Archive for 2006

[ ich sollte … ]

Freitag, Januar 13th, 2006

… aufhören, denke ich, stecke den stift zwi-
schen die

seiten. nehme einen heissen schluck kaffee
darauf einen schluck kühlen wassers, bemerke
wie angenehm der klangraum dieses ortes
den tinnitus bettet, spüre das nichtverstehen
neben mir platz nehmen, wo du nicht platz ge-
nommen hast, sehe dich nicht sitzend, gegen-
über, eine nelkenzigarette zu deinen lippen
führend – und habe nichts mehr zu sagen, in
meiner gestrigkeit

mit den wurzeln im vergessen werden die
blätter grau


[ … oder über die dächer davon ]

Mittwoch, Januar 11th, 2006


 

in jedem satz ein gebirge
ein fluss, ein tal, in dem ich
wandern kann, ohne weg
– natürlich barfuss –
jeder steg eine rettung
jeder schatten ein pfad
irgendwann sprichst du
mit flechten und mit steinen
 

foto: … oder über die dächer davon
berlin, 29. märz 2005


[ schneetreiben: neue kommentare ]

Dienstag, Januar 10th, 2006


„ich werde ich mich immer wieder streitbar äussern, sobald
sich mir die (manchmal traurige) gelegenheit dazu bietet. und
dabei zielt meine kritik stets besonders auf jene, die mir am
nächsten stehen, mich – selbstverständlich – eingeschlossen“

 

die diskussion zu den geschehnissen auf dem ‚jukss‘
schleppt sich voran, wird aber von den veranstalter-
Innen immerhin zur kenntnis genommen
 

nachtrag (11.04.2009)

simson hipp, der auf dem jukss auftretende sekten-
werber für „universelles leben“, ist bis heute weiter
aktiv. hier der link zu einer einer dokumentation über
„Verschwörungstheoretiker & Co. in der Jugendum-
weltbewegung“

der jukss selbst ging aus den zahlreichen diskussio-
nen über beeinflussung von sekten und sektenähn-
lichen gruppierungen nicht gestärkt hervor; zum jah-
reswechsel 2008/2009 fand der sogenannte „jugend-
umweltkongress“ in einer „freien waldorfschule“ in
franfurt/main statt …


[ harte tage ]

Montag, Januar 9th, 2006


 

hier: harte tage hinter nebelwänden
– ich rette mich in die cafés um mehr
zu sehn und bin doch weit entfernt

ob sie sich erinnern, an das gespräch
mit dem fremden?

die sonne fiel kalt über den place jean
jaures. es hatte den anschein, sie woll-
ten die herannahenden feierlichkeiten
ignorieren, alle gemeinsam, in unaus-
gesprochener einigkeit

ob sie sich erinnern, wenn sie alleine
sind, an ein gespräch mit dem fremden?
 

foto: am place jean jaures
marseille, 22. dezember 2005


[ geh zu ihr – 03. januar 2006 ]

Sonntag, Januar 8th, 2006

„lass uns jetzt nicht blöde sein. es ist ziemlich viel, was wir
verlieren und sehr viel, was wir für uns retten können. lass
uns etwas mut haben & kraft für veränderung. es regnet“

 

es taut. im gitarrenkoffer liegt eine postkarte ohne datum, le
pont metallique de tarassac, beschrieben mit grauer spur. ich
lege sie neben meine noten, trete dicht ans mikrophon heran

beginne für dich° zu singen
 

° – ogg; 5,5mb


[ pause machen ]

Samstag, Januar 7th, 2006

„wie – du willst pause machen … du kannst das?“
 

ja klar. wenn ich mir das als termin eintrage …

doch, heute abend mache ich pause. werde nicht mehr ins
studio gehen. werde den rechner ausschalten, von dem
aus die letzten dringenden korrekturen auf der peryton-
homepage gemacht wurden. (ist sie nicht schön geworden??
los. sagt, dass sie schön ist. bitte) ich werde noch einen
kaffee aufsetzen und dann zu den freunden fahren, die
hoffentlich nicht vergessen haben, dass sie mich eingeladen
hatten

pause machen. geniessen, dass die arbeit getan ist. mich
am heute freuen, mich an gestern freuen, mich einfach auf
morgen freuen, weil morgen ein nächster tag kommt. mich
erinnern an die letzten projekte mit dem rapper ‚albino‘, der
gestern überpünktlich ins studio kam, als wir noch mitten-
drin im zurechtschneiden der gesangsparts waren – er kam
direkt von einer reise, obwohl er totmüde war und seine
stimme eigentlich ruhe gebraucht hätte (das klingt in der
aufnahme jetzt so schön absterbend, am ende. hach)
 

zum auffrischen eurer erinnerung – das war unser letztes
gemeinsames projekt: albino & peryton & nemo

