du bist mir ein warmer laib brot
herbstlaub bricht deinen blick
unter schnee liegen meine schritte
weine mir, winter
(magdeburg, 28. 11. 2005)
du bist mir ein warmer laib brot
herbstlaub bricht deinen blick
unter schnee liegen meine schritte
weine mir, winter
(magdeburg, 28. 11. 2005)
verlässlich ist
das verlassen
sagte sie
gleichwohl, sage
ich, das wiederkehren
in der zukunft
liegt
warum?
es lag an den öffnungszeiten, dass ich keinen blick
auf ihre bilder werfen konnte und daran, dass ein
schnee drohte, so kam ich viel zu früh an, weit vor
der zeit am ziel, schälte karotten für den kuchen, ich
rieb sie fein, schnitt den kürbis für die suppe, freute
mich der ankommenden gäste, durstig genoss ich
zu früh zu viel zu gewagte kompositionen, fiel end-
lich auf ein ruhiges sofa, als die meisten noch in
heller freude tanzten
unbemerkt
foto: unscharf (I)
köln, 25. november 2005
dies: du wirst zwischen den fronten zerrieben
werden. der gegner ist dir übermächtig, aber
noch siehst du nicht. noch weisst du nicht. noch
willst du seinen namen nicht kennen
sie setzen dich an deinen platz, lächelnd. du
lächelst, sie lächeln. du fühlst dich wohl, sie
streicheln dich. du putzt dich. sie lachen. du
stehst auf, machst ein paar schritte, du
setzt dich. du putz dich. sie lachen. du er-
hebst dich, machst ein paar schritte. sie
nehmen dich auf, setzen dich an deinen platz
zurück. kein lachen mehr. kein entrinnen
(verstehst du mich?)
schon glaubte ich dich aus
meinen träumen herausgeschrieben
herausgesungen aus meinem
leben. aber du bist wieder da
kraftvoll, selbstverständlich ziehst
du mich an deine ufer, zeigst du dich
weisst du mich gut bei dir, warm
und unentwirrbar nah
habe ich dir je verraten, dass ich
manches mal überrascht bin vom
gedanken dich zu lieben? dem das
herz augenblicklich nachfolgt mit
einem späten schlag, mit einem
stillen taumel: ein mensch wird
geboren
und ich ging wandern in deinen
landschaften. die sommergärten
lockten mich mit blütenduft, die
brunnen luden mich zum spiel
pflücke mich, sagst du. und ich
pflücke dich
foto: heidelberg, 23. november 2005
ein bisschen mehr bedacht
wäre manchmal angemessen
um zu vermeiden, dass es
– ach jeh! –
dass es noch peinlicher wird
da kam doch tatsächlich per email eine einladung der
inititative zur abschaffung der jagd zu einer jener mo-
natsveranstaltungen, die seit dem hausbackenen auf-
treten dieser ‚inititative‘ auf der medialen bühne dazu
geführt haben, dass das politische gewicht eines bis-
lang schwachen, aber dennoch argumentativ wahrge-
nommenen anti-jagd-widerstands nahezu gegen null
gesunken ist. was durchaus nachvollziehbar ist: keine
sekte kann das ethisch begründete argument der be-
freiung aller wesen glaubwürdig nach aussen vertre-
ten, wenn ihr glaubenszentrum totalitär ausgerichtet
ist, ihren protagonistInnen die nähe zu faschistischen
strukturen und denkmustern nachgesagt wird, die un-
terdrückung ihrer sektenglieder tägliche praxis sein
soll. das drängt die wenigen, zudem schwach vorge-
brachten argumente aus dem feld der ökologie ins un-
glaubwürdige, ins unwesentliche und verhindert da-
rüberhinaus einen gesellschaftlichen diskurs über
den umgang des menschen mit seinesgleichen und
’seiner‘ umwelt
ich fürchte also, den adressatInnen jener einladung ge-
fiel mein programmatisch gehaltener tagebucheintrag
‚vegan … na und?‘ dennoch so ausgefallen gut, dass
sie ihn vor lauter begeisterung missverstanden haben …
um dies endgültig aus der welt zu schaffen: ich koaliere
genausowenig mit sektenmarionetten, die sich dümm-
liche marketingparolen gegen jagd auf ihre werbefah-
nen geschrieben haben, um den warenkonsum der
hauseigenen produkte voranzutreiben, wie ich nicht mit
