Archive for Mai, 2005

[ vor den lügen ]

Montag, Mai 30th, 2005

mit jedem schritt heran verzauderte mein mut
auf rankten die dornen des verzagens, dass ich
dich kaum berühren mochte, dass ich – so glaub
ich – ohne lächeln dich begrüsste, weil ich ver
gessen hatte, wie; verständlich, dass du mich
hast gehen lassen ohne einen letzten gruss. ich

flammte eine kerze im geheimen an, ich schwieg
uns fort, um nicht herauszuschreien: aber hier …!

inzwischen kann ich das. inzwischen glaub ich
meinen lügen selbst am besten


[ rosenhöhe IV ]

Sonntag, Mai 29th, 2005

es ist nicht so, dass ich zerrissen wäre – ist es n
icht?

zu viele menschen liessen mich erneut erschau
dern; so konnte ich nicht mit dir ziehn, verschle
ppte mich stattdessen in die gassenwüste, sang
gegen wände, bis die stimme brannte auf und b
rach

dann fängt der parkweg meine seele ein, führt
über roten, kies, führt dreiundvierzig stufen mi
ch bergan; ich weiss wohl, dass am ende dies
er prozession kein tabernakel mir, kein gipfelkr
euz gnade verspricht; der laubvorhang fällt vo
r dem sonnenspiel, entlässt das publikum in ab
endglut; am teich palavern, aufgeschreckt von
späten schritten frösche, die bäuchlings plump
send wassern, die wellenkreise zirkeln, die am
viereck brechen

tagesbilder schwappen gegen meine füsse, sch
nappen den blossen zehen nach, denke ich und
schüttle ameisen zurück in die entfernung; der
himmel gelbt, warme böen zittern vogelstimme
n aus, flugzeugbrummen, den röchelatem einer
nahen stadt

am gipfel bin ich, dennoch nicht entschieden, w
ie es weitergeht


[ sonnenjunkie ]

Mittwoch, Mai 25th, 2005

heute

kein schreibenmüssen. kein
zoomen. keine terminabsprachen. keine
autobahn. kein gedanke an das erledigte

kein blick nach vorn

ich beobachte kreise und punkte hinter geschlossnen
lidern, lausche schritten und sirenen, ahne den
raum, die schatten hinter rotem flimmern, höre blätter
fallen wie flügelschlag

höre ein fahrrad stürzen samt kind und panischer
mutter, sitze irgendwo im park zwischen arbeits-
und drogenjunkies unter einer maiensonne, als
einer von ihnen


[ asyl ]

Mittwoch, Mai 18th, 2005

heute ist der letzte tag vor dem geplanten erscheinungstermin unserer cd ‚gestern war es‘

und weil das gemeinhin so getrieben wird, in der spiessbürgerlich-guru-zentrierten ‚adventszeit‘, versüssen auch wir euch das warten auf das (musikalische) grossereignis mit einem weiteren titel

geschrieben im herbst 2003 nach einigen besuchen der züricher ‚gassechuchi‘, voller bewunderung über die dort vorgefundene solidarität und unter dem anhaltenden eindruck der verblüffung, dass es möglich war, am rande des stadtzentrums einer so gewichtigen stadt wie ‚zureich‘ einen anarchistischen freiraum zu verwirklichen, in einer ersten version eingespielt am vergangenen sonntag in den raisdorfer honky-studios

‚asyl‘ (konzept/premix) (ogg; 3,2mb)


[ schreibort kiel ]

Freitag, Mai 13th, 2005


 

ich bin ein unterwegsschreiber, ein im-kopf-
schreiber, ein beim-autofahren-auf-dem-lenk-
rad-schreiber, ein ins-diktiergerät-schreiber
(oder auf einen kassenzettel), ein im-traum-
und ein aus-dem-traum-heraus-schreiber

in bestimmten städten bin ich ein caféhaus-
schreiber

dort, zum beispiel, das kleine café ‚exlex‘, an
der strassenecke neben der roten ampfel:
dort entstanden verschiedene texte und
chansons wie „harte tage“ (mp3; 5,9mb)
oder „und es gibt doch (das peryton)“ (mp3;
4,1mb)
oder auch „ne tirez pas!“ (mp3; 8,1mb)
 

foto: schreibort (in) kiel. 05. april 2005


[ camouflage ]

Donnerstag, Mai 12th, 2005

– oder – [ nur wer sich treu bleibt, wandelt sich ]

wenn ich jetzt stehenbliebe, hier
im augenblick erstarrte, sähe mich niemand
mehr, weil ich im lauf erwartet bin, meine kreise
ziehend für den seelenraub, brandschatzend in
euren herzen, verwundend, wo ich mauern finde
stürzend, wo himmelssäulen knäste halten; es
reicht das staubkorn nur, das mit der unruh
zeit zum stehen bringt

wenn ich hier stehenbliebe, jetzt, still, dann wär
ich unsichtbar in ihrer starren stummheit – und wäre
doch gefangen: nur wer sich treu bleibt, wandelt
sich

ich bleibe nicht; natürlich nicht:
ich nehme mir die freiheit, zu singen


[ aktivurlaub ]

Mittwoch, Mai 11th, 2005

– couch kaputt –
 

ihr staatsanwalt empfiehlt:

achten sie auf risiken und nebenwirkungen!
die nachahmung ist zwar ökologisch sinn-
voll, politisch wertvoll, aus ethisch-morali-
schen gründen unbedingt empfehlenswert;
dennoch wird sabotage an jagdlichen und
forstlichen einrichtungen als ’straftat‘ an-
gezeigt und strafrichtlich verfolgt


