die nachfolgende erklärung, die während des prozesses
gegen theresa b. verlesen wurde, hat mich eben erreicht
und erfreut und weil ich euch gerne belehre über die not-
wendigkeit anarchistischer frechheit, sei er euch in zwei-
facher hinsicht kredenzt, als dokumentation und zum mut-
machen: widerstand hat (hinter-) sinn
„Sehr geehrter Herr Richter, Herr Staatsverteidiger,
Wie nennt man gemeinhin jemanden, der gerne austeilt
aber nicht einstecken kann? Einen schlechten Sports-
freund vielleicht, einen Spielverderber.
Nun haben wir es hier mit folgender Situation zu tun.
Menschen, die sich dadurch auszeichnen Diener und
Untertanen des Staates „Bundesrepublik Deutschland“
zu sein, behaupten, dieser „fühle“ sich verunglimpft
durch den Spruch
„BRD, Bullenstaat, wir haben Dich zum Kotzen satt!“.
Jenseits der Frage, was „Verunglimpfung“ überhaupt
sein soll – es wird wohl sowas wie Beleidigung sein – muss
mensch doch bezweifeln, dass ein Staat – ein Konstrukt!
ein Gebilde! – überhaupt Gefühle haben kann, wie sonst
sollte er sich verunglimpft oder beleidigt >fühlen< ??
Es wird aber von diversen Staatsuntertanen die Meinung
vertreten, dieser genannte Spruch verunglimpfe – was
ist denn dann eigentlich verglimpfen??? – den Staat. Bei
exakt der selben Sorte Leuten muss mensch jedoch fest-
stellen, dass sie selber keine Probleme haben, andere
Menschen als Chaoten zu beleidigen, willkürlich zu be-
schimpfen, zu diffamieren, zu verprügeln, anzuklagen,
zu verurteilen, zu schikanieren. Alles im Namen jenes
Staates, der wegen eines kleinen Spruches jetzt die be-
leidigte Leberwurst macht. Eine ganz schöne Mimose
dieser Staat! Ja meine Güte, der arme kleine Staat, rennt
zu Mama, respektive Herrn Richter Klarmann und heult
sich einen aus, und der Herr Zeuge vom USK Dachau
spielt den besten Freund, der alles gesehen haben will.
Mir kommen die Tränen.
Und das alles vor dem Hintergrund, dass der Herr Staat
sich gar nicht so genau anguckt, ob er denn auch gemeint
war. Erstmal beleidigt sein, dann fragen. Vielleicht tun
nämlich manche Untertanen in seinem Namen ganz gerne
Dinge, die den Schluss nahelegen, dass der Staat ein un-
freundlicher Zeitgenosse ist, den mensch in manchen
Momenten ganz schön zum Kotzen satt hat.
Besonders, wenn man auf Leute wie das USK Dachau trifft,
eine Einheit, die sich nicht zu schade war, nachdem sie
mich und meine FreundInnen den ganzen Tag und den
davor schikaniert, angegriffen, rumgeschubst und geprü-
gelt, festgenommen und angezeigt hatten, mich vor der
Polizeiwache in Murnau von vorne bis hinten vollzusülzen
und zu belabern. Ich könnte heute noch nicht wieder
laufen, hätte ich es ihnen erlaubt mir so tief in den Arsch
zu kriechen, wie sie es sich anschickten. Aber das kam ein
bisschen spät, zu tief saßen in mir die Bilder der hasser-
füllten Augen, der gezogenen Knüppel, zu deutlich klangen
in meinen Ohren noch die beleidigenden und respektlosen
Sprüche, zu nah war die Erfahrung der sinnlosen Gewalt-
aktion gegen ein friedliches, fröhliches und fast beendetes
Konzert.
An dieser Stelle ist zu sagen, dass ich es völlig unerheblich
finde, ob nun ich das gesagt haben soll oder wer anderes.
Tatsache ist, dass dieser Spruch gerufen wurde, und nicht,
weil irgendwer von uns so doof ist, zu glauben, bei der BRD
handele es sich tatsächlich um einen Polizeistaat, sondern,
weil es konkreten Anlass dafür gab, für den unter Anderem
der USK Dachau maßgeblich verantwortlich ist.
In der Tat, es gibt Bücher, die die Frage behandeln, in wie
weit die BRD noch eine Demokratie ist und in wie weit sie
sich auf dem Weg zum Polizeistaat befindet. Aber das nur
nebenbei.
Worüber es keinen Zweifel gibt, ist, dass die bayrische
Polizei und ihr voran das USK, sich in Mittenwald immer
wieder gebärdet haben, als sei dies ein Polizeistaat und sie
die einzigen die etwas zu sagen und über alles zu bestimmen
hätten. Sie machen noch nicht mal davor Halt, Richter-
Innen, Gerichte und Urteile zu missachten – verbal und
tätlich. Und ich habe auch keinen Zweifel daran, dass jeder
einzelne von ihnen in einem „Bullenstaat“ genauso weiter-
machen würde, weil der Übergang schleichend ist und es
ihnen gar nicht auffallen würde.
Unsere Reaktion auf sowas ist eine berechtigte Wut über
und Kritik an diesen Zuständen, zumal wenn mensch auch
andere Zustände kennt und somit klar ist, auf welch recht-
licher Willkür solche Einsätze beruhen.
Tatsächlich ringt der inkriminierte Spruch nördlich der
berühmten Weisswurstgrenze keinem Staatsuntertanen
egal welcher Couleur auch nur ein müdes Lächeln ab.
Auch daran, dass Polizisten im normalen Sprachgebrauch
nunmal Bullen heissen, hat staat sich anderswo gewöhnt.
Genau deshalb ist dies die Chance für die bayrische Justiz,
gleiche Augenhöhe mit den KollegInnen von „Restdeutsch-
land“ zu erreichen, ansonsten werden sich wohl höhere
Richterinnen und Richter außerhalb dieses ansonsten
landschaftlich wunderschönen Bundeslandes mit der
Bedeutung des Spruches beschäftigen müssen.
Denn ich, die ich hier stellvertretend für alle anderen
angeklagt bin, lasse mir dieses Mimosengetue eines
bayrischen Staates nicht gefallen.
Wer austeilt muss auch einstecken können!
Staat, hör auf zu Heulen.“
theresa b. wurde zu einer geldstrafe von 800 euro zu-
züglich gerichtskosten verurteilt. aber theresa b. hat
rechtsmittel eingelegt, das heisst: es geht weiter. getreu
dem motto „wer austeilt, muss auch einstecken können“
ganz schön blöd gemacht vom ‚herrn staat‘, denn eigent-
lich hätte er sich das denken können: nur (staats-) trottel
lassen sich den mund verbieten. nun wird es für ihn
umso peinlicher … „
(fortsetzung folgt)