marburg, 13. märz 2005. ein café am ufer der lahn. war-
ten auf volker bradke, der sich verspätet
augenfällig: blaue hose, lotternd, baumwollhemd, grün
ein wollschal, schamott, fleckig, eng um den hals ge-
wunden, abgeratzte lederjacke, braun, ein unrasier-
tes lachen, laut, breit, eine schwarze wollmütze in die
stirn gezogen
ich: wie siehst du denn aus?
er: wie soll ich denn aussehen?
ich: na – so
es ist warm hier drin, doch er wird nicht ablegen. ge-
trunken hat er, in der letzten nacht; unmittelbar ge-
raten wir in streit
er: ich saufe nicht. ich trinke gern mal ein bier
an einem der nachbartische schnorrt er die zweite
zigarette
erkältet sei er, von daher komme seine erotische
stimme, sagt er und niest
vergessen scheint das vergangene jahr der exzesse
und der abstürze, der entgiftung, des entzugs, der
nachfolgenden exzesse. wir streiten. er nennt mich
einen dummkopf, springt auf: ich bin agil wie vor fünf-
unddreissig jahren
dann lacht er, wirft die arme auf, weit nach hinten
nein, ich folge ihm nicht in die kleine wohnung, um
seine neusten arbeiten zu hören, die mir längst be-
kannt sind
er: ciao bambino
fotos: besuch bei volker bradke
marburg, 13. märz 2005