nazis gegen atomtransporte marschiere. beide beispiel-
haft genannten gruppen zähle ich zu meinen politischen
gegnerInnen und gehe entsprechend mit ihnen um
„da jetzt alle rehe tot sind, hatte ich den wald ganz
für mich alleine“
von solch fröhlichen nachrichten geweckt, beginne
ich meinen tag nachdenklich, doch ausgeruht. der
morgen ist so grau, wie er grau sein will, in meiner
zahnbürste blitzt ein versteckter splitter fenster-
glas und ich bin sicher, dass das augenpaar im spie-
gel ein perfektes beziehungsleben führt
später schiebt mir eine hocherwachsene mutter im
wiegenden schritt zufriedenen gealtertseins mit kin-
derwagen entgegen – sie starrt auf meine blossen
füsse, ich auf ihre grosspackung ‚öko-windeln‘. spon-
tan verabscheue ich diese stadt in ihrer biederen
sattheit. es ist noch nicht gelungen ° – nein, wirklich
nicht
° – ogg; 3,6mb
wenn die nachbarskinder mit den flammen
spielen unter euern dächern, so wie wir damals
zündelten unter luftschutzdächern, unter rohem
holz im wald, in ruinenkellern, aber ohne arg
wenn sie gebrandmarkt haben, also
was euch wichtig schien
wenn sie den müttern gesagt haben, dass ihre
milch bitter schmeckte, niemals besser als die
schläge ihrer abendväter, wenn sie die schulen
besuchen, um fenster einzuwerfen mit büchern
in sprachen, die zu verstehen niemand sie
lehren wollte, wenn sie ausgespien haben
ihren zorn und fortgegangen sind, endlich
ohne traurigkeit
dann
werde ich meine lieder dazu singen, meine
brennenden lieder von der liebe und davon
dass der warnungen genug gewesen sind
seht ihr? seht ihr?
on a fait le compte
foto: la cage aux enfants
marseille, 22. dezember 2005
kalt zerklirrte dieser morgen, wie das glas
zerbarst er unter ihren schlägen: aufmachen
oder …! ein ganz normaler terrormorgen
mit splittern im hemd, splittern in den
haaren, im mund sogar – und mir stank
entgegen ihre wut, besonders später, dass
noch immer keine angst war, in mir
wer sagt, dass die freiheit noch schläft, in
diesem lande, lügt. ihr habt sie euch erfun-
den. deshalb – und ohne dank – zurück an
euch: da nehme ich doch lieber meine
eigene, die ehrlich ist und stark und deren
name nicht geschrieben werden muss mit
scherben und blut
15. november 2005, 7:28 uhr
anlässlich der fahrzeugkontrolle auf einer bayerischen
autobahnraststätte schlug ein polizist die scheiben zweier
autofenster ein. anschliessend wurde ich wegen ‚wider-
stands gegen die staatsgewalt‘ festgenommen und – mit
handschellen gefesselt – in einen jener neubauten ver-
bracht, mit denen die deutsche staatsgewalt in jüngerer
zeit zunehmend städtebaulich in erscheinung tritt. etwa
anderthalb stunden lang blieb ich an eine sitzbank geket-
tet, bevor ich meinen anwalt anrufen konnte
ein ganz normaler vorgang, wie ein polizist später erklär-
te. ach, fragte ich ihn, das ist für menschen wie sie normal
morgeneifer einer stadt brüllt durch den nebel
von einer krähe kommentiert, die vorüber zieht
– der tinnitus der zeit weckt mich, sehnend nach
verloren gegangener ruhe, fern der häuser
als das aufwachen noch geholfen hat, waren
die schrecken der träume vertagt: nein, kind
das hilft nicht mehr. du bist schwarz. du bist
die krähe und die jagd ist offen. es gilt, sie wahr
zu nehmen, bevor sie bei dir angekommen sind
foto: krähe am pranger
bei pont d’aubenas, 03. september 2005
diese alte frau
der das leben ein lachen
ins gesicht gerissen hat
wie eingenagelt
der eiserne strich mit dem
feuerhaken durch die asche
ohne einen sinn
gestern war es
– war es erst gestern? –
dass wir aufgewacht sind, nebeneinander
ohne ein gefühl von angst
aber voller lust und der gewissheit
dass wir siegen
lass uns
einen neuen anfang machen, liebste:
brennen wir die kirchen nieder
nehmen wir
– als erstes –
den kölner dom
?
