Archive for 2005

[ il cappuccino ]

Sonntag, August 14th, 2005

dreimal entscheide ich aufzustehen, dreimal
drückt mich das geräusch des regens zurück
in meine decken

ein besuch im café soll mir die sonne bringen
augen öffnen, schärfen für die blassen farben
die faltenlinien, kinnkontouren, das aufblitzen
feuchter mundwinkel vor einem stummen
lächeln

ein eckenplatz, weich bepolstert bis auf
schulterhöhe, davor ein steinquadrat als
singletischchen: passt

passt nicht

kühler kaffee schwebt grusslos heran, cremesüss
riecht er, nach verlassenen lippen, schmeckt an-
fangs nach sägemehl, später nach metall, das
anwesende publikum rechtfertigt nicht den lärm
einer bahnhofshalle

die hornbrille der kellnerin, mir erinnerlich aus
vorjahren, blickt unzufrieden auf ihr klientel, un-
dankbare billigtouristen; aber was kann sie er-
warten: hier ist nicht die beste adresse. wer hier
geblieben ist … wer hierher kommt …

ciao. ich werde gehen, ohne meinen schierlings-
becher geleert zu haben, verärgert darüber, mich
echauffiert zu haben; immerhin, die augen weit
geöffnet

das zwielicht dieses schwäbischen sonntags
lässt fäden erkennen, herabreichend vom
theaterhimmel

heute sind sie dabei, heute ist es ihre show
heute sind sie erste wahl, erste reihe, ganz
vorne, mittendrin, publikum und bühne sind
sie, wir schreiben, sie spielen, sie sind, seien
sie sie selbst, spielen sie sich, wir sind dabei
wir wählen aus, wir wählen sie, sie machen
mit, wir zeigen sie

wir zeigen heute: ‚il cappuccino‘

vorhang

alles unverändert


[ die stasi zeigt den deutschen gruss ]

Samstag, August 13th, 2005

– oder – [ zu rechter zeit am rechten ort ]
 

die geschichte ist bekannt: trottelfahndung südwest und am ende schmiergeld. sie suchte mich ein jahr lang vergebens und daher besuchte ich sie, die stasi – sozusagen ihr entgegenkommend – anfang juli 2005 in ihrem hauptquartier am rande der altstadt einer baden-württembergischen touristenmetropole

es war interessant zu beobachten, wie sie sich benehmen, wenn sie unter sich sind und sich sicher fühlen, ganz zuhause. den normalmenschen ‚draussen‘, die in der regel wenig konkrete (vor allem: wenig realistische) vorstellungen vom ‚drinnen‘, vom apparat selbst haben, seien die folgenden fotos zur belehrung und erbauung kommentierend vorgestellt

eine grössere zahl bewegungsarmer, hohlraumkonservierter präparate wurde im heidelberger polizeizoo dargeboten, deren erhaltungszustand aber, wie kritisch angemerkt werden muss, durchweg mitleiderregend war. einzig beruhigend dabei, dass eine dergestalt eingeschränkte einsatzfähigkeit die inneren reibungskräfte des apparats erhöhen muss und daher mit einer zumindest verzögerten umsetzung der kühnsten totalüberwachungsträume von bundesterroristInnenminister schily und konsorten gerechnet werden kann

das erste foto zeigt einen älteren polizistenroboter in energiesparendem ruhezustand, dem ich höchstselbst mittels handauflegens (siehe bild) einen spionagevirus applizierte, wodurch er mittelfristig zum ‚polizeischläfer‘ mutieren wird
 

– 1. peryton meets a nearly dead man –
 

einige der ‚dein-freund-und-helfer: guuut‘-animateure wurden (möglicherweise um auf die vorgeblich angespannte personallage aufmerksam zu machen) sogar ohne uniforme dienstkleidung an der gute-miene-front eingesetzt. einer von ihnen wird auf den beiden folgenden fotos eine zentrale rolle spielen

foto 2 dokumentiert den quantensprung, den die moderne technik dem polizeilichen alltag beschert hat: der einsatz technischer neuerungen wie des polizeiautomaten t2-h2-c2. das historische bedienungspersonal scheint noch in der übungsphase zur aktivierung des grossgeräts, ist damit allerdings schon in der lage, beim anwesenden jüngeren bevölkerungsanteil mächtig eindruck zu erwecken
 

