mai 2007. „sie sind nicht etwas,
sondern jemand.
ein wochenende für die befreiung der tiere“


[ blick zurück: konzert, café medusa ]

Dienstag, Mai 15th, 2007


 

danke, sag ich. mein publikum ist eben das feinste
der welt; auch, weil es ein sehr kleines ist. nach
über zweieinhalb stunden weitere zugaben zu wol-
len ist … doch: schön war es. innig war es. im ‚café
medusa‘
spiele ich wieder. jaaa, bald. versprochen


(und am mischpult sass honky. ein grosses
dankeschön für den guten bühnensound!)

 

foto: peryton live im café medusa
kiel, 13. mai 2007
aufnahme: elena yost (kiel)
copyrights: peryton & yost © (2007)


[ sie haben das recht zu schweigen ]

Montag, Mai 14th, 2007

videomitschnitt des vortrags „sie haben das recht zu
schweigen“
von udo vetter (lawblog.de) auf dem 23.
chaos communication congress (dauer: 68 min 56 sek)
hier gefunden. ich finde ihn so sehenswert, dass ich
ihn in meiner linkliste unter der rubrik ‚living dolls &
fighting‘ aufgenommen habe


[ da capo: in den strassen von wien ]

Sonntag, Mai 13th, 2007

da ist mir in den archiven wieder was zwischen die finger
geraten … live, oktober 2002. peryton (gesang & gitarre)
begleitet von usha hoernes (gesang) und klaus niendorf
(didgeridoo)

„in den strassen von wien“
(mp3; 4,6mb)
(ogg; 3,0mb)


[ gestatten? hemprich, speziesist ]

Samstag, Mai 12th, 2007

„Der Wirklichkeit entspricht“, daqß Georg Hemprich hier
und jetzt (nachlesbar) speziesistische Äußerungen ins
Forum geschrieben hat (Beispiel). Da kann Molke leugnen,
daß er das außerhalb des Forums tut, soviel es will.
Achim“

(achim stösser im ‚antispe-forum‘)

der qualität eines solchen beitrags entspricht, achim stös-
ser, dass der link zum ‚beispiel‘ keine erhellung bringt

ich habe übrigens damit gerechnet, dass früher oder spä-
ter sowas kommen muss. schon, weil ich zu beginn der dis-
kussion deutlich gemacht habe, dass ich die vielen worte
um (über) das eigene nichtwissen nicht sehr schätze. nach-
dem ich dann auf deinen ersten versuch (folge deinem ei-
genen link, achim) nicht reagiert habe, musstest du einen
zweiten nachschieben: bittebittebitte sei gekränkt

mein erster vorschlag zur lösung dieser schwerwiegenden
betriebsstörung ist: sperren, so einen speziesitenarsch wie
den hemprich – kurz und knapp und ohne weitere worte!

das hält die eigenen reihen sauber und ist ebenso konse-
quent, konstruktiv und hilfreich wie im ‚real life‘, wo die
kritischen, die anderen, die bunten, die abweichler von
der eigenen (reinen!) linie zu feinden erklärt werden müs-
sen, verdammt und verbannt, damit die eignen wider-
sprüche kleiner scheinen

mein zweiter vorschlag ist: ladet hier niemanden mehr
ein, von dem ihr vorher schon wisst, dass er nicht (nur)
das sagt, was ihr hören wollt – um hinterher den versuch
zu unternehmen, ihn abzuwatschen. sowas ist doch ein
wenig … billig

fazit: die welt dreht sich in gewohnter weise weiter falsch
herum – die alten feinde sind die alten feinde geblieben

wir müssen uns nicht umgewöhnen, wir können uns wei-
ter ‚arschloch‘ nennen oder gefällig mit schlimmerem be-
speien und bekommen beifall oder widerworte von den
stets treuen wie bekannten. alles, also, wie gehabt. und
soooooo langweilig …


nachtrag: dieser beitrag kann im ‚antispe-forum‘ nicht
gelesen werden, weil er zensiert, das heisst: gelöscht
wurde. kritische stimmen sind eben unerwünscht


[ konzert: 13. mai 2007, kiel ]

Freitag, Mai 11th, 2007

„chanson & lyrik“ (peryton solo)
café medusa
medusastrasse 16 (hinterhof), kiel
beginn: 19:00 uhr


[ gaardener kulturtage & peryton ]