‚relationen / genua‘ (ogg; 4,4mb)
 

und stop. kopf aus. pause


[ geschenke ein-, pfeile auspacken ]

Freitag, Januar 6th, 2006

„T-Shirts zusammenlegen ist wie Geschenke einbacken:
Ich kann beides nicht (…) Drei Hemden brauchten gestern
sechzig Minuten. Mir gehts zu gut für diesen Blog, zur Zeit.“

 

ach, dem herrn gehts zu gut, ja?

vielleicht sollte ich mich mal wieder beschweren über die
qualität der einträge in deinem weblog, die das niveau der
unvermeidbaren niveaulosen kommentare nur noch wenig
übersteigen. oder mich öffentlich darüber wundern, dass
die selbstbeobachtung des verspiesserns dich weder zu
ermüden, noch zu beunruhigen scheint

willst du etwa auch noch mental in marburg ankommen?
einnischen bei den versoffen-verkrachten? bei den kunst-
lemmingen? einen stammplatz einnehmen an den billig-
tresen? (und ich kann tatsächlich fotos von dir liefern, an
einem solchen ort, jawoll, die hab ich noch!) willst du ver-
grauen zwischen farbentragenden° und am ende gar täg-
lich darüber berichten? oh niels …

aber nein, all das nicht: ich nehme mein gift zurück. ich
stecke den pfeil zurück in seinen köcher, der nur mich
selbst treffen soll in meiner frustration: es geht mir wohl
nicht gut genug, hier nicht zu schreiben
 

° – burschenschaftler


[ herz schweigt betroffen. an z*** ]

Donnerstag, Januar 5th, 2006

z***, manchmal ist es richtig schwer. manchmal frage
ich mich, ob ich so wirklich weitermachen will (die
antwort ist immer ’nein‘). manchmal glaube ich, dass
ich es einfach nicht mehr schaffe. und dann kommt so
eine mail, wie deine heute morgen, und ich denke: doch
es gibt menschen, für die du schreibst. dann mach ich
weiter in der nächsten illusion, weil ich weitermachen
muss. was wäre die alternative? rund ist die erde und
der weg auf dem kreis unendlich

und weil ich gerade anfing über den heutigen tag zu
schimpfen, über meinen kratzenden hals vor lauter
ärger, vor lauter herunterschlucken besser nicht
gesagter worte, über die kratzende bitterkeit, über
meine müdigkeit, die den kopf leer macht, dass ich
nicht mal mehr meine texte für morgen vorbereiten
kann, da hab ich das geschimpfe wieder weggelöscht

kopf leer, zeilen leer, herz schweigt betroffen: ende

sei ganz lieb gegrüsst vom anderen ende des kreises
von irgendwo unterwegs – wenn ich mal weiss wo, dann
werde ich es dir sagen. (oder sagst du’s mir?)


[ studiotage ]

Mittwoch, Januar 4th, 2006


 

so schnell kann selbstzufriedenheit ins gegenteil umkip-
pen: wir haben zwar die letzten aufnahmen zu ‚comme
à marseille‘
erledigt, aber dann kamen die üblichen kata-
strophen, die es immer wieder so anstrengend machen:
erst brachte der tonabnehmer von gitarre ‚peryton II‘, die
noch noch nie im studio eingesetzt wurde, nur ein rau-
schen zustande, das klanglich nicht wirklich befriedigen
konnte. dann übertrug der tonabnehmer von ‚peryton I‘
keine bässe mehr

zum glück war eine weitere gitarre einsetzbar, die über
vierzig jahre alte ‚lewin‘, die mich manchmal zu konzer-
ten begleitet
. sie ist schwer zu spielen, als ob sie beson-
ders beachtet und umsorgt sein wollte; aber wenn sie ins
klingen kommt, motiviert sie mich stets zu neuem. was
heute dazu geführt hat, dass ich änderungen am arrange-
ment vorgenommen habe und wir deshalb ein wenig ins
streiten kamen … die zeit ist knapp, der druck steigt an

morgen abend soll eine neue (die dritte) version unseres
‚chanraps‘ „geh zu ihr / überall“ eingespielt sein – sagt der
zeitplan. mal schauen, was bis dahin noch alles passiert
 

foto: peryton & mc albino live
tangermünde, 28. dezember 2004
aufnahme: jens grubert (c)


[ an euch ]