– 2. old schutzman meets future-metal-man –
 

um die älteren besucherInnen zu beeindrucken, nahm der bereits vorgeführte hilfspolizist rückgriff auf jene gewohnheit, die ihm vermutlich bereits in der vergangenheit erfolgreich zu respekt und ansehen und hackenzusammenschlagen verhalfen: den deutschen gruss, weit(er)hin bekannt als ‚die deutsche morgenlatte‘

wie sehr diese willkommensgeste begeisternd wirkte, ist dem gesicht des am rechten bildrand stehenden besuchers älteren semesters zu entnehmen. die jüngste auf dem bild schaut verständlicherweise verständnislos

um das schwer abschätzbare mediale und politische ausmass einer derartigen offenbarung zu mindern, ist der zuständigen polizeiführung angeraten, sich davon zu distanzieren, indem sie den dargestellten als ‚ein-euro-jobber‘ entlarvt – wer von uns sozial beseelten menschen könnte diesen bedauernswerten kreaturen irgendwas übelnehmen, zumal das gezeigte verhalten in heidelberg historisch gesehen geradezu auf der hand liegen muss?
 

– 3. stasiman shows the ‚deutschen gruss‘ –
 

aber. aaaaber, unwerte herren und damen von der polizeiführung, werte herren und damen mitlesende und ein fröhliches ‚hallo!‘ der interessierten normalbevölkerung – sie soll nicht ausgeschlossen sein, da mehr als wert und wichtig – aber: das letzte bild macht ein polizeiliches dementi schwer, denn es zeigt den alltag. hinaufgereckt in den kruppstahlblauen himmel die hand der sängerin des polizeikorporalen sondereinsatzkommandos, jene sieg verheissende geste wiedererwachenden stolzes, grossen mutes, neuer alter zeiten, während sie vernachlässigbare geräusche ins mikrophon mümmelt …

foto 4, also: erwischt. in einen satz gefügt, was wir schon wussten und was wir bislang nur behaupten konnten:
staat und kultur passen einfach nicht
zusammen, stasi und gestapo aber umso besser

 

– 4. sondereinsatzkommando ‚kulturterror‘ –
 

noch fragen, herr staatsanwalt?
 

fotos: ‚tag der offenen tür‘ im polizeihauptquartier
heidelberg, 03. juli 2005


[ l’aigle noir ]

Freitag, August 12th, 2005


 

unter stapeln alter notizen fand ich deine
übertragung dieses chansons von barbara


[ eisern ]

Donnerstag, August 11th, 2005

‚dein grab pfleg ich mal gern, wenn du tot bist, hab
ich ihm zu lebzeiten gesagt. jetzt ist es soweit und
ich komm jeden tag hierher‘

sagt sie

‚er war ein tyrann. gewalttätig war er. am ende hat
er sich totgesoffen. eine frau kann ihren mann ja
nicht umbringen, die kommt gleich für fünfzehn jahre
ins gefängnis. bei einem mann gibts entschuldigung-
en dafür, war es ein versehen oder eine auseinander-
setzung mit todesfolge. aber ich hab doch ein kind
zu versorgen gehabt‘

sie verzupft gräser zwischen den stauden, schaut
entschuldigend, doch endlich sicher ihrer selbst zu
der schlanken stele auf, gegen die sonne, über-
zogen mit einer patina roten rostes

‚hier werd ich nicht bleiben. wenn mein kind gross
ist, gehe ich nach afrika‘, sagt sie und verabschiedet
sich, mir glück wünschend, von herzen


[ im focus: javier segura varela ]

