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[ louve ]

Freitag, Oktober 21st, 2005

hinter den bergen liegt, wovon ich erzählen will
das tal durchquert, die hügel hinan und wieder
hinab zum fluss. dort sind die winternächte hel-
ler, weil ein feuer brennt, weil deine suppe einen
tiefen schlaf verspricht; aber so, wie wir uns zu-
einander legten, zerschmolz das frühe licht den
reif der zweige, bis unser atem ruhig, eben-
mässig klang nach schlaf

mit dem erwachen war die welt gewandelt: ein
zweiter mond begleitete die erde auf ihrem ewi-
gen flug durch die nacht

wovon ich erzählen will, geschah weit hinter den
bergen dieses augenblicks, das tal durchquert
die hügel hinan und erneut hinab zum fluss: sein
erster schrei war der eines wolfes, sein erster
blick suchte durch uns hindurch eine verlorene
welt

und mit dem erwachen war die welt gewandelt
: ein drittes herz schlug in meiner brust. das herz
eines kindes der wölfe, voll trauer und voll kraft
voll sehnsucht nach der freiheit der wälder

wir nannten es louve

in gedanken gezeugt, aus liebe geboren war, wo-
von ich erzählen will, weit hinter den bergen un-
serer zeit, zwei hügel hinan, dann hinab an den
fluss: dort, zwischen den steinen liegt, was wir
verloren, oder im wind, im wiegen der bäume
oder im schlag der wellen – so dass ich auf die
reise gehe, euch zu finden, alle nächte lang im
geliehnen licht der monde, geführt vom blinden
stock der hoffnung, euch zu finden an den strän-
den, an den küsten, an den polen rufenden er-
innerns

louve. erwachend auf einer befreiten erde, held
heldin unserer herzen, du, unser gedächtnis, un-
endliche mahnung an die achtsamkeit des lebens
und doch: ich habe verloren in einem einzigen
moment des vergessens

hinter den bergen liegt, wovon ich erzählen will
das tal durchquert und einen hügel auf, hinab
zum fluss, an dein feuer

wir nannten es louve