[ nun ist die zeit ]

Dienstag, Mai 3rd, 2005

sagt bloss nicht, das sei der frühling: es nieselt

stadtluft quält sich durch die strassen, drückend-schwer
vom geruch warmen asphalts und aufgekochter hunde-
scheisse. ganz bestimmt kein abend zum jubeln

deshalb gibts als weiteres zuckerstückchen aus dem
archiv eine passende liveaufnahme: aufgenommen
am 13. mai 2002 in den räumen der kieler
künstlerInnengemeinschaft ‚k34‘

diesmal etwas für die liedermacherInnen-fan-fraktion
unter den peryton-‚puristInnen‘

’nun ist die zeit‘ (live, 13. mai 2005)
(ogg; 3,4mb)

danke der nachfrage, aber ich versteh nicht recht:
sorgen?? weshalb sollte ich mich sorgen – doch nicht
etwa wegen unserem kommenden konzert … ?
mit ketzerischer freude sag ich dir:

(die) macht hat ihre grenzen! wir tanzen auf den
nasen, wo wir können und überall aus der reihe

‚lieber georg, bis dann, ciao, iss ordentlich, zieh
dich warm an, iss dein gemüse‘

ach, du bist doch wie eine mutter zu mir, herzchen
– ich werde mir deine ratschläge ordentlich zur brust
nehmen!


[ heidelberger trottelfahndung ]

Sonntag, Mai 1st, 2005


„die staatsanwaltschaft legt ihnen folgendes zur last:

am 30.10.2003 beleidigten sie mehrfach zwischen 8.15
uhr und 10.00 uhr in heidelberg (…) während einer poli-
zeilichen durchsuchung in der wohnung des (…) die poli-
zeibeamten h. und v. sowie den städtischen angestell-
ten h. mit den worten: ‚arschlöcher, hitler-schlächter, büt-
tel, nichts-denkende-befehlsempfänger‘, um ihre miss-
achtung auszudrücken. gleichzeitig äusserten sie hier-
bei, dass diese leute scheisse sind, widerlich und uner-
wünscht; die polizeiliche massnahme bezeichneten sie
als stasi-methode und verglichen die polizeibeamten
mit angehörigen der stasi und gestapo (…)

gegen sie wird eine geldstrafe in höhe von 40 tages-
sätzen verhängt. der tagessatz wird auf 10 euro fest-
gesetzt. die geldstrafe beträgt somit insgesamt 400
euro (…)“

(amtsgericht heidelberg, 15.03.2004)

peryton meint dazu folgendes:

– 1 –

es ist äusserst entlarvend, unter welch blühender phan-
tasie staatstrottel (zitat) leiden können. natürlich muss
eine derartige situation, die sich beinahe so zugetragen
hat, wie von der staatsanwaltschaft beschrieben und
angeklagt, beleidigend sein: die ‚arschlöcher‘ (zitat) wur-
den rausgeschmissen, die am 30.10.2004 acht privat-
wohnungen im raum heidelberg/karlsruhe zeitgleich über-
fielen im versuch, teile des gewaltfreien anti-atom-wider-
stands zu kriminalisieren (link: indymedia-artikel vom
30.10.2003)

– 2 –

im laufe des vergangenen jahres wurde ein fahndungs-
befehl ausgestellt, da sie aufgrund nicht nachvollziehba-
rer gründe dessen nicht habhaft werden konnten, der
sie derart ‚beleidigt‘ hat, dass sie fluchend und lauthals
schimpfend wohnung und haus verliessen (das war
oberpeinlich, nicht wahr?)

– 3 –

per anwalt wurde die zuständige staatsanwaltschaft
heidelberg vor wenigen tagen darüber belehrt, dass
der einsatz moderner recherchemöglichkeiten, zum
beispiel des öffentlich zugänglichen internets – hier
insbesondere durch einen blick auf die peryton-home-
page, die sich über suchmaschinen innerhalb weniger
sekunden ausfindig machen lässt – es nahezu unmög-
lich machen würde, in derart peinlicher weise anhaltend
erfolglos zu bleiben

– 4 –

wir rechnen (daher) mit einem versuch der polizei, unser
konzert am 05. mai 2005 im magdeburger ‚heizhaus‘
zur korrektur des unfähigkeitsvorwurfs zu nutzen

natürlich ist mit perytons musikalischer gegenwehr zu
rechnen, denn, um es platt und profan und auch für sie
verstehbar auszudrücken: wer sich nicht wehrt, lebt
total verkehrt

dies noch, um letzte missverständnisse auszuräumen:

peryton versteckt sich nicht – schon gar nicht vor der
polizei. wer morgens fremde wohnungen rockert, wer
legitimen gewaltfreien politischen widerstand als terro-
ristisch zu kriminalisieren sucht, wer staatliche gewalt
und repression ausübt, vertritt oder anordnet, ist (wie
das gericht durch verwenden des indikativs in dankens-
wert ehrlicher weise bestätigt hat) ’scheisse, widerlich
und unwillkommen‘
(zitat), kann völlig zurecht mit stasi
und gestapo verglichen werden (deren methoden waren
unbestreitbar vergleichbar), ist – klar, sonst würde er/sie
so was nicht tun – ein ’nichts-denkender-befehlsem-
pfänger‘
(zitat), ‚büttel‘ (zitat) und – selbstverständlich –
ein ‚riesenarschloch‘ (eigenzitat)!

noch fragen, herr staatsanwalt?