Mittwoch, August 10th, 2005

– javier segura varela (1) –
 

wenn eine stadt wie friedrichshafen, stolz auf un-
förmige luftschiffe – ‚zeppelin‘ genannt – kriegs-
wichtige industrien und ein touristenattraktives
hinterland, vergesslich, was ihre nazivergangenheit
betrifft, eine veranstaltung unter dem titel ‚kultur-
ufer‘ präsentiert, lohnt der besuch der dargebotene
‚kultur‘ gewiss nicht, ausser, die erwartungen be-
finden sich bereits auf niedrigstem level. und wer
diese stadt und ihre geschichte bereits kennt …

dagegen wird das wandeln entlang des ufers, das
der reste ansehnlicher architektur weitgehend be-
reinigt ist, mit wundervollen nächtlichen ausblicken
auf das gegenüberliegende schweizer ufer belohnt
das in der nacht zum zweiten august von zahlrei-
chen feuerwerken farbig illuminiert wird

lohnend könnte ein besuch friedrichshafens zur
zeit des ‚kulturufers‘ auch dann werden, sofern
es gelingt, einige der wenigen tatsächlichen kul-
turträgerInnen und förderInnen kultivierten ge-
sellschaftslebens zu treffen, die durch das fal-
sche versprechen alljährlich herbei gelockt wer-
den. diese wenigen lassen den kontakt zur nor-
malbevölkerung ertragen, der offenheit, freund-
lichkeit, respektvollen umgang, toleranz gegen-
über unbekanntem, einfühlungsvermögen, musi-
sches empfinden, progressive aufgeschlossen-
heit, guten geschmack, eine kultur des geistes
und der herzen und des vielen mehr, das eine
hochzivilisierte gesellschaft im positiven schmückt
gänzlich unbekannt zu sein scheint
 

– javier segura varela (2) –
 

heute riefen mir jugendliche hakenkreuzfressen
„linke zecke“, „heil sieg“ und „adolf hätte sowas
wie dich vergast“ hinterher. ihr irrt, wenn ihr
vermutet, dass die zahlreich anwesende nor-
malbevölkerung stellung bezogen hätte
 

fotos: javier segura varela
friedrichshafen, 08. august 2005


[ in deinen armen, erinnerung ]

Montag, August 8th, 2005

das gegenüber liegende ufer trägt perlenketten
die funkeln im licht der nacht. ein rotes auge
leuchtet von irgendwo bis zu mir

über diese fläche läßt sich wandeln. hier ist kein
versinken; hier ist ein träumen über die jahre
hier mag ich hinüber schreiten in die frühen
morgende, in die frühen abende, als das wissen
noch nicht weiter reichte, denn der eigne blick

in deinen armen mag ich sinken, erinnerung

weich spielt das wasser über den steinen
weich, lockend und
klar

hier zeigt der see seine steinerne seele
seinen speichel, seine tränen, sein hellklares blut
das rote auge leuchtet bis zu mir …
sein glanz liegt auf dem glatten see
ein spaßhaftes züngeln und ertasten
die perlenketten funkeln, ab und an zeigt sich der
weg eines unsichtbaren, der über die fernen hügel
zieht und mit seiner lichtbahn serpentinen zeichnet

nie ahnt er, daß er mir begegnet
und kennen werden wir uns
nie

in deine arme mag ich gleiten, erinnerung
niedersinken, jetzt
jetzt

dieses land ist wunderschön
seine bilder sind nicht zu
ertragen

in deinen armen will ich sterben, erinnerung
will ich endlich
sterben


[ ’santé‘, morgenbüttel! ]

Sonntag, August 7th, 2005


 