Donnerstag, Mai 10th, 2007

eröffnung der „gaardener kulturtage“ (10. – 13. mai 2007)

gaarden ist ein stadtteil kiels, auf dem ostufer der förde
(einer schmalen meeresbucht der ostsee) gelegen. die
auf dem westufer liegende stadt wird von diesem kultur-
fest ebensowenig mitbekommen, sagt der spötter, wie
die bevölkerung gaardens; keine plakatwerbung, keine
ankündigungen in den regionalen monatsmagazinen …

ein kulturelles event ohne publikum und ohne widerhall?

der gaardener kulturbetrieb scheint fern dem stinknor-
malen leben und sich unter seinesgleichen selbst genug


[ desperate housewives ]

Mittwoch, Mai 9th, 2007

immerhin hast du dir reichlich zeit genommen, für deine
zärtlichen ausreden. ‚katzengeschichten‘, könnte jemand
abfällig dazu sagen; aber was ist schon wichtiger im leben
als katzengeschichten? und nein: es sind natürlich keine
ausreden. es ist so. ich wusste es eh; warum sollte ich die
hoffnung aufgeben, solange es eine ahnung davon gibt?

manchmal finde ich mich selber ziemlich positivistisch ein-
gestellt; ätzend, eigentlich. aber es geht vorbei. ein anflug
von romantik im lichte eines sonnenuntergangs, im klang
der abendamsel, die dem fortgezogenen regen nach- oder
gegen die erinnerung eines vollmondes ansingt. ja, natür-
lich tun sie das. so wie katzen auch. aber lass uns jetzt nicht
wieder von katzen reden, sonst werden wir hier nie fertig …


[ die achseln der blöden. an christian klar ]

Dienstag, Mai 8th, 2007

in la république française entschied ein mehrheitsvotum für
‚kärcherisieren‘ als neudemokratische möglichkeit zur lösung
brennender fragen, in brd wird überhaupt entschieden, dass
die alten mächte ohne gnade sind und ihre macht behalten. es
wird eben so lange weitermarschiert, wie das schweigen anhält

dabei wäre es allerhöchste zeit für freiheit, denke ich und
singe davon, am rande der einkaufsstrassen, wo pomadierte
jungs sich in wortklammem spott verstammeln, um sich vor
girlies gross zu tun, die nuttiger getakelt sind als ihre aldi-
mütter, sobald sie meiner angesichtig sind – ich kenne das
schon. in manchen städten ist dies phänomen ein starkes

wenn die debile zukunft so an mir vorüberzieht, hilft nur der
lange ton, der wohlklingende schrei, damit ich nicht einatmen
muss den gärgeruch in den achseln der kleinen und der blöden

die welt ist nicht besser geworden, christian, in der zeit nach
den bomben und nicht schlauer; hans-martin schleyer, der
faschist, ist nicht getötet, sondern lebt. auch da hat der staat

gesiegt


[ anders, schreibe ich ]

Montag, Mai 7th, 2007


 


obwohl ich wieder ‚hier‘ bin, habe ich das gefühl, nur halb zu
sein. zu viel gereist und zu weit, in der letzten zeit; ich kam
mir nicht mehr hinterher. mehr ruhe braucht der frühling
für mich. oder war es anders herum?

schreibe ich und fühle die müdigkeit stärker als zuvor. das
ist nicht die nacht, da draussen, nicht der leise regen; end-
lich fällt er, weich fällt er. ich wünschte, es wäre schnee in
der stille vergangener winter
 

foto: kiel, 03. mai 2007
aufnahme: svenne


[ zwischenlandung ]

Freitag, Mai 4th, 2007

angekommen. alten notenkram heraussuchen, auf taug-
lichkeit prüfen, wieder untergraben. singen. so tun, als
ob das leben normal sei. raps. es riecht nach raps, grün-
gelb, aufdringlich. und freunde drohen mit gemütlichkeit


[ frühling(s) wahnsinn II ]

Mittwoch, Mai 2nd, 2007

es bleiben nur fetzen übrig, nach dem erwachen, meiner
klarsten zeit. natürlich gäbe es eine menge zu schreiben
über die irren der zeit; mir steht der eigene wahnsinn im
weg. auch: die farben des frühlings, die ich in schwarz-
weiss zu fotographieren versuche, weil sie anders nicht
zu ertragen sind. und jeder tag ohne regen frisst ein stück
vom glück; wer kann stets daran denken ohne bedrückung?