aus: gestern war es (part VI)
nach dem staunen über die früchte, die
aus dem asphalt hervorwuchsen, die den
beton zersprengten wie rost
– eine syphillis der vorstadt hat die lust
gepackt und fickt sich frei in feuernächten
nach dem staunen über die wut, die sich
doch nicht abspülen lässt wie den schmutz
der saunageschäfte, das staunen also
dass der kleben bleibt wie rotz und pöbel
– auf postkarten steht la tour eiffel
in flammen
nach all dem schweigen kündigen sie
nun an: ordnung und sicherheit werden
wiederhergestellt
eines der neusten peryton-chansons als preaudio, akusti-
scher ausblick auf unsere neue platte, die im frühjahr 2006
erscheinen soll: ‚comme à marseille‘ (text)
erster gesang und gitarre aufgenommen in den raisdorfer
honky-studios am 30. oktober, flöte und zweiter gesang am
vergangenen samstag, 05. november 2005
die beteiligten musikerInnen sind: georg hemprich (erster
und zweiter gesang, gitarre, lyrik, komposition, arrange-
ment), julia m. borkert (tenorflöte, zweiter gesang, arrange-
ment), heiko ‚honky‘ harmsen (aufnahme, premix, arrange-
ment). und am bass hört ihr meinen freund und kollegen
daniel verdier aus marseille/freiburg, der gleichfalls für das
arrangement des stückes mitverantwortlich ist
‚comme à marseille‘ (premaster) (ogg; 5,0mb)
es ist an der zeit zu berichten, was sich tut, mit, neben
dem wenigen, das ich täglich in verschlüsselten worten
berichtete: ich schreibe zu viel, ich komponiere zu viel
und ich bin zu sehr in streits verstrickt, die mir aufge-
bunden werden, wie fremde bündel fron, die lasten
anderer. es ist der kleine streit um die wahre, die einzig
wahre wahrheit eures komplizierten seins, das ihr ‚vegan‘
nennt, so vermute ich, denn bis ins letzte habe ich noch
immer nicht begriffen, warum ihr fronten aufgebaut, wider-
sprüche eingegraben habt wie einen schatz – ummauert
habt ihr euch. was an mir ‚unrein‘, ist an anderen normal
– so wird das ungleiche mass an mir zerbrochen. was das
vertrauen nicht gestärkt hat, in meine ‚ungetreuen‘, son-
dern zerbrechen liess: ich trennte mich von jenen, die
mich zu vereinnahmen suchten
ich lerne nicht eure vokabeln des hasses, ich werde eure
sprache niemals sprechen und wurde hart belehrt, dass
ihr die meine nicht erfassen könnt. ich lebe vegan … na und?
nicht ‚besser‘ und nicht ’schlechter‘ auch als jene, die da
draussen ihre welt mit eigenen konflikten zu bestehen, zu
gestalten suchen – die ich berühren will mit meiner kunst
und mit dem zauber, den ich lebensliebe nennen kann
wenn euer handeln ‚radikal‘ sein soll, weiss ich, warum
die eine revolution, die kommen muss, so lange auf sich
warten lässt: weil ihr den mut nicht hab, an euch zuerst
zu finden und zu ändern. adieu, ihr falschen freunde. ich
bin gegangen, aber nicht allein. mein kampf, mein weg
geht unverändert weiter – hört ihr? – unverändert
foto: regen (I)
marseille, 15. oktober 2005
gewalt war nötig, all das zu erreichen
gewalt wird nötig sein, es zu erhalten
gestern habt ihr den wind bekämpft, das
wasser, den berg und wieder den wind
morgen werdet ihr gegen eure eigenen
kinder ziehen, blind vor zorn, blind. bis
rot gebrannt sind alle steine, bis un-
sichtbar, was daran liegen muss
barfuss durch ein fremdes land
finde ich mich nirgends ruhend
an jedem ufer wartet ein schiff
foto: kein idyll. montelimar, 14. oktober 2005
nun schau doch mal
mach einen punkt
noch einen und
dann lass weiterleben
wir, du und ich, sind jene zwei
die keine kinder kriegten, weil uns
die zeit nicht reichte, sie zu
… gestalten
ich bin nicht traurig
nein, ich bin nicht eingebrochen, aber
alle brücken. doch meine knochen
hielten, hielten fest
ich hab gelebt, ich hab geliebt
und einsam ist nur, wem die träume ins
vergessen fall’n
… du weisst?
so sei’s getan
mach deinen punkt
den andern dann und
lass uns noch mal scheitern
irgendwann