öffne nicht die augen, wenn morgens diese leute
an deine scheibe klopfen; sie wollen nie besseres
als deine ruhe stören. ich sage dir: es ist ein fehler

aber ich bin das gewohnt, als dreiundvierzig jahre
lang unter adlers fittichen trainierter. sie kommen
immer wieder und wollen immer irgendetwas ihnen
wichtiges. heute: schmiergeld

nehmt es hin, irgendwie habt ihr es auch verdient
als vielbespottete boten der macht, als beisser, als
zwinger, als schläger, träger uniformierter selbst-
herrlichkeit, nicht wahr? „büttel“ (zitat) eben oder
auch „nichts denkende befehlsempfänger
(zitat)

nach telefonischer anweisung handelnd, da sonst
unbewegt und blöd, krakelten sie eine quittung
auf der motorhaube meines reisemobils. das war
immerhin besser, als den anblick eines am rande
seines vermögens bemühten erleben zu müssen
in einem ihrer nach angst und pisse stinkenden
quartiere, der mit steifem finger eine mittelalter-
liche tastatur zu bedienen sucht – ganz wie einer
dieser peinlichen „büttel“ (zitat) eben, wie be-
kannt, wie gewohnt, wie immer

mein unbotmässiger verbaler verstoss gegen das
staatswillige duckmäusertum ist somit formal ab-
gestraft, der staatsanwalt kann sich beruhigt im
schlafe wenden, träumend, als einer der letzten
helden die gefährliche revolution im allerletzten
augenblick entdeckt und zerschlagen zu haben
und seine siegreichen gladiatoren werden sich
schwarz gebrannten schnaps in ihren dienstkaffee
schütten, auf ihren grossen mut anstossen, stolz
sein darauf, einen derart grossen fisch geangelt
zu haben, am morgen, am rande des flughafens
einer süddeutschen provinzstadt

ja

mein ’santé!‘ darauf, dass diese gesellschaft einst
den mut und die kraft finden möge, auf derartige
funktionsträgerInnen zu verzichten
 

scan: hochoffizielle schmier-geld-quittung morgen-
aktiver geldbüttel, in keilschrift niedergelegt auf
polizeilichen fresszettel, am 07. august 2005
in friedrichshafen am bodensee


[ nächtliche feuer ]

Samstag, August 6th, 2005

wolkenverschleiert irrlichtern
nächtliche feuer entlang
des ufers gegenüber

diesseits ist zerbrochen oder
biegt sich noch unter der last der
jahre: auch wir

sprechen nicht mehr miteinander
gefallener bruder, jenseits
deiner ufer

zwischen uns wölben sich wogen
auf, narben zwischen den steinen
mühsam gesetzter pfade

keine zeit für
monologe
: ciao

endlich aber tanz der uferfeuer
dort drüben, in nachbarschaft
zu meinem

erinnern


[ i put my jeans on ]

Freitag, Juli 29th, 2005

ich fand früher total beknackt, wenn sich irgend-
wer in patschnasse hosen gezwängt hat, damit
sie, also trocknend, die rechte form annähmen:
hauteng. doch von heute an ist alles anders

weil: meine lieblingsjeans sind geschrumpft. ich
schwöre: die sind am hintern eingegangen. ein-
fach so. diese … verräter. körperformverweigerer

also hab ich – ja, tatsächlich. voll beknackt. und
stakste mit abgeklemmten … dingsen … durch
die stadt, bis an den schmerzenden rand der
atemnot. wenn ich gleich durch den gewitterre-
gen zurücklaufe wird vielleicht mein hintern ein-
gehen, auf dass derartige probleme mich lang-
fristig nicht mehr belästigen mögen. vielleicht


[ post an peryton ]

Freitag, Juli 29th, 2005

ja vielen dank, sind gerade angekommen.
supi.
herzlichen glückwunsch.
endlich.
geil.
toll.
unglaublich.
muss gleich mal reinhören.
weiter so.
danke.
schönen urlaub
:-)

danke schön. hast ja auch lang drauf warten müssen …


[ post von peryton ]

