foto: berlin, 19. april 2006
herbst hat sich an eine dachrinne gehängt und spei-
chelt grau herab. ich nehm das telefon zur hand, ich
sage alles ab. das ist kein tag zum leben, eigentlich
und bleibe am hörer, eine kaffeetasse rechts neben
der tastatur, ein schluck, dann weiter. kannst du das
bild schon sehn? ich kann: viel spitzer, bitte, das ist
1 hirsch, kein reh. ein schluck kaffee. und draussen
schlägt der regen – zack! – die sommerblumen platt
dass menschen sich erst dann bewegen, sich enga-
gieren, wenn die betroffenheit sie ganz persönlich
trifft, ist eine alte leier. im www zu lesen, dass auch
du … ein wenig trifft mich das. persönlich. ich sollte
– auch das die alte leier – ich sollte abstand nehmen
nehme einen schluck kaffee, den letzten, das tele-
fon durchklingelt mein zerdenken, ich mache wei-
ter und vergesse. der regen schlägt die sommer-
blumen tot, die sommerblumen alle tot, und das ist
gut
schreiben? heu-
te nicht. zuschau-
en. schrieb ich. &
weiter
das selbstsichere lächeln derer, die einge-
tauscht haben das wie wird gegen das ist
das was könnte gegen ein das geht macht
die harte kerbe im mundwinkel: so, ja so
lächeln die erwachsenen
jaja – ich weiss: du findest mich toll. aber muss
dir das die kraft nehmen, auf eigenen füssen zu
stehen?
(bewundert zu werden ist mir unangenehm;
ich bin doch kein wunder. ich bin ein peryton!)
kennen sie günter grass?
guck mal ute: wir sind auf seite eins! °
alt und vergesslich macht auf jung und fesch
wendehals mit federtasche, grossem maul und guten freunden
wir sind wieder wer! (der augenblick ist klug gewählt)
hoffentlich redet keiner drüber
hoffentlich doch
° – ute grunert, grass‘ zweites eheweib ab 1979
scan: outing
günter grass in ’neues deutschland‘ (15-08-2006)
übermalt mit blauem kugelschreiber, umrandet mit schwarzem
filzstift. grösse ca. 4,3 x 3,4 cm
ich fahre allein, sagt sie
was?
du kannst nicht mitkommen
was??
du kannst nicht mitkommen
sie macht sich los, schiebt ihn von sich, steigt
drei stufen hoch ins innere des waggons, die
türen schwingen krachend zu. er bleibt auf dem
bahnsteig zurück. hier wird er stehenbleiben
(lautsprecherstimme. unverständlich)
sex? fragt sie, auf das vor ihr liegende papier
herunter schauend. denkst du an sex? und
wenn ja, wie oft?
sie nimmt das ende des kugelschreibers zwi-
schen ihre lippen, kaut darauf herum. als
meine antwort sich verzögert, hebt sie ihren
blick, findet meine augen
ein- bis viermal am tag. pause. da ist eine
zahl in meinem kopf, die nicht stimmen kann:
einskommasechs. pause. dann, in veränder-
tem ton hinterhergeworfen: ist das normal?
(lacht sie?)