Dienstag, Januar 3rd, 2006


 

eingerahmt von nachrichten geliebter freunde erlebte ich
den zahlenwechsel dekadent: in (s)einer badewanne, ab-
geschirmt vom explosionslärm – draussen – mit sekt, mit
schokoladenkuchen und allerlei … belebender leckerei

ich grüsse, weil’s so freundlich ankam – und doch gut tat –
all jene noch einmal zurück und herzlichst auch die andern:
euch

kommt immer wieder hierher und geniesst, denn für euch
schreib ich, für euch sing ich, für euch erfind ich worte, je-
den tag
 

foto: ganz am anfang (mit claus b., olivia m.)
silvester 1979/1980
peryton-archiv


[ schneetreiben und abgeschmackte katastrophen ]

Montag, Januar 2nd, 2006

ihr wähnt mich noch im süden, dabei bin ich längst in
den norden geschliddert, auf umwegen. hatte meine
teilnahme auf dem jugendumweltkongress ‚jukss‘
verweigert mit dem schlagenden argument, dass das
eine jugend- nicht aber eine seniorenveranstaltung sei
– und traf bei einem zwischenstop ihn; nein, anders
herum: er mich. doch nach zwei tassen kaffee musste
ich leider weiter

kaum angekommen, im norden, brach eine schnee-
flut übers land. ich wachte auf in grönland, quälte das
auto wenige meter durch hohen schnee bis an einen
kleinen hang … und dort rodelte es davon, ohne zö-
gern, ohne halt bis in ein weiter unten geparktes au-
to. beul, sagte das und der besitzer, der vielleicht den
schrei seines babys vernommen hatte und alsbald
erschien, mutierte – so schloss ich aus seiner mimik –
zu einem verfechter der todesstrafe (was natürlich
nicht stimmt, hier aber gut hingepasst hat)

das alles mag uns ärgerlich erscheinen, doch lange
nicht erreicht es den rang der ‚katastrophe‘. zumal
du weisst: dem homo sapiens neuster zeit gelingt die
grösste katastrophe erst perfekt in selbstorganis-
ation. und weil er auf gewinn hin strebt, ist der erfolg
am schönsten, wenn er auf seine eigne seite fällt. was
kurz gefasst bedeutet, dass der beschissne wahrhaft
glücklich ist nur in der eignen scheisse

man kann über die aktivitäten der sekte ‚universelles
leben‘ nicht nur im deutschlandfunk hören; nein, ich
erfuhr gestern von einer art ‚ul-einsteige-seminar‘
auf dem ‚jukss‘. es macht mich wütend, weil und dass
es denen überhaupt gelingen konnte, dort ihr verloge-
nes zu wort zu erheben. ihr habt gelost, ihr nachwuchs-
linken! ihr habt versagt, die chance vertan, die neuen
grenzen dort zu setzen, wo sie gesetzt sein müssen

in meinen augen setzt ihr die tradition der alten fort
– und seid nicht besser. mein bittres kompliment!

ich frage mich, ob und wann das erfolgreiche ausbrei-
ten der anthroposophen, die länger etabliert, am öko-
markt erfolgreicher und in der gesellschaft besser ak-
zeptiert sind als ‚ul‘ – besonders in linksintellektuellen
kreisen – die marktmacht des (erklärtermassen nicht
veganen) anthroposophischen biolabels ‚demeter‘
sowie die lüge von der freiheit ihrer waldorf-taliban-
schulen endlich ein thema zum diskurs wird und end-
lich angriffsziel zum handeln; aber wie das aktuelle ge-
haben auf dem ‚jukss‘ befürchten lässt, wird es wohl
nicht

wie einfach war es doch bisher: öko war bio und bio
war gut … vorbei. überall ist gabi. oder rudi. oder ein
neuer papst. was sollen sie jetzt noch fressen, die
veggies, die selbstbestimmten, die links-emanzipiert-
bewegten und woran sollen sie noch glauben?

das neue jahr erwischt die jungen kalt mit alten kata-
strophen

(prost!)
 

nachträge (aktualisiert am 11.04.2009) findet ihr
hier


[ und ich gab ein wenig schwarz dazu ]

Sonntag, Januar 1st, 2006


 

grau? du meinst, das foto sei zu grau?

aber hast du nicht dies wunderliche
rot bemerkt – das war ganz von selbst
im bild, als ob der stein abfärbte, den
du um deinen hals trugst

also geb ich ein wenig schwarz dazu, in
deine schatten, damit sie lichter werden
 

foto: gottesgabe, 05. dezember 2005