Donnerstag, Juli 28th, 2005

ja und nein
mein urlaub hat begonnen
mein urlaub hat nicht begonnen
heute: ein pery-packer-tag

cds eintüten, einpacken, adressen suchen, etiketten beschriften, klappen, kleben, kleistern. und dann schleppen. wer eine (vor-) bestellt hatte, kann freudig damit rechnen, dass sie bald ankommt: pery-post

aber bitte: keine enttäuschungen, weil ich nichts dazu geschrieben habe, bei niemandem; es blieb keine zeit dafür

morgen packe ich wieder – allerdings nur dinge, die ich auf meiner reise brauche

und wisst ihr was?
heut abend werden wir intensiv
auf unser wohl anstossen

aber jaaaaa doch: auf eures auch
und auf deins und deins und deins
… und deins, natürlich


[ blicke zurück ]

Dienstag, Juli 26th, 2005

lass zurück, was nicht geschafft, gelungen
pack ein, was zum leben wichtig ist, an dingen
kaum mehr zufriedenheit, doch trost im abschied
… augenblicklich: urlaub

türenschlagen
treppentrappeln
autobahn

die flügel weit gespannt
der blick nach vorn zerblinzelt
dort liegt mein ziel

sonne, ich komme

dornen im auge

(1)
du hattest unrecht, weiss ich jetzt, am tag danach;
aber darüber streiten wir (?), wenn ich zurückge-
kommen bin

(2)
manchmal reicht mir eine email, um alles unwichtig
werden zu lassen, alles in frage zu stellen. was könnte
ich erwidern? mit deinem mund vielleicht: ich fühle ich
mich dem noch viel weniger als sonst gewachsen, viel
zu offen, schutzlos


[ schnell noch ]

Montag, Juli 18th, 2005

schnell noch das nötige, ohne das letzte zu schaffen
das hatte ich befürchtet. gewusst
drei telefonate unterwegs hierher. autobüro
eines einparkend, eines holte mich vom klo
zu müde zum sprechen. ’nächste woche, ja?‘
eben noch schnell eine email verschickt
zwei gitarren in eine ecke gestellt. abgestellt
ein ‚mach die post auf, morgen‘ zwischen den türen
bedauernd die zu kurze zeit, gemeinsam
eine ‚bin unterwegs‘-nachricht. sofort die antwort
schnell noch ein blick in den kalender
schnell noch eine flasche mit wasser gefüllt
schnell noch den kopf in die hände gestützt
durchatmen. moment der stille. nein, nicht
ein klopfen im kopf. das pfeifen laut
und los


[ ich sollte ]

Mittwoch, Juli 13th, 2005

ich sollte dir noch einmal schreiben

die worte quälen sich
ich sollte dir noch einmal schreiben
dass es quält, das schweigen

als ich gestern über das meer schaute
wogten die gräser dicht vor meinen augen
da hätten wir reden können, aber

wo warst du

grenzenlos der horizont und das schöne
das wirklich bedeutsame berührt dich beinah
du wirst es morgen erst wissen. nachfühlen
weggewischt, fortgezwinkert, niedergedrückt

überall kannst du
suchen. überall wirst
du dich finden


[ under construction ]

Dienstag, Juli 12th, 2005


 


die statik eines traums zerbricht
mit dem erwachen
so ist es gut
es birgt hoffnung; aber
noch gilt es, die augen zu öffnen
noch gilt es loszulassen, abzuwerfen
zärtliche namen der angst
 

foto: leipzig, 26. juni 2005


[ currywurst ]

Montag, Juli 11th, 2005


 

„ich weiss noch auswendig, dass du aus deinem
letzten urlaub schriebst von dem dorf mit dem
café an der ecke, irgendwo in frankreich, von
den erinnerungen deiner liebe, deine beschrei-
bung über den geruch des nassen mooses, den
kleinen bach und den hügel, den du empor-
stiegst, vom ausflug nackten fusses. doch weiss
ich auch, dass du eine weile nicht schreiben
konntest und dass ich nicht lesen konnte (…)
dennoch freue ich mich für dich, dass du dich
mal ausruhen kannst“
 

oh – du scheinst ein aufmerksamer, ein
mitfühlend lesender dieses tagebuchs zu
sein. ich danke dir dafür

bitte sorg dich nicht vorausblickend. ich werde
mich natürlich mühen, unterwegs internetcafés
aufzuspüren, um euch auf dem laufenden zu
halten

aber soweit ist es noch nicht. im august. so-
fern die katastrophen ausbleiben
 

foto: currywurst. kiel, 20. juni 2005


[ wunder. theater. die musik ]