einskommasechs, schreibt sie, halblaut buch-
stabierend
„wir kommen von weit her, gott sei dank“
spricht ein katholischer prediger im morgen-
radio. das muss ein rechter menschenfreund
sein, denke ich, der aktiv gegen abschiebe-
knäste angeht
(° – ’swr-kontra‘, 27-07-2006, kurz vor 9 uhr)
für euch: der zweite mp3-handy-klingelton aus der peryton-klangschmiede
komposition/arrangement: peryton (hemprich/verdier)
peryton – klingelton 02 (mp3; 236 k)
download zur privaten nutzung kostenlos
copy- & phonorights: peryton (2006)
wie an jedem ersten montag im monat wird auch morgen
eine ‚offene bühne‘ veranstaltet. wer nichts besseres zu
tun hat und keine neuen ausreden findet: hingehn. auch
ich werde dort sein. und – natürlich – spielen. ‚zimmer 16‘
(berlin-pankow, florastrasse 16). ab 21:00 uhr. der
eintritt ist – die welt ist zu gut für euch banausen !!! – frei
ja, das bist nur du, sage ich. das rauschen zwischen meinen
ohren ist ein wasserfall, von hand zu hand springt mir ein
regenbogen, gegen eine schräge sonne kneifst du die augen
zu, das tosen nimmt die worte mit von deinen lippen, ein trop-
fen tränt herab aus augenbrauen, du drehst dich von mir fort
und ich bin aufgewacht
nun bin ich ein alter wolf geworden
und heule dir noch immer hinterher
mond, mein mond
das hast du falsch verstanden. angerührt war ich von
dem, was ich herauszulesen glaubte. dass die geschich-
te wieder aufgebrochen ist, für einen augenblick, sagt
er. ich, berührt, dass er es lesen konnte: das ist kein au-
genblick. und in gedanken, um nicht noch mehr preiszu-
geben: wie eine blüte, unvergessen unter all den andern
foto: rosenhöhe darmstadt, 15. juli 2006
weisse flecken lagen auf dem gras. sah es
durchs regennasse glas, irritiert, fand ihren
grund zwischen den zweigen, hellblond, nicht
mehr komplett und unscharf, ohne meine
brille. ein mond zum weiterreisen
sie habe glücklich ausgesehen, unterwegs
nach süden. atmen. stille. dann ich: ich
fürchte, deine einschätzungen waren mei-
stens falsch. ich kenne sie doch nicht, nicht
wirklich, hastig sagte sie das, lauter, und wie
entschuldigungen fielen ihre ausgebrauch-
ten worte leblos vor mich hin
ich wache also auf und finde sie wieder, da-
rüber den mond, hellblond, eiskalt und schön
wie je, zum weiterreisen. morgen. richtung
norden
würdest du alle meine fragen beantworten, du
kenntest dich. ich kennte dich. vielleicht gäbst
du mir antwort auf mich selbst
denke ich, den blick zum himmel, in dem zwei
münder sich im kreis verschlingen, deiner und
meiner, seit aller ewigkeit
für euch: der erste mp3-handy-klingelton aus der peryton-
klangschmiede
komposition/arrangement: peryton (hemprich/verdier)
peryton – klingelton 01 (kurz) (mp3; 238 kb)
peryton – klingelton 01 (länger) (mp3; 695 kb)
download zur privaten nutzung kostenlos
copy- & phonorights: peryton (2006)
wenn ihr diese sätze zu lesen bekommt heisst das:
ich hatte keine zeit, etwas anderes zu schreiben. dann
sitzen wir – daniel und ich – gerade im kühlen keller einer
süddeutschen provinzstadt und mixen an den letzten
sekunden der neuen cd. oder wir proben bereits für
das neue programm – das wäre das beste. in jedem
fall heisst das: bis ich wieder an einem rechner sitzen
kann, dauert das ein paar tage. trinkt in ruhe ein täss-
chen irgendwas oder raucht ein pfeifchen oder auch
zwei … dann gehts hier weiter, wie gewohnt: schamlos
eigentlich hatte ich keine lust mehr, nach den
nervtötenden erfahrungen der vergangenen
woche; aber weil die abendsonne lockte … ich
nehme ein wenig spott zurück, über diese stadt
und ihre satten kinder. heute war es nett. sehr
ein aktionstrupp heilseliger hare-krishna-jüng-
erInnen passierte in rascher folge zweimal mei-
nen spielort und zwang mich durch ihr bimm-
eln und singen zum pausieren. als sie dann auf
der gegenüberliegenden strassenseite aufstell-
ung nahmen, trug ich ihnen meinen zorn hin-
über: merkt ihr nicht, dass und wie schamlos
ihr grenzen überschreitet? als sie feststellten
dass mein brüllen trotz ihres lauter werdenden
gesangs nicht enden wollte, zogen sie sicht-
lich beleidigt davon, bimmelnd und singend
ja, die welt ist ungläubig und böse. manchmal
sogar lauter und böser: dann ist’s ein peryton
zwar fand ich meine aktion ziemlich … schräge
– bis mir ein passant auf die schulter klopfte: ich
bin auf deiner seite. das fand ich überraschend
(und) sympathisch; öffentliche solidarität mit
kritischen ist nicht alltäglich. und selbstver-
ständlich (auch) nicht unter den bürgern