Freitag, Juli 8th, 2005

… [ und ein eingeständnis ]

– I –
wie hast du es nur geschafft, gestern einen kommentar zu
schreiben?!? die funktion ist ausgeschaltet … ich bin sehr
verwundert

– II –
eingelöst. wir waren im theater – in heidelberg. es
war grandios. ein wenig turbulent. bericht folgt später

– III –
falls jetzt nicht noch was schiefgeht, ist unsere cd
‚gestern war es‘ ende juli gepresst und auf dem weg an
all jene, die vorbestellt hatten. und auch per mouse-klick
über den internetversand ‚cdeal‘ (direktlink zur peryton-cd)
erhältlich. endlich

jetzt sind sponsoren gesucht: dann gibt’s das
wunderding im herbst auch auf vinyl. aber nur dann

– IV –
der momentan bevorzugt gehandelte titel unserer nächsten
platte ist ‚139‘. die nachricht für alle musikpuristen: wir
wollen sie auch (?) als vinylscheibe rausbringen

in der kommenden woche werden wir – so alles ohne
grössere katastrophen durchgeht – die letzten studio-
aufnahmen dazu machen. mix und mastering im herbst und
winter, herauskommen soll sie im frühjahr 2006 – so unsere
optimistische planung

ja, sicher. ich bin ein workaholic


[ lieder von der freiheit ]

Mittwoch, Juli 6th, 2005

zwischen telefon und tastatur ist mir
der tag versickert; unaufhaltsam hat
das grosse feuer den himmel verbrannt
an mir vorbeigeleckt, trotzdem ich
dürstend bin nach wärme. dies ist ein
mühsames kapitel meiner wüstenfahrt

astronom zu sein und astrologe gilt es
kapitän, koch, heizer und mein einziger
matrose, den blick unter deck wie in der
ferne, augenschlagend im wendekreis
der uhr, von hafen zu hafen, auf flügeln
von rauch getragen gegen die winde
einzig meine fracht beredt zu handeln
und durch raub zu mehren: piratenlieder
von der freiheit unter den galgen

trotzdem ich dürstend bin nach wärme
hungernd nach schlaf; singend trotzdem


[ ich hab dir nie einen rosengarten versprochen ]

Dienstag, Juli 5th, 2005

– I –
im traum wurden mitschülerinnen meiner abitur-
klasse erschossen. sie lieferten sich gegenseitig
den soldaten aus, hoffend, selbst verschont zu
bleiben

weinend bin ich aufgewacht. draussend schien
die morgensonne, wärmte das dunkle laub des
efeus, hummelumschwärmt

– II –
seine frau am telefon. endlich hatte ich den mut
sie anzurufen. ihre stimme klingt weich, wie frü-
her. schwerer. sie wählt ihre worte mit bedacht

beim sprechen schliesst sich meine kehle – ich
kann noch nicht. manche abschiede bleiben mir
unerträglich

– III –
diesen ort empfahl ich dir vor jahren, wusste von
ihm durch freunde. mein rückweg könnte mich zu
dir führen, als besuchender. lieber käme ich als
freund. reiste weiter

als freund


[ heute ist gestern ]

Montag, Juli 4th, 2005

es ist so, dass ich grüble über
dich, über uns, seit wir uns
kennenlernten und verloren

es ist so, dass ich rastlos weiter
reise, rastlos auf der suche
bin nach dir

es ist so, unverändert, dass ich
in jedem wort dich liebe, jedem
deiner atemzüge schweigen

es ist so. ich habe
aufgegeben, dies
zu leugnen